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Kirche in WDR 4 | 30.10.2019 | 08:55 Uhr
Wahrheit
Am 30. Oktober 1938 lief in den USA im Radio ein Hörspiel – Krieg der Welten – Außerirdische greifen da unseren Planeten an und zerstören … eigentlich alles.
Was das jetzt so besonders machte: Die Zuhörer am Radio haben offenbar gedacht, dass das gar kein Hörspiel ist, sondern dass das gerade wirklich passiert, weil das Ganze wie eine Nachrichtensendung aufgezogen war und dadurch sehr echt rüberkam.
Also: Außerirdische greifen jetzt wirklich die eigene Stadt an und legen alles in Schutt und Asche. Nachvollziehbar wäre wohl: Die das im Radio hören, geraten in Panik. Und so wird die Geschichte von dem Effekt des Hörspiels meistens erzählt.
Ich hab da mal ein bisschen rumrecherchiert, um herauszufinden, was da wirklich passiert ist. Ziemlich schnell bin ich auf die Information gestoßen: Das stimmt gar nicht. Ja, es gab dieses Hörspiel mit dieser Alien-Attacke, aber eine Massenpanik gab es sicherlich nicht. Eine Zeitung hat das aber berichtet, aber nicht, weil es diese Massenpanik gab, sondern weil diese Zeitung das neu aufkommende Medium „Radio“ als unverantwortlich und schlecht darstellen wollte. Die Zeitung sah das Radio als Konkurrenten auf dem Informationsmarkt und wollte diesen Konkurrenten erstmal direkt in ein schlechtes Licht stellen.
Was ist jetzt eigentlich wahr an der ganzen Sache?!
Ist das ein Hörspiel oder sind das die aktuellen Nachrichten?!
Gab es eine Massenpanik oder war das Meinungsmache durch die Zeitung?!
Und stimmt diese Info mit der Meinungsmache jetzt, nur weil ich sie im Internet gefunden habe?! Oder ist das jetzt eine Falschmeldung der online-Medien, um die Zeitung zu diffamieren?
Bei diesen Beispielen lässt sich ja noch herausfinden, was wirklich wahr ist, aber wie ist das denn so ganz generell mit der Wahrheit an sich?! Gibt es so etwas wie die objektive Wahrheit, also so etwas wie eine objektive Realität überhaupt?
Die Psychologie sagt uns: Wir können eigentlich nur von einer persönlichen Wirklichkeit sprechen, also „wie Dinge auf uns wirken?!“
Absolute Objektivität – gibt es die?!
In einem Buch von dem Franziskaner Richard Rohr hab ich mal diesen Satz gefunden: „Man sieht etwas immer durch die Augen, die einem zur Verfügung stehen. Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind; sondern wir sehen die Dinge, wie wir sind.“, also wie wir gelernt haben sie zu sehen oder wie wir sie sehen wollen.
Wir können wohl nicht anders:
Wir sehen die Welt immer nur durch die ganz persönlichen Brillen, die wir aufhaben. Absolute Objektivität gibt’s vermutlich nicht.
Aber eine Frage hab ich: Welche Brille ich aufsetze, das entscheide ja ich.
Und wenn ich mir im echten Leben eine neue Brille aussuche, dann schau ich mich halt auch im Spiegel an, um zu sehen, wie mir die neue Brille steht.
Und genau das möchte ich jetzt mal auf die andere Brille übertragen: Mit welcher Brille will die Welt sehen? Und: Welche Brille steht mir da eigentlich gut?!
Welche Brille passt gut zu mir, weil ich ein Mensch bin?!