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Kirche in WDR 4 | 24.02.2020 | 08:55 Uhr
DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.
„Strüßje“
Autorin: „Alaaf, Bützje, Kamelle, Strüßje, …!“
Sprecher: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen.“ (1)
Autorin: Meine Freundin und ich stehen zusammen im Rosenmontagszug.Sie trägt schwarz-weißes Schachbrettkaro,
ich regenbogenfarbene Locken.
Sie
ihr „jeckes“ Hütchen mit schwarzer Feder und roter Rose
und
ich: Tüll und Tränen und goldene Ballerina-Schuhe.
Zwischen Reiterchor, Fahnenschwenkern und Trommlern gehen mir die Worte von Dietrich Bonhoeffer nicht aus dem Herzen:
„(…) dass Gott (…) auch aus dem Bösesten,
Gutes entstehen lassen kann und will.“
1934 schreibt Bonhoeffer diese Worte.
Worte voller Zuversicht trotz
düst‘rer Ahnungen und
bitt’rer Tränen.
„D’r Zooch kütt.“: bunt und laut.
Und meine Freundin und ich: mitten drin.
Wir lassen die düst‘ren Ahnungen hinter uns.
Und versuchen auch die bitt’ren Tränen hinter uns zu lassen.
Nach der Wahl in Thüringen kann ich nicht aufhören an Bonhoeffers Worte zu denken.
Und sozusagen als Antwort auf die Hasskommentare aus der rechten Szene, hören wir ein Lied, das uns zuversichtlich stimmt:
Musik 1: CD: Best of Bläck Fööss … zum dräume!, Track 11: „Unsere Stammbaum“, Musik und Text: H. Knipp/ Bläck Fööss, Label: ELECTROLA, LC 00193, Plattenfirma: EMI / Capitol Music / Best.-Nr.: 5962552, EAN: 724359625522.
„Su simmer all he hinjekumme,
mir sprechen hück all dieselve Sproch.
Mir han dodurch su vill jewonne.
Mir sin wie mer sin, mir Jecke am Rhing.
Dat es jet ,wo mer stolz drop sin.“
Autorin: Wir sprechen alle dieselbe Sprache, schöner Gedanke.
Das Lied der Kölner Band, „Die Bläck Fööss“ geht noch weiter:
„Wir alle sind nur Menschen, vorm Herrgott sind wir gleich.“
Dietrich Bonhoeffer –
1945 von den Nationalsozialisten ermordet –
war „keine kölsche Jeck“. Aber
seine Texte drücken aus,
was im Karneval Gesetz ist:
„Leben und leben lassen.“ (3)
Da stehen meine Freundin und ich also:
„D’r Zooch kütt“ und der Prinz auch.
Die Menge ruft begeistert: „Strüßje!“.
Und streckt die Hände zum Himmel.
Und der Prinz wirft: „Bützje, Kamelle, Strüßje, …“
Die Menge jubelt: „Alaaf!“
Tulpen landen vor mir im Straßengraben.
Meine Freundin stubst mich an:
„Guck mal, Thüringer Tulpen!“
Die große Politik wird im Karneval nicht gemacht.
Aber er kann Zeichen setzen und
mir Blumen vor die Füße werfen.
Er weckt das Bedürfnis,
mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen
und denen, die finden Gottes Welt sei nicht bunt, sondern braun,
ein „Strüßje“ um die Ohren zu hauen.
Wie kommt‘s?
Meine Freundin und ich haben seit ein paar Tagen eine neue Heldin:
Die thüringische Linke Susanne Hennig-Wellsow und ihr „Strüßje“ – das hat sie dem neu gewählten Ministerpräsidenten vor die Füße geworfen.
„Strüßje“ gehören nicht per se in den Straßengraben.
Aber wenn doch, dann weisen sie mich darauf hin,
dass ich für meine Überzeugung eintreten muss.
So wie die Bläck Fööss singen,
glaube ich ganz fest:
„Wir alle sind nur Menschen, vorm Herrgott sind wir gleich.“
Bleibt am Ende die Frage:
Hilfst Du mir, meine Freundin?
Das immer und überall laut zu sagen.
Alleine schaff‘ ich’s nämlich nicht, …
Das christliche Kreuz hat keine Haken, sondern erstrahlt als Lebens- und Liebeslicht in schwarz-weiß und regenbogenfarben. Meint Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal. Und wünscht Ihnen, dass Sie heute ein „Strüßje“ daran erinnert: Gottes Welt ist bunt, nicht braun.
Anmerkungen:
(1) Bonhoeffer, Dietrich: Glaubensbekenntnis, in: Widerstand und Ergebung, DBW Bd. 8, hg. v. Christian Gremmels, Eberhard Bethge et al., Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2. Aufl. 1998, S. 30f.
(2) Bläck Fööss: Unsere Stammbaum, Musik und Text: H. Knipp/ Bläck Fööss.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze