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Kirche in WDR 4 | 22.05.2020 | 08:55 Uhr
Liebesgeschichten
Guten Morgen!
Erinnern Sie sich noch an Ihre erste große Liebe? Ich vermute jede oder fast jeder erinnert sich daran: Das Kribbeln im Bauch, das Glück, das die Gegenwart des anderen bedeutet, der Zauber der ersten Berührungen…
Auch die Bibel weiß Liebesgeschichten zu erzählen: Menschen, die zueinander finden und beieinanderbleiben.
Dabei gab es in biblischer Zeit keinen Anspruch auf eine Liebesheirat oder Romantik. Ehen wurden meistens arrangiert. Da spielten Vernunftgründe oder die Herkunft eine Rolle.
So auch bei der biblischen Erzählung von Rebekka und Isaak. Trotzdem wurde es eine richtige Liebesgeschichte. Sie könnte Stoff geben für einen Roman oder einen Film.
Die Beiden lebten weit über tausend Kilometer voneinander entfernt. Normalerweise wären sie sich in ihrem Leben nie begegnet. Wenn nicht Isaaks Vater Abraham gewollt hätte, dass sein Sohn eine Frau aus der alten Heimat findet. So schickte er seinen Verwalter auf Brautschau-Reise. Und es fügt sich alles ganz wunderbar. Er trifft auf Rebekka und alles scheint zu passen. Sie entpuppt sich als entfernte Verwandte, sie ist wunderschön, ihre Familie stimmt der Verbindung zu, sie selbst sagt „Ja“. Rebekka lässt sich auf das Wagnis ein; begibt sich auf die lange Reise zu ihrem zukünftigen, ihr noch unbekannten Ehemann.
Doch als die beiden sich begegnen, da geschieht etwas zwischen ihnen:
Sprecherin: „Isaak hob seine Augen auf und sah, dass Kamele daherkamen. Und Rebekka hob ihre Augen auf und sah Isaak; da stieg sie eilends vom Kamel und sprach zu dem Knecht: Wer ist der Mann, der uns entgegenkommt auf dem Feld? Der Knecht sprach: Das ist mein Herr. … Da führte sie Isaak in das Zelt (…) und sie wurde seine Frau und er gewann sie lieb.“ (1. Mose 24, 63-67 i.A.)
Ob Rebekka Isaak auch lieb gewonnen hat, erfahren wir nicht. Und trotzdem erzählt die Bibel diese Geschichte als eine glückliche Liebesgeschichte. Darin unterscheidet sie sich nicht von anderen Geschichten ihrer Zeit. Ein Satz des Verwalters auf seiner Brautschau-Reise macht den Unterschied. Immer wieder hat er ihn auf den Lippen: fragend, hoffend oder voller Gewissheit:
Sprecherin: „Der Herr wird seinen Engel mit dir senden und deine Reise gelingen lassen.“
Dieser Engel tritt in der Geschichte allerdings gar nicht auf. Alles geht – zumindest für die damalige Zeit – ganz normal vor sich. Der Engel in der Geschichte ist aber ein Bild dafür, dass Gott mitgeht in dieser Geschichte. Dass Gott es ist, der Liebe schenkt und wachsen lässt. Dass die Aufbrüche, die da gewagt werden - wie Rebekkas Aufbruch in die unbekannte Zukunft -, von ihm gesegnet sind. Das hoffe ich für unsere Aufbrüche und Anfänge, für die Liebe die wächst, dass Gott sie mit seinem Segen begleitet.
Die Geschichte erinnert mich auch daran: Ich kann Gott dankbar sein für den Menschen, die Menschen, die mich im Leben mit ihrer Liebe begleiten.
Und sie hat sogar einen Trost für schwierige Zeiten: Die Liebe und das Leben von Rebekka und Isaak ist später keineswegs nur rosarot. Da ist die Bibel realistisch und das ist gut so. Doch das wäre eine andere Geschichte…
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze