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Kirche in WDR 4 | 21.01.2021 | 08:55 Uhr
Die Welt braucht mehr Zärtlichkeit
„Die Welt
braucht mehr Zärtlichkeit!“ Das ist kein Originalzitat von Helene Fischer oder
Florian Silbereisen sondern von Papst Franziskus. Aber egal, wer es sagt, es
bleibt richtig. Und dabei geht es jetzt nicht nur um den Austausch intimer
Zärtlichkeiten Liebender, sondern auch um Umarmungen, Schulterklopfen,
Haarewuscheln, Anstupsen, Knuddeln, eben Berührungen jeglicher Art. Und die sind
ja alle gerade verdächtig. Sicherheitsabstand und Hygieneregeln passen nicht zu
den Berührungen – gelten fast als gesundheitsgefährdend. Aber paradoxerweise
sind die für die Gesundheit gerade so wichtig!
Denn bei Umarmungen breitet sich in meinem Körper
nicht nur ein fühlbar warmes Gefühl aus, das Ganze hat auch einen physischen
Hintergrund. Ein bestimmtes Nervenfasersystem – die sogenannten C-Fasern –
leiten besonders bei sanften Berührungen Informationen an das Gehirn
weiter,
dass diese dann als ein Signal
dafür sieht, dass wir geschützt und sicher sind. Und das empfinde ich dann als
schön und warm und bestenfalls baut sich direkt auch noch Stress ab. Psychologen
sagen: Das lässt sich nur noch durch eine gute Massage überbieten, die im
besten Fall eine ganze Reihe von Medikamenten ersetzen kann.
Berührungen sind also beruhigend und sogar heilsam. Die Bibel ist voll mit Geschichten von Berührung und von Heilung. Jesus berührt Augen, Hände, Ohren, sogar Zungen von Menschen und diese werden dadurch wieder gesund oder rein, fangen an zu sprechen oder sehen, hören wieder. Immer wieder geht es um Berührungen, die bei den Kranken eine Veränderung bewirken.
Apropos Veränderungen: Richtige Umarmungen sind biblisch eigentlich immer ein Zeichen von Vergebung, Versöhnung, Frieden. Wenn das dem Gehirn nicht Stressabbau und Sicherheit signalisiert ...
Umarmung, Berührung, das alles bedeutet uns schlicht: „Alles wird gut!“ Fragt sich nur, wie sich das im Moment verwirklichen lässt. Erste Maßnahme: Mehr Umarmungen zu Hause. Insbesondere Kinder werden es brauchen. Zweitens: Nach Möglichkeiten suchen, sich auch hygienisch sicher zu umarmen. Insbesondere allein lebende Menschen, auch Pflegebedürftige, Demente brauchen Berührungen. Social Distancing ist da eine echt schlimme Erfahrung. Selbst gedachte Berührungen helfen da, Berührungen, an die man sich erinnert, Berührungen, die man jemandem beschreibt, angedeutete Umarmungen per Videokonferenz und selbst, wenn man in einem Brief schreibt, dass man jemandem in die Arme schließt. Das alles hilft.
Und natürlich die Hoffnung auf Zeiten, in denen Berührungen wieder unkomplizierter sind.
Die Welt braucht mehr Zärtlichkeit!