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Kirche in WDR 4 | 08.03.2021 | 08:55 Uhr
partnerschaftlich (zum Internationalen Frauentag)
„Homeschooling, kochen, betreuen: Die Corona-Pandemie stellt Familien vor große Herausforderungen.“ (1) So die Bertelsmann Stiftung in einer aktuellen Umfrage.
Corona offenbart laut dieser Umfrage noch einmal in besonderer Weise: Die Arbeit zwischen Männern und Frauen ist bis jetzt ungleich verteilt – zumindest meistens.
Darum möchte ich den heutigen internationalen Frauentag zum Anlass nehmen,
mit Ihnen neu darüber nachzudenken.
Vielleicht kennen Sie die Geschichte von den ungleichen Schwestern Maria und Martha aus der Bibel.
Martha, die ältere von beiden, kocht den ganzen Tag, backt, regelt alles und fühlt sich verantwortlich. Während Maria, die jüngere, es sich gemütlich macht, still und in sich gekehrt. Als Jesus einmal zu Besuch kommt, setzt sie sich ihm zu Füßen und lauscht seinen Geschichten, während Martha um ihn herumwirbelt, ihn bewirtet und umsorgt.
Es kommt zum Streit zwischen den Schwestern. Martha kann es nicht ertragen, dass Maria sich so gehen lässt. Und Maria will einfach bei Jesus sein und den kostbaren Moment nutzen.
Ein Konflikt wie wir ihn sicher alle irgendwie kennen. Ob im Haushalt, in der Familie, zwischen Eheleuten, mit jüngeren und älteren Geschwistern, auf der Arbeit.
Vielleicht besonders aber zwischen Frauen und Männern in der Coronakrise.
Wenn die Familienarbeit und Kinderbetreuung nach wie vor hauptsächlich auf den Schultern der selbst berufstätigen Mütter lastet.
In der Bibel wird Maria belohnt: Sie hat „das bessere Teil“ erwählt heißt es da.
Man kann das aber auch anders sehen: Martha, die Verantwortungsbewusste, sorgt dafür, dass der Laden läuft, sich alle wohlfühlen, versorgt sind, an alles gedacht ist, die Abläufe stimmen. Ohne sie würde der Alltag doch gar nicht funktionieren.
Vielleicht steht sie manchmal in Gefahr, die eigenen Einsichten und Gewohnheiten, auch anderen abzuverlangen. Von ihrer Schwester Maria könnte Martha vielleicht lernen, abwartend und offen für das zu bleiben, was ihr von der anderen her entgegenkommt.
Maria hingegen symbolisiert Ehrfurcht und Demut. Sie sitzt Jesus zu Füßen. Aber diese Beziehung ist durch ein Gefälle geprägt. Es fehlt die Möglichkeit zu echtem Dialog. Marias Begegnung mit Jesus findet buchstäblich nicht auf Augenhöhe statt.
Als Martha sich bei ihm über ihre Schwester Maria beschwert, spricht Jesus nicht mit Maria, sondern über sie. Von ihrer Schwester Martha könnte Maria darum lernen:
In der Beziehung zu Gott und anderen ist es nicht nötig, sich klein zu machen.
Liebe und Glaube ereignen sich in aufrechter Haltung, machen einen Dialog auf Augenhöhe möglich, ohne sich aufzugeben.
Maria und Martha – sie gehören am Ende doch zusammen. Und beide tun etwas Wichtiges, Unverzichtbares. Sie sind sehr unterschiedlich. Und könnten sich trotzdem aufeinander zu bewegen. Maria muss keine Martha und Martha keine Maria werden.
Aber die Lasten und Freuden könnten sich doch mehr die Waage halten. Das gilt für alle männlichen Marias und Marthas und die weiblichen. Damit es in einer nächsten Umfrage zum Beispiel heißt: Die Haus- und Familienarbeit ist zwischen den Partnern so fair aufgeteilt, dass sie diese Arbeit gut und gleichberechtigt bewältigen können. Das wäre eine Chance für ein glückliches zufriedenes Familienleben.
Das meint Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.
(1) https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2020/dezember/corona-traditionelle-aufgabenverteilung-im-haushalt-belastet-frauen-stark (letzter Abruf am 11.01.21)
Die „Haus- und Familienarbeit [lastet] zum überwiegenden Teil auf den Schultern der Frauen. (…) Ähnlich verhält es sich bei der Kinderbetreuung und beim Homeschooling: (…) Demnach finden sich Männer und Frauen bei der Bewältigung der zusätzlichen häuslichen Aufgaben, die mit den Einschränkungen des öffentlichen und beruflichen Lebens einhergehen, häufig in traditionellen Rollen wieder.“
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze