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Kirche in WDR 4 | 03.12.2021 | 08:55 Uhr

Vor dem Krankenbett

Guten Morgen.

Letztens war ich als Seelsorger mal wieder im Krankenhaus. Ein älterer Herr aus der der Gemeinde lag dort auf der Intensivstation.

Früher bin ich nicht gerne ins Krankenhaus gegangen. Die langen Gänge und der Geruch von Desinfektionsmitteln machten mir zu schaffen. So viele Türen, und hinter jeder Tür verbirgt sich neues Leid. So viele Krankheitsgeschichten und jede Einzelne ist es wert, erzählt und gehört zu werden. Geschichten zum Gotterbarmen und Geschichten von Gottes Erbarmen.

Vielleicht war es aber auch etwas ganz anderes, das mir wirklich zusetzte, - das Gefühl meiner eigenen Ohnmacht, angesichts all der professionellen Hilfe, die in diesem Krankenhaus geleistet wird.

Was kann ich hier tun? Was soll ich den Kranken mitgeben. Meist stehen auf den schmalen Nachttischen ja schon ein paar Blumen und genug Süßes. Sicher, eine Grußkarte kommt immer gut an. Aber es erscheint mir so wenig.

Ich weiß nicht mehr, ob es ein älterer Kollege war, der mich auf einen ganz anderen Gedanken gebracht hat: „Bring ihnen doch Christus mit.“

Und dieser Satz geht mir bis heute nach und hat mir geholfen: Bring ihnen Christus mit, bring etwas von seiner Freundlichkeit und Güte mit in das Zimmer des Kranken. Das ist das, was ein Kranker am meisten braucht.

Seitdem halte ich an der Tür zu einem Krankenzimmer meist einen Moment inne und bete im Stillen: „Danke, Herr Jesus Christus, dass du hier bist und dass ich jetzt nicht alleine hineingehe. Danke, dass du an meiner Seite bist und an der Seite des Menschen, der dort liegt.“

Jetzt stehe ich also in Schutzkleidung vor der Tür auf der Intensivstation. Da reißt mich die Stimmer einer Krankenschwester aus meinen Gedanken: „Sie können jetzt reingehen.“ Dabei lässt sie die Tür offenstehen, so dass ich gleich eintreten kann. Ich bin viel zu überrascht, um vorher noch zu beten und stehe gleich im Zimmer. Und dann sehe ich den älteren Herrn dort liegen, zwischen all den technischen Geräten. In dem großen Krankenhausbett sieht er noch kleiner aus als sonst. Ein Häufchen Elend. Seine Haut gelblich gefärbt. Was für ein Mensch, fährt es mir durch den Kopf.

Doch so schwach der ältere Herr auch ist: Er lächelt mich an. Nein, er strahlt mich geradezu an, mit seinem verschmitzten Gesicht und seinen kleinen Augen. Und ich muss auch lächeln.

Ihm brauche ich Christus gar nicht nahezubringen. Er liegt vor mir, in diesem Bett auf der Intensivstation. Und er ist auch in all den anderen Krankenzimmern, und zwar nicht nur im Krankenhaus. Sicher lächelt er einen nicht überall so an, wie ich es an diesem Morgen erlebt habe. Manchmal schreit oder klagt er auch: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (1)

Vielleicht gibt es wenige Orte, wo Gott so nahe ist, wie im Krankenhaus. Mitten in all dem Leid wartet er darauf, dass ich und alle, die dort arbeiten oder zu Besuch sind, ihn da entdecken.

Ich stehe immer noch am Krankenbett des älteren Herrn meiner Gemeinde und merke, dass ich langsam gehen sollte. Mein Besuch fängt an, ihn anzustrengen.

Bevor ich mich verabschiede, spreche ich ihm noch Gottes Segen zu. Dafür muss man übrigens nicht Pastor oder Priester sein. Das können Sie auch, einen Kranken segnen.

Und vielleicht machen Sie dabei die gleiche Erfahrung, wie ich an diesem Morgen: dass Sie das Krankenzimmer reich beschenkt verlassen. Und selber gesegnet sind.


Das wünscht Ihnen, Ihr Heinz-Bernd Meurer aus Velbert.


Quelle:

(1) Psalm 22,2, Die Bibel nach der Übersetzung von Martin Luther, Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart 2016.



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze

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