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Kirche in WDR 4 | 04.12.2021 | 08:55 Uhr

Ankommen

Guten Morgen.

Große Ereignisse werfen bekanntlich ihre Schatten voraus. Das Weihnachtsfest wirft in der Adventszeit schon sein Licht voraus - auf das Kommen Jesu in diese Welt.

Haben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, wie es wohl für Jesus war, in Gottes eigene Schöpfung einzutauchen?

Ich war vor einiger Zeit in meiner alten Heimat im Norden von Duisburg. Die Straßenbahn fährt dort noch immer an der großen Brauerei vorbei. Früher roch es im Stadtteil manchmal nach frisch gegorener Maische und der Himmel war definitiv grauer. Doch von den Geschäften, an die ich mich noch erinnere, ist kein einziges mehr da. Es ist ein völlig anderer Stadtteil heute, in dem ich mich erst neu zurechtfinden müsste.

Ob Jesus sich auch erst mal zurechtfinden musste, als er in dieser Welt geboren wird?

Schließlich liegen die Schöpfungstage schon eine halbe Ewigkeit zurück. Die Menschen hatten schon deutliche Spuren hinterlassen und Städte, Straßen und Brücken gebaut.

Doch Jesus interessiert sich, soweit wir wissen, nicht für Architektur, sondern für Menschen. Er kommt bei einfachen Menschen an. Sein Ziehvater ist Handwerker und viele seiner Freunde Fischer.

Jeder C-Promi bekommt heute mehr Aufmerksamkeit und hat mehr Follower als Jesus. Aber ihm kommt es nicht auf viele Likes und maximale Aufmerksamkeit an.

Die Großen seiner Zeit bekommen von Jesus erstmal gar nicht viel mit. Sein Interesse gilt den Ausgegrenzten und Abgeschriebenen. Kranke rührt er an. Kleine nimmt er in Schutz und Große in die Pflicht.

Jesus kommt in seine Welt und kommt doch nicht an. Jesu Liebe ist einfach grenzenlos und passt jenen nicht, denen ihre eigenen Grenzen heilig sind. Jesus bleibt fremd in der Welt: all den selbstgefälligen Diskussionsrunden, mit ihrem selbstgerechten Reden zum Beispiel, die einem das Gefühl vermitteln: Du hast keine Ahnung. Du bist keiner von uns. Du gehörst nicht hierher.

Dieses Gefühl kenne ich. Ich habe es selbst durch meine Umzüge an verschiedenen Orten in mehreren Bundesländern hin und wieder erlebt. Und ich kenne Menschen, die ihr Leben lang nie richtig angekommen sind.

Ankommen ist ja gar nicht so leicht, in einer neuen Stadt, einer neuen Schule oder Arbeit. Die Gegend ist anders und die Menschen auch. Und für diese Menschen bin ich eben auch anders. Mein erster Umzug ging ausgerechnet nach Bayern und war eine echte Herausforderung. Manches ist mir fremd geblieben, nicht nur sprachlich. Doch manchmal war es gerade diese Fremdheit, die eine Begegnung spannend machte.

Und damit bin ich wieder beim Advent, der Ankunft von Jesus in dieser Welt. Jesus ist immer ein Fremdkörper geblieben, bis zu seinem Tod am Kreuz. Er ist im besten Sinne „welt-fremd“, weil er etwas völlig Neues in diese Welt gebracht hat.

Gottes Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit, die auf einmal zum Greifen nahe sind. Und die man an seinen Worten und Taten ablesen kann. Er kommt zu denen, die sich in dieser Welt fremd fühlen und sich nach etwas anderem sehnen. Sie kommen zu ihm und er kommt ihnen ganz nah. Wie wichtig ist das, gerade in Zeiten von Corona?! Dass wir einander nicht fremd werden, sondern bei aller Vorsicht auch wieder Nähe zulassen. Und dass so etwas von der Menschenfreundlichkeit Gottes schon jetzt im Advent in unserem Leben aufscheint.


Ihr Heinz-Bernd Meurer aus Velbert.


Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze


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