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Kirche in WDR 4 | 07.05.2022 | 08:55 Uhr
Was in Krisen trägt
Guten Morgen.
Auf dem Albertus-Magnus-Platz der Universität zu Köln drängeln sich viele Studentinnen und Studenten. Endlich geht es wieder los. Nach zwei Jahren Corona sind Mensen und Hörsäle wieder voll. Manche haben noch nie eine Hochschule von innen gesehen. „Ich bin völlig irritiert, von den vielen Menschen überall“, erzählt mir ein Medizinstudent im 5. Semester. „Das bin ich nicht gewohnt.“
In aller Zurückhaltung und Vorsicht ist die Freude groß, dass Lernen und Leben jetzt wieder miteinander, von Angesicht zu Angesicht stattfinden kann. Endlich darf wieder gemeinsam gefeiert und gelacht, gelernt und gebüffelt werden.
Zwei Jahre Pandemie – da gab es viel Frust und Enttäuschung: Praktika, Vorhaben, Pläne mussten verschoben, manche Träume begraben werden. Die Motivation – im Keller! Stundenlanges Sitzen vor dem Bildschirm, kein persönlicher Kontakt zu Lehrenden.
Die Studierenden selber beschreiben es so:
Sprecherin:
„Unsicherheit, Einsamkeit, Aufpassen und Verzicht. Enttäuschung, Einschränkung,
Online Lehre. Abstand, Langeweile, Fernweh.
Und auch: Freunde, Familie, Spaziergänge, meine WG, Wohnheim und Gemeinschaft…“
(aus einer Wortwolke bei einer Andacht von Studierenden bei der Landessynode der EKiR, 2022)
Autorin: Manche konnten sich ablenken, ihren Alltag einigermaßen bewältigen, viele aber nicht. Sie haben Angst vor der Zukunft. Kommen nicht zurecht mit der digitalen Lehre, den Anforderungen und dem Alleinsein. Sie suchen sich Hilfe. Brauchen Menschen, die ihnen zuhören, sie trösten und aufbauen.
Sprecherin: „Mir haben Gespräche geholfen. Es gab Menschen, die haben mich abgelenkt, welche, die mir einfach nur zugehört und mir das Gefühl gegeben haben, da zu sein.
Zu meiner Überraschung gab es auch Menschen, die plötzlich von sich aus angefangen haben, zu erzählen. Menschen, bei denen ich dachte, ich würde sie so gut kennen, erzählen plötzlich, dass auch sie selbst schwierige Situationen erlebt haben… Und plötzlich findet man Trost in den Geschichten der anderen…“
(aus Beiträgen von Studierenden zu einem Gottesdienst zum Thema: Was trägt uns in Krisen?)
Autorin: Trost in den Geschichten der anderen finden. Indem wir miteinander teilen, was uns bewegt, traurig macht und fröhlich stimmt. Auch wütend werden lässt und friedlich.
Zuhören, nachfragen, sich begegnen. Eine Erfahrung, die trägt und Krisenzeiten aushalten lässt. So wie auch Musik und Lieder, die aufbauen und Kraft schenken. So wie dieser Liedtext von Lauren Daigle:
Sprecherin: Bin ich mehr wert als die Summe meiner Höhen
und Tiefen?
Du sagst mir, ich werde geliebt, wenn ich es selber nicht fühlen kann.
Du sagst mir, ich bin stark, wenn ich denke, dass ich schwach bin.
Ich
nehme alles was mich belastet und lege es bei dir ab.
(Lauren Daigle, You Say Lyrics)
Autorin: Für einen Studenten war dieses Lied ein Trost. Ihn erinnern diese Liedzeilen an ein Gespräch mit einem guten Freund. Und manchmal, sagt er, findet all’ das auch unterbewusst statt: Wenn man nach einer schweren Zeit wieder lachen kann, in einer liebevoll zubereiteten Mahlzeit, in guter Gesellschaft oder freundlichen Worten nach einem anstrengenden Tag.
Ich möchte mich gerne anstecken lassen von so viel Zuversicht.
Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.
Redaktion: Landespfarrerin Petra
Schulze