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Kirche in WDR 4 | 27.03.2023 | 08:55 Uhr
Du wirst nicht vergessen
Daran habe ich neulich denken müssen, als ich mal wieder in der Bibel geblättert habe. Da bin ich bei einer besonders bildgewaltigen Geschichte hängen geblieben. Sie fängt ganz harmlos an. Jesus und seine Freunde steigen auf einen Berg. Berge sind in der Bibel immer besondere Orte, an denen Menschen etwas über Gott erfahren. Und auch diesmal hält der Berg, was er verspricht. Die Wanderer werden Zeugen eines unerwarteten Schauspiels. Jesu Gesicht leuchtet wie die Sonne. Seine Kleider sind nur noch Licht. Und zwei biblische Hauptdarsteller aus längst vergangener Zeit betreten die Szenerie: Mose, der das Volk Israel in die Freiheit geführt hat und Elija, der am Rand des Burnouts – wie wir heute sagen würden - taumelnd den Weg ins Leben zurückgefunden hat. Eine Szenerie wie die Skizze für eine Netflix-Serie.
Mich hat die Geschichte regelrecht elektrisiert. Denn beim Lesen habe ich gedacht: Ich selbst darf mich auf der Reise auf den Berg ja dazu gesellen. Mitten zwischen die Wanderer, neben den Mose, den Freiheitssucher. Neben den ausgebrannten Elija. Ich selbst und du auch und sogar jeder Hund und jedes Pferd und jede Katze auch. Wir wandern auf unserer beschwerlichen Lebensreise einem Versprechen entgegen: Die Angst wird nicht weggezaubert, aber sie wird im Licht verwandelt. Der Tod wird nicht abgeschafft, aber in Lebendigkeit gedreht. Abschiede tun immer noch weh, aber sie werden möglich. „Du wirst nie vergessen“ hat Susanne auf Candys Geschichte in der Trauergruppe geantwortet. „Du wirst nicht vergessen.“ Eine bessere Übersetzung von Ostern kann ich mir nicht vorstellen. Das Osterfest leuchtet ja schon am Horizont. Du wirst nicht vergessen. Nicht Mensch. Nicht Tier. Nicht nur an einem Montagmorgen.