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Kirche in WDR 4 | 29.05.2023 | 08:55 Uhr
Wofür brennen Sie?
Autor: Guten Morgen!
Wofür brennen Sie?
Ich habe dazu einmal eine nicht repräsentative Meinungsumfrage in unserer Küche gestartet.
Meine Frau Anette: Das Meer. Die Sonne. Der Wald. Der Frühling. Das Grün. Vögel beobachten und Schwimmen.
Josephine, 20: Gute Frage. Keine Ahnung. Ich bin nicht so leicht entflammbar. Frauenrechte und Schutz von sexuellen Minderheiten. Mode, Hunde mag ich auch.
Julius, 14: Fantasy, Bücher, Familie, Wissenschaft, Glauben, Schokolade.
„Für etwas brennen.“ Das hat mit Emotionen zu tun. Wut, Liebe, Leidenschaft können in mir brennen. Es beschreibt, was mir Energie gibt und mich zum Handeln treibt.
Es gibt Zeiten, da brennt nichts in mir. Ausgebrannt. Ein Gefühl kurz vorm Urlaub oder Umfallen.
Und in der Gesellschaft sprechen wir dann schnell von „burn out“.
Wobei wirkliche Erschöpfungsdepressionen noch einmal etwas ganz anderes sind.
Ein anderer Grund für fehlendes Feuer kann manchmal auch Langeweile sein. „bore out“.
Ich absolviere den Alltag, meine Arbeit, all die Dinge, die täglich zu erledigen sind –
aber eigentlich berühren sie mich nicht. Ich öde mich so durchs Leben.
Ein kalter Seelen-Ofen durch fehlenden Funkenflug.
Wofür brenne ich?
In der biblischen Pfingstgeschichte heißt es:
Sprecherin: „Und es erschienen den Jüngerinnen und Jüngern Zungen, zerteilt und wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen zu reden eingab.“ (Die Bibel, Apostelgeschichte 2,3f)
Autor: Wow, was für ein starkes Bild: Zungen, zerteilt, wie von Feuer.
Die Geburtsstunde der Kirche: Sie beginnt mit einer brennenden Inspiration.
Den Jüngerinnen und Jüngern brennt es gleichsam auf den Lippen.
Sie haben eine Botschaft, die sie erfüllt, antreibt.
Die raus zu den Menschen will. Zu allen Menschen, egal, welche Sprache sie sprechen.
Sprecherin: „Christus lebt. Dem Tod ist die Macht genommen. Die Herren dieser Welt haben nicht das letzte Wort. Und wir sind frei, anders miteinander zu leben.“
Autor: Das hat Gottes Geist in ihnen entfacht. Weil Feuer sich nur an Feuer entzünden kann.
So eigenartig, fremd die alte Geschichte klingen mag: Sie beschreibt für mich das, wofür ich brenne. Wieso ich glaube, mich in der Kirche engagiere und letztlich Pfarrer geworden bin.
Die brennende Hoffnung in mir.
Stellen Sie sich vor: Ihnen wird auf einmal klar, dass das wirklich wahr ist.
Dass in Christus die Welt einen anderen Lauf nimmt. Dass Tod, Leid, Gewalt am Ende nicht das letzte Wort haben. Und dass einmal Frieden, Gerechtigkeit herrschen werden. Und dass ich selbst schon jetzt Teil davon bin.
Wie sollte man davon schweigen?
Für diese Hoffnung brenne ich. Und dafür will ich mich einsetzen mit brennender Geduld:
dass Gottes Liebe unter uns Raum greift, wenn wir Hungrige satt machen, Traurige trösten, Fremde aufnehmen, Einsame besuchen, Unrecht und Gewalt nicht den Sieg lassen. Und Gottes Schöpfung schützen.
Im Trott des Alltags droht mir das leicht aus dem Blick zu geraten, das innere Feuer droht zu erlöschen.
Deswegen ist es gut, wenn wir einander immer wieder danach fragen: „Wofür brennst Du eigentlich?“
Ihr Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze