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Sonntagskirche | 02.07.2023 | 08:55 Uhr
Blitzableiter
Umgekehrt ist es mir aber auch schon mal passiert, dass ich von jemandem vollkommen unberechtigt angefahren wurde. Grundlos angepflaumt wegen einer simplen Frage. Da frage ich mich dann auch: Womit habe ich das denn verdient?
Ok, und dann erinnere ich mich, dass ich mich ja eigentlich ähnlich verhalte. Wahrscheinlich war ICH jetzt nur der Blitzableiter für diese Person. Zur falschen Zeit am falschen Ort.
Aber ärgerlich ist es für alle Beteiligten. Jeder geht mit einem unguten Gefühl aus dieser Situation. So sinnlos!
Eigentlich möchte ich gar nicht so viel Wut in mir ansammeln und sie dann am erstbesten Menschen auslassen. Ich bin ein friedlicher Mensch. Mich sollen doch positive Gefühle durch den Tag tragen - und ich will auch nicht, dass sich andere Menschen durch mich schlecht fühlen.
Aber kann ich diese Kettenreaktion irgendwie durchbrechen? Dieses Aufstauen von negativen Erlebnissen und Emotionen – und meine Überspannungs-Reaktion? Ich habe das Gefühl, das passiert bei mir immer ganz automatisch.
Heute ist ja Sonntag und das ist der Tag, um mal den Gang rauszunehmen. Für mich heißt das auch: Mich mal jenseits des Starkstrom-Alltags mit so ner Frage zu befassen. Und:
Eine wunderbare Inspiration dafür, wie es auch anders laufen kann, die habe ich im Internet gefunden:
Da erzählt ein Video die Geschichte, wie ein Junge mit seinem alten Fahrrad und kaputten Bremsen ein parkendes Auto beschädigt. Grund genug für den Autobesitzer sich zu ärgern und dem Jungen Vorwürfe zu machen. “Kannst Du nicht besser aufpassen? Was fällt Dir ein mit diesem kaputten Fahrrad zu fahren? Den Schaden bezahlst Du mir, Freundchen!” Ich vermute, die meisten von uns hätten ihren ganzen Frust an diesem Jungen ausgelassen.
Aber: Die tatsächliche Reaktion des Mannes ist eine völlig andere: Ein paar Tage nach dem Unfall besucht er den Jungen und schenkt ihm ein niegelnagelneues Fahrrad- selbstverständlich mit funktionierenden Bremsen. So viel Freundlichkeit und Mitgefühl überwältigen den Jungen total . Damit hat er nicht gerechnet.
Sie können sich denken: Der Post hat viele Kommentare gesammelt. Ein User hat ganz treffend geschrieben: “Du kannst Dir nicht immer aussuchen, was Dir widerfährt, aber Du kannst immer wählen, wie Du darauf reagierst.”
Also: Blitzableiter aus – Sonntagsmodus ein. Ich denke, es ist einen Versuch wert, den eigenen Autopiloten mal auszuschalten und in brenzligen Situation wieder die Kontrolle über die eigenen Reaktionen zu übernehmen. Alte Muster zu durchbrechen ist immer mühselig und gelingt bestimmt nicht sofort und für immer. Zum Glück liefert mir das Leben immer wieder neue Situationen, in denen ich üben kann. Und ich kann mit der Zeit immer besser werden. Und überrasche am Ende mein Gegenüber mit einer vollkommen unerwarteten, positiven Reaktion.
Freundlichkeit statt aggressiven Vorwürfen, Mitgefühl statt Vorwürfen. Damit hinterlasse ich nicht nur beim anderen ein gutes Gefühl, sondern tue auch meinem eigenen Seelenheil einen Gefallen.
