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Kirche in WDR 4 | 28.09.2023 | 08:55 Uhr
Zugang zu Wissen
Ist doch so: Unwissenheit schützt weder vor Strafe, noch entschuldigt sie alles. Unwissenheit macht einen Menschen ziemlich schutzlos, Unwissen kann lebensgefährlich sein. Und tatsächlich macht Unwissen auch arm. Wir sollten daher nicht blind auf die da oben schielen, die reich sind, die haben ihren Reichtum ja manchmal nur geerbt und können sich mitunter leisten, dumm wie Brot zu sein. Aber: alle Lebensgeschichten von Männern wie Frauen, die es von ganz unten nach ganz oben geschafft haben, die eint eines: Sie haben sich gebildet, gebildet, gebildet.
Und was ich hier von der Unwissenheit von einzelnen Menschen sage, dass lässt sich auch auf eine ganze Nation übertragen, mit schweren Konsequenzen: Ein Volk, dass bewusst und manipulativ unwissend gehalten wird, das kann zum größten Schwerverbrecher der Geschichte werden. Na, klingelt es? Ich spreche von uns Deutschen. Die Gräuel der Nazis, von der Euthanasie bis zum Holocaust, die wuchsen genau auf diesem Mist: Unwissenheit.
Und deshalb sollte heute gefeiert werden. Denn heute ist der Welttag für das Recht auf Wissen[1]. Was die Vereinten Nationen mit diesem Tag fördern wollen, ist vor allem eines: der Zugang zum Wissen. Glücklich die Kinder, die zur Schule gehen und später eine Ausbildung machen können. Mehr noch: Ei Hoch auf die Volkshochschulen. Ja, jede öffentliche Bücherei ist ein Bollwerk gegen das Unwissen. Und selbst beim öffentlichen Rundfunk, also hier, geht es doch auch um Wissen.
Zum Beispiel die Sesamstraße. Die wird dieses Jahr 50 Jahre alt und ihr verdanke ich ganz viel von meiner Neugierde auf Wissen. Denn: „wer nicht fragt bleibt dumm“.
Natürlich hätte ich auch die Maus erwähnen können, die man bekanntlich alles „doch mal fragen“ kann. Und jetzt habe ich noch gar nicht all die Sendungen erwähnt, die wichtige Informationen vermitteln aus Politik, Gesellschaft und Gesundheit, usw. – gut recherchiert nach bestem Wissen und Gewissen. Und eben keine Fake-News. Fake-News stellen Wissen in Frage, wollen Wissen gezielt vernebeln. Die sind so schädlich wie Pilzbefall. Daher ist Zugang zum Wissen wie Schädlingsbekämpfung. Wissen schützt unsere Demokratie.
Und noch etwas: in einer
ziemlich guten Radiosendung habe ich mal erfahren, dass wir hier im Westen ja
in einer Kultur leben, in der fast immer auf die Jugend geschaut wird: Wir
feiern die Dynamischen, die Kraftstrotzenden, die Aufstrebenden. Es gibt aber
auch Kulturen, da ist das ganz anders. Da werden jene gefeiert, die durch ihr
hohes Alter vor allem eines erlangen: Weisheit.[2]
Weisheit ist quasi durch ein Leben geronnenes Wissen. Irgendwie komisch, dass
wir hierzulande so wenig auf die Alten hören und ihr weisheitliches Wissen. Die
Bibel jedenfalls hält viel von Weisheit. Und vom Wert eines gelebten Lebens:
„So lehre uns zählen unsere Tage, auf dass wir ein weises Herz erlangen!“,
heißt es in Psalm 90. Wer sein Leben versteht als Zugang zum Wissen, der wird
am Ende ein weises Herz erlangen – da bin ich mir sicher.
[1] https://www.un.org/en/observances/information-access-day
[2] https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/altersweisheit-vom-umgang-mit-der-verbleibenden-zeit/1649700
