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Sonntagskirche | 17.12.2023 | 08:55 Uhr
Advent – vertraut anders
Guten Morgen.
Ich muss immer wieder daran denken, dass ich vor einem Jahr im Advent in Australien gewesen bin. In Australien ist im Dezember Sommer. Ich hab dort einen Advent in Flipflops erlebt, am Strand und mit Sonnenbrille, mit grellbunten glitzernden Weihnachtsbäumen aus Kunststoff und Advents-Picknick draußen im Schatten unter Bäumen. Es war verrückt. Alles fremd, quasi gegensätzlich, und vor allem: ganz anders als gewohnt. „Wie soll ich so Advent feiern?“, hab ich mich gefragt. Und meine Tochter, die mit dabei war, meinte: „Mama, das hier ist kein richtiger Advent!“
Echt nicht? Was gehört denn eigentlich dazu, zum Advent? Wie muss es sein, damit ich mich adventlich fühle, damit ich die Atmosphäre spüre, mich hineinfinde in diese besondere Stimmung und mich echt vorbereite auf Weihnachten? Was macht den Advent aus? Dass es kalt und usselig ist? Dass es Winter ist? Dass ich mit Glühwein in dicker Jacke auf dem Weihnachtsmarkt stehe? Das sind alles meine Gewohnheiten, meine „must haves“ der Adventszeit, weil ich hier aufgewachsen bin, wie meine Tochter auch. Für sie war alles andere nicht denkbar und mir kam das ja auch irgendwie fremd vor. Und mir ist dort in Australien erst klar geworden, von wievielen äußeren Dingen mein Adventsgefühl abhängt: von einer adventlichen Deko oder von besonderen Ritualen, von denen ich meine, das müsse so sein, damit es richtig stimmt mit dem Advent. Gleichzeitig merke ich aber auch: Das alles kann auch stressen. Diese Dinge, die so sein müssen. Dritter Advent und noch nicht ein Mal Plätzchen gebacken! Eine Woche vor Heiligabend und erst drei Weihnachtskarten geschrieben! Morgen ist Deadline beim Biometzger für die Bestellung zu Heiligabend. Und ich wollte doch, wie jedes Jahr, noch Sterne selbst falten als Anhänger für die Geschenke, wann soll ich das denn eigentlich noch machen? Und Weihnachtsoratorium hören, schon wieder vergessen.
Dieser so ganz andere Advent in Australien, er hat mich dazu gebracht, mal drüber nachzudenken: Was braucht es eigentlich unbedingt, damit für mich echter Advent ist, damit es richtig Weihnachten wird? Und was davon ist eigentlich nur Gewohnheit, Folklore, Äußerlichkeit, was ich doch im Grunde gar nicht brauche, denn, ach, es ist auch Advent ohne das alles.
Es war gar nicht so viel, was ich wirklich brauche. Aber dafür gut. Zum Beispiel: Advent heißt für mich: Ich öffne mich dafür, dass Gott nah ist. Und ich schaue hin und gehe auf Entdeckungstour, ob ich vielleicht Spuren davon entdecke. Ich blicke in mich selbst hinein und frage mich: Rechnest du eigentlich wirklich damit, dass Gott in diese Welt kommt, immer wieder? Und ich schaue mich um – mit Adventsaugen sozusagen. Ich schaue so auf die Menschen, wie Gott sie anschaut, wie ich’s mir zumindest vorstelle. Mit Liebe. Aufmerksam und interessiert. Vergebend. Tröstend.
Das reicht eigentlich für echten Advent, hab ich gemerkt. Ist immer noch ausbaufähig, aber geht überall, braucht keine Ausstattung und funktioniert bei 30 und bei 8 Grad.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze
