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Sonntagskirche | 05.11.2023 | 08:55 Uhr
Tür-Gedanken
Nun ist das Pilgerportal zu. Das Schloss ist abgeriegelt und die großen, gusseisernen Riegel sind vorgelegt. Bis zum nächsten Mai. Dann geht alles wieder von vorne los und eine neue Saison beginnt.
Was mir als Wallfahrtsseelsorger und den vielen Besucherinnen und Besuchern in der Zwischenzeit bleibt ist… tja… eine Vielzahl von Nebeneingängen. Und da, da habe ich wirklich jetzt die Qual der Wahl. Sechs Möglichkeiten habe ich in den nächsten Monaten nach wie vor, um in die Basilika zu gelangen. Sicher auf den ersten Blick nicht so spektakulär wie durch die imposante Mitte… aber: auf den zweiten Blick und beim genauen Überlegen…. Auch das hat was.
Ich finde, das ist sogar ein schönes Bild. Nun, wo die Seitentüren zu Haupttüren werden, sehe ich noch mal mehr die unterschiedlichen Dimensionen meiner Kirche.
Es gibt, so denke ich bei
mir, Gott sei Dank nicht nur den einen Zugang zu unserer Kirche. Und da meine
ich jetzt nicht (oder besser nicht nur) die Gebäude. Die Seiteneingänge haben
mir irgendwie diese Erkenntnis geschenkt.
Da ist zum Beispiel zur Linken das so genannte „Papstportal“. Die Darstellung ist eindrucksvoll. Sie müssen wissen: 1987 war Papst Johannes Paul II. zu Gast in Kevelaer – da war was los! Und das ist dargestellt auf dem Portal: Da kniet er vor der Pilgerpforte und öffnet sie mit drei Hammerschlägen. Puh… trotz aller Feierlichkeit: Das wirkt ganz schön „amtlich“. Und ja... auch so ist unsere Kirche. Ob es einem gefällt, oder nicht.
Aber… und jetzt kommt es:
Genau auf der gegenüber vom „amtlichen“ Papstportal ist ein ganz anderer Zugang
zur Kirche. Wir nennen es das Portal der Barmherzigkeit. Und da kniet
Mutter Theresa von Kalkutta – Der Engel der
Armen. Sie hat in den Slums, und im größten Elend der Botschaft Jesu
tatkräftige Hände und ein Gesicht gegeben. Auch das ist Kirche… und es ist
völlig gut und richtig, dass wir diese Türe auch haben. Wir brauchen sie, damit
die Amtstüre nicht die einzige und schon gar nicht die Wichtigste bleibt.
Etwas im Abseits dann das
Portal der Nachfolge. Wer hier in die Türklinke fasst, fasst die Hand jenes
Bischofs, der damals heimlich im KZ Karl Leisner die Priesterweihe gespendet
hatte.
Karl Leisner ist einer der
bekanntesten Märtyrer der Kirche aus der Nazizeit – und der stammte vom
Niederrhein. Über der Szene: eine Vielzahl von Widerstandskämpferinnen und
Kämpfern. Auch das ist eine Realität - und immer mehr auch wieder eine Aufgabe -
von Kirche: Das Zeugnis und der Aufschrei gegen Unrecht.
Jetzt hab ich schon drei Seiteneingänge zu unserer Marienbasilika hier in Kevelaer beschrieben und alle drei beschreiben einen Zugang zur Kirche: über den amtlichen Weg, über die Barmherzigkeit, über das gelebte Zeugnis.
Meine Lieblingstüre ist
übrigens die schlichteste: Das werktägliche Mühlenportal. Warum es mir gefällt?
Es ist barrierefrei. Und so wünsche ich mir meine Kirche. Für jede und jeden,
egal wie er ist und kommt.