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Sonntagskirche | 19.11.2023 | 08:55 Uhr
Vertrauensfragen
Warum erzähle ich Ihnen heute davon? Vielleicht weil ich (trotz Mitte 40) manchmal immer noch das Sonntagsmärchen dem abendlichen Tatort vorziehe? Sicher auch, weil ich glaube: Märchen haben oft eine Botschaft im Gepäck, die geht weit tiefer als bloße „Märchenromantik“. Aber auch, weil ich das Thema mag, welches in dem jeweiligen Märchen anklingt.
Was aber ist das Thema der tierischen Freunde auf dem Weg nach Bremen? Musik – könnten Sie jetzt sagen. Punkt für Sie. Aber: Geht es bei dieser berühmtesten Musik-Kombo aus deutschen Landen (nichts gegen die Skorpions) nicht eigentlich um Vertrauen?
Ein klappriger, altersmüder Esel entrinnt seinem Schicksal. Er schart um sich einen Hund, der längst stumpfe Zähne hat und keinen Dieb mehr vertreibt. Dazu gesellt sich eine taube und blinde Katze. Schon längst fängt sie keine Maus mehr. Und der Hahn hat die Gewissheit, dass er schon am nächsten Morgen als Fettauge auf der Hühnersuppe schwimmen soll. Krähen tut er schon lange nicht mehr.
Dann gesellt sich der Esel zu den Dreien. Er hat nur diese Vision von dem, was Zukunft auch bedeuten könnte: Musik machen… Leben…. Sinn finden… eine Aufgabe haben… Damit steckt er seine Kollegen an. Sie lassen sich motivieren, ziehen los nach Bremen. Wer die Geschichte kennt: Die Sache geht auf und sie bekommen den Job.
Was alle vier einbringen mussten, war wohl zu allererst Vertrauen. Mehr als eine Stellenausschreibung hatten sie nicht.
Und so ist das wohl mit den Vertrauenskrisen. In solchen Zeiten kannst du dich nirgends festhalten. Es fehlt an Halt, Fundament und (nicht selten) auch an Mut. Der Esel bei den Bremer Stadtmusikanten spricht genau in so eine Krise sein „komm, wir gehen.“ Und damit ist er nicht nur tierisch mutig, er zeigt auch ein, wie ich finde, wirklich bemerkenswertes Vertrauen auf: „Was Besseres als den Tod lässt sich alle Male finden!“
Aber: Was kann das sein? Dieses „Bessere als den Tod“, das Hund, Katz, Hahn und Esel finden können? …und ich hoffe, die Gebrüder Grimm sehen es mir nach, dass da bei mir nun etwas die theologischen Pferde durchgehen. Und ich hoffe, der Heilige Petrus sieht es mir nach, dass ich ihn mit einem Esel vergleiche.
Aber ich sehe da ganz viel
von Petrus. Der hatte auch immer wieder diesen fast schon törichten Mut an den
Tag gelegt. Den Mut, zu glauben. Einmal ruft ihm Jesus am See Genezareth im
Boot zu:
„Petrus! Komm über das Wasser
zu mir!“. Und Petrus nimmt seinen Mut zusammen und geht über das Wasser… bis er
merkt: das könnte gefährlich werden. In dem Moment beginnt er zu sinken. Seine
Faustformel besteht nur aus drei Wörtern: HERR – RETTE – MICH. Kein
Lamentieren, keine Grundsatzdebatten, kein Arbeitspapier, kein Stuhlkreis. Drei
Worte! Und Jesus: Er handelt sofort und streckt seine Hand aus.
Aber dass Petrus überhaupt
aus dem Boot steigt, zeigt doch: Er ist bereit, den Schritt zu gehen – auch an
die Todesgrenze. Und Jesus zeigt in dem Moment:
So ist Gott. Er lässt mich am Ende nicht
untergehen. Er ist dieses „Bessere als der Tod“. Daran kann ich mein Vertrauen
festmachen.
Und solange ich nicht gestorben bin, will ich auch heute daraus leben…