Beiträge auf: wdr4
Kirche in WDR 4 | 11.05.2024 | 08:55 Uhr
Kinoverkündigung
Ich bin einer der wichtigsten Filmregisseure des ganzen Landes. So lasse ich nicht mit mir umgehen!
Gregor Samsa ist ein abgehalfteter und verwahrloster Regisseur Ende 50. Und die Hauptfigur im Film Bad Director, der seit Donnerstag im Kino läuft. Von seiner Branche hält der Regisseur gar nichts mehr. Über Schauspieler redet er verächtlich. Zu Preisverleihungen geht er nur widerwillig.
Das sind dumme, eingebildete Karrieristen. Ihr Intellekt reicht gerade mal so
weit, den amerikanischen Mainstream zu kopieren, ja! Ihre Komödien nennen sie
Romcom und ihre Filmchen nennen sie High Concept Movies. Ich sage Dir,
spätestens nach zwei Stunden langweilst Du Dich mit denen. Aber ich kann
die Dir natürlich trotzdem vorstellen.
Am nächsten Tag beginnt der Dreh seines neuen Films. Aber auch da muss er sich
mit Problemen rumschlagen, derer er überdrüssig ist. Seine Mischung aus
Sarkasmus und Selbstmitleid machen ihn zum Antihelden.
Wegen der Sockenfarbe des Hauptdarstellers, deswegen rufst Du mich jetzt
an? - Wir dachten ... - Wie, Ihr dachtet? - Ihr seid viel zu blöd, um
selbständig denken zu können und viel zu feige. Ja! Ich mein, das ist doch Euer
Problem,
die Sockenfarbe, doch nicht mein Problem. Und jetzt hör auf, mir
mit so nem Quatsch weiter die Laune zu verderben. Ja, Mensch! Welche
Sockenfarbe der Hauptdarsteller tragen soll? Damit hab ich die ganze Zeit mein
Leben vergeudet und mir die Nasen zerrüttet! Scheiße, was mach ich hier?
Mit Alkohol und Tabletten hält der Regisseur sich über Wasser. Trost findet er
nur bei einer Prostituierten. Die literaturbegeisterte Frau wird zu seiner
sinnlich-intellektuellen Muse.
Kenn ich Dich nicht? Haben wir uns nicht schon mal irgendwo? ... - Ich weiß,
wir haben uns schon einmal gesehen. In einer Buchhandlung. Du hast mich
gestalkt. - Oh, das tut mir Leid. - Nicht so schlimm! - Aber, was machst Du
denn hier? - Jeder muss irgendwie sein Geld verdienen! - Aber doch nicht hier!
Vielleicht bei Suhrkamp. Ich hab gedacht, Du wärst eine Lektorin bei Suhrkamp
oder so was Ähnliches.
Bad Director ist eine Abrechnung mit der Medien- und Konsumgesellschaft, ein
bitterböser Kommentar zur Oberflächlichkeit und inneren Leere der Filmbranche. Für mich ist der Film aber auch ein Appell, die Tretmühlen zu
hinterfragen, in denen ich mich bewege. Mal inneren Abstand gewinnen von
meiner Arbeit, von Kollegen, ja sogar von Familie und Freunden - das kann
helfen, nicht nur sinn- und ziellos zu funktionieren und dasselbe Spiel immer
weiter mitzuspielen. Das, was ich mache, möchte ich aus innerer Überzeugung
machen oder ich lasse es besser.
Also was ist nun? Mach ich den Film oder mach ich den nicht? Also gut, also
mach ich den Film!