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Kirche in WDR 4 | 20.05.2024 | 08:55 Uhr
Geistesblitze
Vor ein paar Tagen habe ich nämlich etwas im Interessantes gelesen. Einige Wissenschaftler haben eine Frage gestellt bekommen: „Heureka! Wie hat Sie in Ihrer Forschung mal ein Geistesblitz getroffen?“ Und Hartmut Leppin, Professor für Alte Geschichte hat auf diese Frage mit einer schönen Geschichte geantwortet: „Gleißend erhob sich die Morgensonne über dem Mittelmeer“ hat er erzählt. „Nur wir wenigen Jogger waren an der Felsenküste Nordzyperns unterwegs. Gewiss keine Atmosphäre für Denkarbeit. Vielmehr purzelten meine Gedanken durcheinander und dennoch, plötzlich war sie da: die Gliederung meines nächsten Buches, vom mediterranen Licht erhellt. Schweißtriefend lief ich ins Hotel, um sie festzuhalten.“ Ich finde, in seinem Geistesblitzerlebnis ist viel von dem drin, wovon auch die Bibel erzählt. Sie erzählt von den Menschen, die darüber nachgrübeln, ob von der Sache Jesu eigentlich etwas geblieben ist. Jetzt, wo er nicht mehr da ist. Und wenn ja, was? Dann erzählt die Bibel eine Geschichte, die so ähnlich ist wie die von Hartmut Leppin. Da kommt nämlich auch Licht vom Himmel, hell wie Feuer, die Menschen reißen die Fenster auf, laufen lärmend auf die Straße und können auf einmal in Sprachen sprechen, die ihnen bislang total fremd waren. Kein Wunder, dass die Menschen, die das gesehen haben, zueinander gesagt haben: „Ey, sind die besoffen?“
Ohne Geistesblitze kommen wir doch nicht weiter. Hätte nicht
irgendwann mal einer seinen schweren Koffer auf Rollschuhe gestellt – keiner
würde den Rollkoffer kennen und wir würden unser Gepäck immer noch durch die Gegend
schleppen. Hätte Heinrich Hertz 1886 nicht Tag und Nacht gegrübelt und dann die
summenden und brummenden elektromagnetischen Wellen entdeckt – wir könnten uns
heute Morgen gar nicht hören.. Geistesblitze sorgen dafür, dass Grenzen fallen.
Grenzen der Phantasie. Grenzen des Denkens. Grenzen zwischen Gott und Menschen.
Es ist besser, wenn wir uns
interessieren! Für die Menschen, für die Tiere, für die Welt. Das haben
die Menschen kapiert, von der die Bibel erzählt. Fremde Sprachen und Kulturen
sind kein Hindernis. Wir sind miteinander verbunden. Ihr Geistesblitz war: Deine
Freude ist auch meine Freude und deine Sorgen sind auch meine. Wir stehen unter
der gemeinsamen Sonne. Und wir atmen dieselbe Luft ein und wieder aus. Und für
die Menschen der Bibel war das nicht einfach Luft. Sondern das Leben selbst.
Der Lebensatem Gottes. Ob in Belfast, Nairobi, Jerusalem oder von mir aus in Gummersbach:
Überall strömt der Lebensatem Gottes durch unsere Lungen und durch unsere
Sinne. Das ist unser Heureka-Moment. Alles, was atmet, ist verbunden. Das ist
doch wunderbar! Nicht nur am Pfingstfest. Und nicht nur an diesem Montagmorgen.