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Das Geistliche Wort | 30.11.2014 | 08:40 Uhr

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Advent 2014: Etwas ist anders...!

Autorin: Alle Jahre wieder: Advent und Weihnachten. Alle Jahre wieder - und doch jedes Mal anders. Ich grüße Sie zum 1. Advent.

Mein Name ist Antje Rösener. Ich bin Pfarrerin und Geschäftsführerin des Evangelischen Erwachsenenbildungswerkes Westfalen und Lippe in Dortmund. Heute sieht unsere Wohnung anders aus als noch vor einer Woche und doch nicht anders als in den Jahren zuvor.

Es duftet nach grünen Zweigen, ein großer Kranz mit dicken Kerzen steht auf unserem Esstisch. Ich bin auch dieses Jahr wieder in den Keller gestiegen, um die beiden verstaubten Kisten mit dem Adventsschmuck hochzuholen.

Vor ein paar Tagen hatte ich noch gar keine Lust auf dieses "Alle Jahre wieder".

Doch komischerweise ändert sich das bei mir jedes Mal, wenn ich die beiden Kisten dann endlich hier im Wohnzimmer habe, den Staub von ihren Deckeln wische und darin zu wühlen beginne. Ich entdecke Dinge, die ich schon fast vergessen hatte: Diesen Engel mit der Mandoline in der Hand - wo kam der nur her? Jener Stern...den hatte doch meine Freundin selbst gebastelt, damals...die Farben leuchten immer noch...!

Manche schöne Erinnerung holt mich ein. Manches auch, das weh tut. Denn so friedlich, heil und harmonisch ist weder die weite Welt um mich herum, noch die Welt meiner Familie und Freunde. Aber deshalb verzichten auf Sterne und Kekse, deshalb Advent einfach ausfallen lassen?

Musik 1: Track 1 Tochter Zion von CD Codera goes Christmas, Melodie / Komp.: Georg Friedrich Händel, Bearbeitungen: Dirk B. Benner, Interpret: Wolf Codera, 2002 Creative Kirche, Luther Verlag, Bielefeld, LC 11724.

Autorin: Die Advents- und die Weihnachtszeit sind eigentlich unterschiedliche Festzeiten. Sie teilen sich auf in eine Buß- und Fastenzeit, die am 1. Advent beginnt und eine Freudenzeit danach. Diese startet mit dem Weihnachtsfest, also in der Nacht zum 25. Dezember und endet am 6. Januar.

So ist das schon lange. Bereits seit dem Jahr 336 n. Chr. ist der 25. Dezember in Rom als kirchlicher Festtag belegt.Von den ersten Adventsritualen lesen wir allerdings erst seit dem 6. Jahrhundert und auch das Fasten ist wohl erst in dieser Zeit dazu gekommen.

Adventliche Fastenrituale - ich kenne in der evangelischen Kirche keine mehr, die bis in unsere Zeit hinein überlebt hätten. Aber viele orthodoxe Christen halten die Fastenzeit bis heute ein. Sie beginnen damit schon 40 Tage vor Weihnachten, also mitten im November und verschärfen das Fasten ab Mitte Dezember. Dann essen sie nur noch vegan, außer Honig und Fischsind keine tierischen Produkte mehr erlaubt.

Advent 2014 - manches ist gleich und vieles ist anders in diesem Jahr. In den vergangenen Monaten sind viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Auch viele orthodoxe Christen aus Syrien und dem Irak. Sie verbringen diesen Advent tausende Kilometer von ihrer Heimat entfernt. In Syrien haben die Christen 1400 Jahrerelativ gut leben können, solange sie die islamischen Machthaber akzeptierten. Fast zehn Prozentder syrischen Bevölkerung waren bis vor kurzem Christen. Viele von ihnen pflegen in ihren Familien und Gemeinden eine außergewöhnliche Tradition – sie sprechen untereinander eine der ältesten Sprachen der Welt. Die Sprache Jesu.

O-Ton 1: Athra Yousef: Wir kommen aus Syrien (...) und unsere Sprache ist dann Aramäisch. Wir kommen aus Quamischli, das ist an der Grenze zur Türkei, Nordosten, (...) da kann man zu Fuß, zwei Kilometer, sogar in die Türkei laufen, das ist sehr nah. Wir haben in der Familie und zuhause alle Aramäisch gesprochen. (...) Unsere Gottesdienste sind zweisprachig, aramäisch hauptsächlich, es wird aber auch auf Arabisch gepredigt, damit die Leute, die nicht Aramäisch sprechen, das auch verstehen können.

Autorin: Athra Yousef spricht fließend Aramäisch. Ihren Eltern war es wie vielen anderen syrischen Christen ganz wichtig, dass ihre Kinder - neben der offiziellen Sprache Arabisch - auch Aramäisch lernen. Im Sommer organisieren die Kirchen dafür extra private Schulen, in denen diese alte Sprache gelehrt wird. Denn Aramäisch – das war die Sprache Jesu und seiner Zeitgenossen. Als er lebte war das Aramäische von Palästina bis zum Perserreich und darüber hinaus die wichtigste Sprache im ganzen Nahen Osten.

Nach allem was wir wissen, hat Jesus auf seinen Wanderungen mit den Menschen Aramäisch gesprochen. Die Geschichten des Neuen Testamentes - sie sind ursprünglich in Aramäisch weiter erzählt worden. Einige Textpassagen des Alten Testamentes wurden auf aramäisch niedergeschrieben.

Athra Yousef studiert seit ein paar Jahren hier in Deutschland. Sie kann Arabisch sprechen und lesen. Und sie kann auch Aramäisch sprechen undlesen. Das Aramäische hat ganz andere Schriftzeichen als das Arabische. Es wird aber auch von rechts nach links gelesen. Die Bücher werden also zuerst hinten aufgeschlagen und dann bis vorne durch geblättert. Ganz anders als hier bei uns.

O-Ton 2: (Athra Yousef) Matthäus 5, 1-9 auf Aramäisch gelesen

Sprecher (Overvoice): "Und Jesus tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: Selig sind,die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind dieFriedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen."

Autorin: Worte aus dem Neuen Testament, aus einer Rede, die Jesus am See Genezareth gehalten hat - auf Aramäisch.

Ich habe bis vor kurzem nicht gewusst, dass diese Sprache vor allem von den Christen in Syrien, im Irak, in der Türkei und dem Libanon bewahrt wird, gerettet wird, kann man sagen.

Dass es jahrhundertelang im Orient diese kleine religiöse Minderheit gab, die gesagt hat: Es bringt uns zwar nicht viel in unserem Land, denn in Schule und Beruf wird Arabisch oder Türkisch gesprochen. Aber wir tun es für die ganze Welt, wir sprechen mit unseren Kindern Aramäisch. Wir organisieren in unseren Gemeinden Sprachkurse. Sonst wäre die Sprache Jesu für immer verloren.

Musik 2: Track 2, Allah Maak Ya Hawana; von CD: Fairuz: The Legend - The best of Fairouz morning songs Part.2 , Nr.: 8807232048, 2011 Back stage production by Music Tech Records (www.music-tec.com)

Autorin: Man schätzt, dass allein aus Syrien mit Beginn des Krieges im Jahr 2011 fast drei Millionen Menschen geflohen sind. Nur knapp vier Prozent von ihnen haben es bis nach Europa geschafft. So ungefähr70.000 Syrer erleben diese Adventszeit also zum ersten Mal hier in Deutschland. Mitten unter uns in den Flüchtlingsunterkünften unserer Städte. Man schätzt: 15.000 von ihnen sind Christen.Werden sie ihre wohlgehütete alte Sprache, das Aramäische, in der Fremde bewahren können? Sprachwissenschaftler meinen: Mit der Vertreibung und Zerstreuung so vieler Christen aus dem Nahen Osten besteht die große Gefahr, dass dasAramäische in zwei oder drei Generationen ausgestorben sein wird. Kann Athra Yousef sich vorstellen, ihren Kindern auch Aramäisch beizubringen? Ganz gleich in welchem Land sie leben werden? Ganz gleich was die Menschen um sie herum sprechen werden?

O-Ton 3: Athra Yousef: Ja, das würde ich auf jeden Fall, (...) das ist einfach Tradition, das ist einfach meine Muttersprache, meine zweite Muttersprache. Ich werde das weitergeben, damit sie einfach nicht stirbt. Denn wir haben so kein Land. Da ist die alte Sprache, damit sie nicht stirbt.

Musik 3: Track 1 Bukrah Entza Wjaeh CD: Fairuz: The Legend - The best of Fairouz morning songs Part.2 , Nr.: 8807232048, 2011 Back stage production by Music Tech Records (www.music-tec.com)

Autorin: Advent 2014. Alle Jahre wieder. Die Adventsrituale - sie sind mir vertraut. Doch dieses Jahr ist etwas anders. Ist etwas neu. Viele Flüchtlinge sind in jüngster Zeit zu uns gekommen und leben unter uns, gehen durch die adventlich geschmückten Straßen, erleben das alles hier in Deutschland zum ersten Mal. Ich bin überrascht über die große Solidarität mit den Flüchtlingen. In den 80'er und 90'er Jahren war das hier in Deutschland nicht so. Da hieß es bis in die seriösen Medien hinein viel zu oft: Das Boot ist voll! Wir machen die Schotten dicht. Da ist etwas Neues gewachsen: Die Kirchen, die Städte, viele Vereine und Privatleute - sie engagieren sich. Sie erinnern sich, dass viele Deutsche auch mal auf der Flucht waren.

Sie spüren: Wir sind gefragt. Kekse und Kerzen, Engel und Sterne, Fasten und Feiern - das alles ist gut. Aber die Herzen zu öffnen für andere - das ist mehr. "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit" - so heißt ein Adventslied, das heute Morgen wohl in allen evangelischen Gottesdiensten hier in Deutschland erklingen wird.

Musik 4: Track 7 Macht hoch die Tür, Melodie / Komp.: Berlin 1681, Halle 1704, Bearbeitungen: Dirk B. Benner, Interpret: Wolf Codera, 2002 Creative Kirche, Luther Verlag, Bielefeld, LC 11724.

Autorin: "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit."

Gemeint ist natürlich Jesus. Seine Geburt erwarten und erinnern wir in diesen Wochen. Ihm sollen wir unser Herz öffnen, ihm sollen wir Tor und Tür öffnen. Doch wie kann das gehen? Jesus ist lange tot. Jemand hat mal gesagt: "Wer in Gott eintaucht, taucht bei den Menschen wieder auf." Das ist das Geheimnis. Das ist die Einladung. Advent meint mehr als die Gemütlichkeit in meinen vier Wänden. Das meint Augen und Ohren zu öffnen - für alles, was größer ist als ich selbst: für Gott, für die Botschaft Jesu, für die Menschen um mich herum.

So tauchen wir tiefer ein in das Leben mit all seinen Facetten, so lernen wir andere Menschen, fremde Sprachen und Traditionen kennen. So erleben wir die Widersprüche unserer Welt, so wandern wir auf den Spuren Jesu. Alle Jahre wieder - und doch jedes Mal anders.

Gesegnete Tage und Wochen wünscht Ihnen Pfarrerin Antje Rösener aus Dortmund.

Musik 5 = Musik 4 Macht hoch die Tür

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