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Kirche in WDR 5 | 14.12.2013 | 06:55 Uhr
Wenn sich der Schlüssel im Schloss dreht...
Liebe Hörerin, lieber Hörer, es klackt. Der Haustürschlüssel dreht sich im Schloss - ein vertrautes Geräusch. Wie ein tägliches Ritual. Vater oder Mutter kommen von der Arbeit oder Dienstreise zurück. Erschöpft vom Tag freuen sie sich auf zu Hause. Auf Gespräche, Wärme, ein bisschen Ruhe. Alle warten gespannt. Die Kinder sind schon ganz aus dem Häuschen. Es fühlt sich gut an.
Eine andere Szene: Der Lehrer kommt den Gang entlang, den Schlüssel in der Hand. Vor dem Klassenzimmer herrscht Nervosität. Die Schülerinnen und Schüler sind unruhig und angespannt. Gleich, wenn die Tür aufgeschlossen wird, beginnt die Abschlussklausur. Sie entscheidet über die Versetzung ins nächste Schuljahr. Alle beschleicht ein mulmiges Gefühl.
Und dann gibt es da noch das Klebeband über der Eingangstür. Sie bleibt verschlossen und versiegelt für immer. Der Mensch, der hinter ihr wohnte, ist verstorben. Nie mehr wird sich sein Schlüssel im Schloss drehen. Ich gehe an der Tür vorbei. Gefühle von Trauer und Wut überkommen mich.
Sprecher: Hinter der Tür ziehst du an dem Sehnsuchtsseil bis Tränen kommen In dieser Quelle spiegelst du dich – (Nelly Sachs)
(Nelly Sachs: Hinter der Tür in: Die Gedichte 2 Bde. Frankfurt 1971, 2. Bd. S. 14.)
Autorin: Die Dichterin Nelly Sachs sagt es verschlüsselt und doch ehrlich. Hinter der Tür gibt es Erwartungen und Sehnsüchte, Hoffnung und Enttäuschung. Vielleicht auch den Wunsch, sie möge sich nicht mehr öffnen, damit wir der Wahrheit nicht ins Auge blicken müssen. Das ist verständlich und nachvollziehbar. Aber nicht real. Unser Leben bleibt ein Wagnis. Spannend und aufregend. Mit immer wieder neuen Situationen konfrontiert. Schlüsselerlebnisse nicht ausgeschlossen.
Die Bibel weiß in vielen Geschichten davon zu erzählen. Von Jakob zum Beispiel. Der flieht vor seinem Bruder, dem er Unrecht getan hat. Mitten in der Wüste hat er einen Traum. Er sieht eine lange Himmelsleiter. Und an ihrem Ende, ganz oben eine Tür. Sie steht offen. Und Jakob wagt trotz aller Schuld im Nacken und Herzen den Blick hinein. Mutig und offen. Diese Erfahrung verbindet sich am Ende der Bibel, im letzten Buch mit einem ähnlichen Bild:
Sprecher: Danach blickte ich auf, da sah ich im Himmel eine offene Tür. Die Stimme, die vorher zu mir gesprochen hatte und die wie eine Posaune klang, sagte: „Komm herauf! Ich werde dir zeigen, was in Zukunft geschehen muss.“ (Offenbarung 4,1)
Autorin: „Ich werde dir zeigen, was (in Zukunft) geschehen muss“. Es klackt. Der Schlüssel gibt das Signal. Er dreht sich im Schloss und öffnet die Tür. Fröhliches kommt ans Licht, aber auch Verborgenes. Das, worauf ich mich freue und was ich nicht sehen möchte. Das, was mir Angst macht und das, worauf ich hoffen kann. Immer wieder neu.
Gott möchte uns seine Tür immer wieder aufschließen. Sein Schlüssel bleibt nicht stecken, sondern setzt sich in Bewegung. Hat sich gerade zu Weihnachten in Bewegung gesetzt. In seinem Sohn Jesus hat er sein menschliches Gesicht gezeigt. Gezeigt, dass Menschen friedlich und in Liebe miteinander leben können. Dass Heilung möglich ist. Dass Schuld uns nicht für immer niederdrücken muss. Sondern dass ich sie mutig aussprechen kann – und sich der Himmel wieder für mich öffnet. Wie ein Sehnsuchtsseil zieht mich ein altes Weihnachtslied gen Himmel.
Es klingt schon jetzt von ferne zu uns heute Morgen: „Lobt Gott ihr Christen alle gleich …der heut schleust auf sein Himmelreich und schenkt uns seinen Sohn.“ (Evangelisches Gesangbuch 27) Heißt es da. Lassen Sie uns im Geiste mit einstimmen, damit bald Weihnachten werden kann. Ihre Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln