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Das Geistliche Wort | 05.04.2015 | 08:40 Uhr

Osterfreude – wie geht das?

Vom Staunen, Lachen und Losprusten in der Kirche

Guten Morgen.

Zu Beginn – ein kleiner Osterwitz:

Kommt Josef, ein reicher Ratsherr aus Arimathäa, spät am Abend heim zu seiner Frau. Die fragt ihn, wie es am Tag so gewesen ist. Josef antwortet ziemlich kleinlaut: "Naja - Du weisst doch, dieses kleine Grundstück, das wir da haben. Das mit dem Grab...." "Ja, ja, klar - was ist denn.....", sagt sie. "Naja", sagt er, "ich habe das Grab dem Jesus gegeben...." "Wie bitte? Das Grab dem Jesus, unser Familiengrab dem Jesus??? O Gott! Wo es doch soviel gekostet hat...." Naja", sagt Josef, " alles halb so schlimm, ist doch nur für drei Tage....."

Ich weiß, ich weiß. So besonders ist der Witz nun auch wieder nicht. Und alt ist er auch: Gehört habe ihn das erste Mal in der Osternacht. Vor vielen, vielen Jahren. Damals war ich so richtig in der Pubertät. Innerlich auf der Suche nach dem, was im Leben von Bedeutung ist. Da konnte ich mit dem alten, abgedroschenen Witz von Josef und seinem Grab nun wirklich nichts anfangen. Und dann wurde dieser Witz auch noch in der Osternacht erzählt... mitten in einer Feier, die mich damals ziemlich beeindruckt hat. Das helle, strahlende Osterfeuer. Die große Osterkerze. Der gemeinsame Weg aller durch den stockdunklen Kirchenraum. Der Glanz der vielen kleinen Kerzen, die die Gesichter der Gläubigen leuchten lassen. Das "Halleluja", mächtig und kraftvoll, dazu das festliche Glockengeläut – und als Höhepunkt: Die Botschaft von der Auferstehung Jesu.

Was für ein Fest! Welche Freude! Alles in mir tönte und jubelte. Und dann: Unser Kaplan. Mit einer kleinen Ansprache. Thema: "Was uns Ostern bedeutet." Die kleine Predigt endete – mit dem Witz über diesen Josef von Arimathäa und sein Familiengrab, das er an Jesus für drei Tage verliehen hat.

Mitten in der Hochstimmung – ein flacher Scherz. Mich hat das auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Nach dem Höhenflug von Osterfeuer, Orgelklang und Halleluja – die unsanfte Landung auf der Erde. Einfach schrecklich. Ich weiß noch gut um die Enttäuschung, die mich erfüllte. Und für den Moment war mir nicht klar, wie das zusammengehen soll – Osterjubel und lustige Allerweltsgeschichte. Ich war einfach nur genervt.

Musik 1: J. S. Bach, Osteroratorium - Sinfonia

Heute – über dreißig Jahre nach meiner zwiespältigen Osternachtserfahrung habe ich eines begriffen: Zum Osterfest gehört das Laute und Lärmige irgendwie dazu. Selbst ein Johann Sebastian Bach – mit seinem Osteroratorium, aus dem gerade gespielt wurde – kann sich dem nicht entziehen. Bach erzählt darin von den Jüngern und von den Frauen, die zum Grab ihres Herrn laufen und es leer finden in den reichen Farben barocker Musik. Mit Pauken und Trompeten. So klingt Freude. Und der Osterwitz, den der Kaplan am Ende seiner Predigt machte? Ich habe mich damals kundig gemacht. Auch der Scherz in der Osterpredigt ist, wie ich herausfand, alter Brauch. Das Osterlachen, der "Risus paschalis" war Pflicht in der alten Kirche. Der Priester hatte in seiner Osterpredigt den Gläubigen solange humorvoll zu predigen, "bis auch der letzte Ungläubige seine Mundwinkel nach oben bewegt und zumindest leise Prustgeräusche von sich gegeben hatte". Wenn auch die offizielle Kirche das Osterlachen nicht so gerne sah – mancher Prediger übertrieb es wohl mit dem Scherzen – der Brauch hat sich gehalten. Zumindest hier und dort. Gelächter an heiliger Stelle, ein Witz dort, wo es ums Ganze, um Leben und Tod, geht – kein Wunder, dass ich mit meinen 14, 15 Jahren – und obendrein ganz ergriffen vom Glanz der Osterfeier – zunächst einmal enttäuscht war. Erhabenheit und Heiterkeit im heiligen Gottesdienst – für mich ging das damals nicht zusammen. Später aber habe ich es verstanden: Das Lachen, der Scherz, die Freude – sie gehören zum Osterfest dazu. Die Gläubigen sollen mit ihrem Lachen an Ostern "auf affektiver Ebene den Triumph des Auferstandenen feiern" , wie es ein Lexikon erklärt. Genau darum geht es beim Osterlachen und beim Osterscherz – die Osterbotschaft greift nicht nur nach unserem Verstehen, sie fordert unser Herz. Es geht um eine Freude, der man anmerkt, dass sie die dunklen Tage und Wochen der Fastenzeit hinter sich gelassen hat. Sie ist eben eine ganz besondere Freude, die Osterfreude. In ihr leuchtet etwas von der Hoffnung auf, dass das Leben stärker ist als alle Armseligkeiten, Krankheiten, Kriege, als alles Sterben dieser Welt. Das will erst einmal begriffen sein. Und sich Raum verschaffen – in einem befreienden, kräftigen und frohen Lachen.

Musik 2: J. S. Bach, Brandenburgisches Konzert 2, 1. Satz

Der große Theologe und Jesuit Karl Rahner (1904-1984) hat einmal Ostern mit einem Feuer verglichen, mit dem man die Zündschnur für eine ungeheure Explosion anzündet: Zwar steht die Explosion noch aus, sie wird aber mit unheimlicher Sicherheit eintreten. Ostern ist diese kleine Flamme – in Jesus von Nazareth bindet sich Gott am Karfreitag so an diese Welt, dass er an deren Grenzen dringt, durchleidet er ihre Schmerzen, ihr Sterben, ihr Trauern. An Ostern wird offenbar: Alles, wirklich alles, was zu dieser Welt gehört – ihre hellen und ihre dunklen Seiten, ihre Höhen und ihre Tiefen, ihr Leben und ihr Sterben – gehört in die Weite der Freundschaft und der Liebe Gottes. Mit Jesus von Nazareth fängt es an, in seiner Auferstehung beginnt das große Finale von Versöhnung, Frieden und Liebe – Ostern, das ist wie das Aufbrechen eines Vulkans, sagt Karl Rahner. Ein Aufbrechen, das zeigt, wie sehr im Inneren dieser Welt das Feuer Gottes brennt. Zwar dreht sich auch nach Ostern die Welt weiter mit all ihren Kriegen, Konflikten, Dramen und Tragödien. Aber an ihrem Ende wartet Gott. Trocknet er alle Tränen, lindert er allen Schmerz, wird er seiner Welt zum Himmel. Ostern, das ist der Beginn von alledem. An Ostern setzt Gott einen Anfang, in dem das, was uns am Ende aller Tage erwartet, bereits heute, in Jesus von Nazareth, hell aufstrahlt. Das gibt Hoffnung. Gott steht zu seiner Welt. Verrat, Leiden und Tod setzen dem keine Grenzen mehr. Denn seit Ostern ist alle Vergeblichkeit, aller Tod besiegt. In dem, der da von den Toten auferstanden ist: In ihm ist das Ziel gefunden. Sind wir Menschen angekommen. Bei Gott. Und alles ist so, wie wir gehofft haben. Wenn das kein Grund zur Freude ist. Und zur Hoffnung. Und Grund für ein Lachen, das aus tiefstem Herzen kommt.

Musik 3: J. S. Bach, Osteroratorium, Nr. 3: Duett Tenor/Bass („Kommt eilet und laufet, ihr flüchtigen Füße“)

Und der Osterwitz in der Kirche? Genau da gehört er hin. Weil er, wie es Witze eben tun, die Wirklichkeit aufs Korn nimmt, sie pfiffig durchkreuzt, sie geradezu auf den Kopf stellt. Ein Grab, das verliehen wird, aber eben nur für drei Tage – jeder Witz redet davon: Vom Unerwarteten, völlig Anderen, nicht Planbaren. Vom Neuen, durch das die Dinge einen völlig anderen Lauf nehmen. Im Lachen bricht es auf: Das Neue. Das Andere. Das, was der Welt und ihrer Ordnung in die Quere kommt. Darum hat der Witz auch so viel mit Ostern zu tun. Und darum darf an Ostern auch kräftig gelacht werden.

Denn an Ostern ist Ungeheures geschehen. Die Gesetze dieser Welt sind auf den Kopf gestellt: Liebe und Leben statt Tod und Verrat, Barmherzigkeit und Erbarmen statt Gewalt und Unterdrückung. Das Leben hat gesiegt. Der Tod hat seine Kraft verloren. Darum können Menschen Hoffnung schöpfen, dürfen sie lachen. Dürfen sie im Lachen und Prusten all das abschütteln, was ihnen Schrecken und Furcht einjagt. Und auch das erzählt der Osterwitz – nichts kann so groß, so heilig, so prekär sein, dass wir mit ihm nicht auch auf menschliche Art umgehen könnten. Denn Gott hat sich im Tod und der Auferstehung seines Sohnes so an diese Welt gebunden, dass ihm nichts Menschliches mehr fremd ist. Und alles Menschliche den Weg zum Himmel weist.

Musik 4: W. A. Mozart, Klavierkonzert Nr. 21, C-Dur, KV 467, 3. Satz

Die an Jesus Christus glauben, an seine Auferstehung, die sind glücklich zu nennen: Sie sind nämlich bereit, sich davon überraschen zu lassen, wie das Leben wieder einmal dem Tod ein Schnippchen schlägt. Sie können vielleicht etwas entspannter als andere mit den Dingen des Lebens umgehen. Sie verzweifeln nicht, wenn etwas schief geht. Sie haben auch dann noch Hoffnung, wenn es finster wird in ihrem Leben, wenn es schlecht steht um sie und um ihr Wohlergehen. Und überall dort, wo sie sind, können sie es wagen, dem Leben alle Tore zu öffnen. Österlich leben heißt dann: Dem Anderen Mut machen. Sich für andere einsetzen. Wege zu Frieden und Versöhnung suchen. Dem Leben trauen. Vor allem aber: So zu leben, dass es immer etwas zu lachen gibt. Der kleine Scherz im Festgottesdienst an Ostern – er ist mehr als eine lustige Allerweltsgeschichte. Er steht für eine Freude, die eigentlich schon Lebenskunst ist. Denn Ostern schenkt mir die Hoffnung: Nichts ist so ernst, dass es nicht schon längst von Gott und seiner unermesslichen Liebe eingeholt wäre.

Also: Fröhliche Ostern!

Lachen sie gut! Ihr Wilhelm Tolksdorf aus Essen

Musik 5: W. A. Mozart, Ouvertüre „Le Nozze di Figaro“

Verwendete Literatur:

1. Franz M. EYBL: Art. Risus paschalis. In: LThK III 8, Sp. 1201.

2. Thomas HOLTBERND: Fasten ohne Reue. In sieben Schritten zu Buße und anderen Freuden. Echter - Verlag: Würzburg o. J.

Copyright Vorschaubild: Robert de Bock CCBY-2.0 flickr

3. Karl RAHNER: Glaube, der die Erde liebt. Christliche Besinnung im Alltag der Welt. 4 Aufl., Herder: Freiburg - Basel-Wien, 1968.

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