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Kirche in WDR 5 | 02.04.2015 | 06:55 Uhr

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Guten Morgen. Gründonnerstag ist heute nach christlicher Tradition. Der Tag, an dem Jesus zum letzten Mal mit seinen Freunden zum Essen zusammensitzt. Ihr gemeinsamer Weg endet. Es muss nun genug sein.

„Junge, hast du noch nicht genug?“ – „Nein“, schrie der kleine Häwelmann, „mehr, mehr!“ Dieses Märchen von Theodor Storm hat mich als Kind schwer beeindruckt. Wie der kleine Junge in seinem Rollenbettchen durch die Nacht saust, das Hemd als Segel an der kleinen Zehe aufgehängt. Der Mond leuchtet ihm gutmütig, während er über die nächtlichen Straßen rasselt. Es geht durch Feld und Wald bis in den Himmel hinein. Und immer wieder die Frage: „Junge, hast du noch nicht genug?“ – „Nein“, schrie Häwelmann, „mehr, mehr!“

Das Märchen von Theodor Storm geht – wie die meisten Märchen – gut aus. Der Junge wagt sich in seiner Unersättlichkeit bis zur Sonne – und die wirft ihn ins Wasser. Am Ende heißt es: „Wenn ich und du nicht gekommen wären und den kleinen Häwelmann in unser Boot genommen hätten, so hätte er doch leicht ertrinken können!“

Ja, Unersättlichkeit kann leicht tödlich ausgehen. Das ist der ernste Hintergrund dieser scheinbar harmlosen Kindergeschichte. Wenn an die Stelle des kleinen Häwelmanns Erwachsene treten, entwickelt sich die kindliche Marotte schnell zu einer zerstörerischen Eigenschaft: Aus Unersättlichkeit wird Gier. „Mehr, mehr!“: Diese Grundhaltung der Gier tritt erstaunlicherweise gerade da auf, wo Menschen scheinbar mehr als genug haben. Äußerlich ist alles da. Reichtum, Macht, Einfluss, Schönheit ... - reichlich vorhanden. Und doch scheint mit der äußeren Fülle eine innere Leere zu wachsen. Du hast alles – und dabei doch immerzu das Gefühl: Es stellt dich nicht zufrieden, es macht dich nicht satt. Da bleibt ein gefräßiges Loch, das du füllen willst: „Mehr, mehr!“.

Wir erleben diesen Hunger nach mehr gegenwärtig bei Banken – nicht nur in der Schweiz und in Luxemburg. Ich kenne ihn aus Liebesbeziehungen, aus familiären und beruflichen Zusammenhängen. Ein Hunger ist das, der sich nicht stillen lässt: Mehr Geld, mehr Liebe, mehr Erfolg, mehr Anerkennung.

Ich spüre ihn manchmal selbst, diesen Hunger nach Mehr. Dieses Gefühl, ich werde nicht satt. Und ich ahne: Manches Elend in unserer Gesellschaft hat hier seine Wurzel. Manches Unrecht und manche Feindseligkeit. Manche Angst vor den Fremden.

Heute ist Gründonnerstag. Einmal noch sitzt Jesus mit seinen Freunden zusammen. Einmal noch essen sie miteinander. Einmal noch die vertrauten Gesten. Einmal noch, dann muss es genug sein. Genug für den Weg, den sie allein weitergehen werden – ohne die Nähe ihres Meisters. Jesus bricht das Brot: Esst, das ist mein Leib. Er reicht ihnen den Kelch: Trinkt, das ist mein Blut. (Matthäus 26,26-28)

Sein Tod wird ihnen das Leben schenken. Das bleibt ein Geheimnis. Auch nach Ostern. Bis heute. Und es ist doch: Ein für allemal „genug“. Dieses stille letzte Mahl, das Jesus mit seinen Jüngern hält; diese letzte Gemeinschaft, in die Christen sich bis heute einreihen: Diese kleine Szene am Gründonnerstag ist wie ein Gegenbild zu aller unersättlichen Gier. Wo Gott sich in seiner Liebe austeilt, gibt es kein „Mehr, mehr!“ Es gibt genug. Da muss niemand fürchten, zu kurz zu kommen. Wussten Sie übrigens, dass das Wort „Vergnügen“ mit „genug haben“ verwandt ist?

Einen gesegneten Gründonnerstag wünscht Ihnen Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen.

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