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Das Geistliche Wort | 24.05.2015 | 08:40 Uhr

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Was macht der Wind, wenn er nicht weht …?

Guten Morgen!

Was macht eigentlich der Wind, wenn er nicht weht…?

Eine typische Kinderfrage. Und darauf eine Antwort zu finden, ist gar nicht so leicht. Wenn Kinder Fragen stellen, dann bin ich manchmal recht ratlos. Gerade hinter ihren spontanen Fragen, steckt oft ein tieferer Sinn. Und auf die gibt es keine schnelle und einfache Antwort. Genau so ist es mit der Frage: Was macht der Wind, wenn er nicht weht…

Ich bin auf die Suche im Internet gegangen. Und ich habe Antworten gefunden wie: Er weht woanders. Wenn er bei uns nicht weht, dann weht er an einem anderen Ort auf der Welt… Der Wind weht immer, mal leicht mal stark, der Wind weht immer etwas… Ein Wind der nicht weht, ist auch kein Wind... Wenn der Wind nicht mehr weht ist die Luft raus. Der Wind ist unsichtbar und doch bringt er Vieles in unserem Leben in Bewegung. Der Sturm, der Bäume entwurzelt und Dächer abdeckt. Er zaubert Schaumkronen auf die Wellen und lässt Sanddünen wandern. Aber auch die erfrischende leichte Brise an einem heißen Sommertag. Soweit einmal ein paar Antworten auf die Frage: Was macht der Wind, wenn er nicht weht…?

Schon vor vielen tausend Jahren haben Menschen die Wirkung des Windes mit Gott in Verbindung gebracht. Mir fällt da der Prophet Elija ein mit seiner Gottes-Wind-Erfahrung. Über ihn berichtet das Alte Testament. Eine Zeit tiefster Depression liegt hinter ihm. Sein Handeln hatte kein Erfolg. Elia ist erschöpft und noch mehr: Er ist total frustriert. Was nützt es, ganz allein für Gott zu kämpfen, wenn seine Feinde an der Macht bleiben und vor nichts zurückschrecken? In dieser verzweifelten Situation offenbart sich ihm Gott – aber anders, als man vielleicht denkt: Von einem starken, heftigen Sturm, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, berichtet die Bibel. Doch Gott war nicht im Sturm. Nach dem Sturm kam dann ein Erdbeben. Doch Gott war auch nicht im Erdbeben. Nach dem Beben kam ein Feuer. Aber Gott zeigte sich dem Elija auch nicht im Feuer. Nach dem Feuer kam ein sanftes, leises Säuseln. Als Elija das hörte, stellte er sich an den Eingang einer Höhle, in die er sich zuvor verkrochen hatte. Hier begegnet Gott dem Elija. Gott war ganz anders, als er sich ihn vorgestellt hat. In Israel waren Sturm und Erdbeben, Blitz und Feuer vertraute Erscheinungen, die auf die Anwesenheit des allmächtigen Gottes hinwiesen. Aber in einem leichten Lüftchen? Damit hat Elija nicht gerechnet. Gottes Nähe ist nur als Hauch zu ahnen. Sie ist ungreifbar, unsichtbar, unhörbar und gerade deshalb an Intensität nicht zu überbieten.

Musik I: Sri Sri Ravi Shankar - Silence - Bamboo Flute (Blossom in Your Smile) (bei youtube.de)

Gott erfahren im Winde, wie Elija. In der Bibel gibt es noch eine andere besonders wichtige Geschichte von Gott und Wind. Sie findet sich in der Apostelgeschichte des Lukas. Eine Geschichte, die für die Christen aller Konfessionen ganz wichtig ist. Denn wenn der Wind, von dem da berichtet wird, nicht gewesen wäre, dann wäre es wohl nie zu einer 2000 jährigen Geschichte des Christentums gekommen. Es ist der Bericht vom Pfingstereignis, der in der Apostelgeschichte geschildert wird:

Sprecher:

Als der Pfingsttag gekommen war, befanden sich alle am gleichen Ort.

Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren.

Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder.

Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen, in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.

In Jerusalem aber wohnten Juden, fromme Männer aus allen Völkern unter dem Himmel.

Als sich das Getöse erhob, strömte die Menge zusammen und war ganz bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner Sprache reden.

Die Apostelgeschichte hilft zu verstehen, was Christen an Pfingsten feiern: Jesus war zwar nicht mehr bei seinen Jüngern und offensichtlich fühlten sie sich mutlos und allein gelassen. „Wie sollte es denn jetzt weiter gehen? Ohne Jesus in ihrer Mitte?“ Hoffnungslosigkeit und Resignation machten sich breit. Aber dann: Pfingsten! Ein Ereignis, das alles verändern sollte! Jesus sendet seinen Heiligen Geist als Mutmacher, als eine Kraft, die sie herausholt aus ihrer tiefen Depression, die ihnen Mut macht, raus zu gehen und anderen von Jesus zu erzählen, seinem Tod und seiner Auferstehung. Damit wird Pfingsten zum Geburtstag der Kirche. Bis heute lassen sich Menschen begeistern, davon zu erzählen, dass Gottes Geist die Welt verändert.

Und? Was ist das nun Heiliger Geist? Der Heilige Geist wird in der Bibel in verschiedenen Bildern beschrieben: Als Feuerzungen, als Getöse, als Taube. Aber vor allem wird er mit einem heftigen Sturm und mit Windbrausen verglichen. Der Heilige Geist als der Wind Gottes.

Wenn ich mir den biblischen Pfingstbericht vorstelle, dann glaube ich, die Jünger Jesu vor 2000 Jahren sind mächtig durcheinander gewirbelt worden. Ich erahne das aufgrund der damaligen Konsequenzen der Geistsendung: Menschen unterschiedlicher Sprachen verstehen sich auf einmal, so berichtet die Bibel. Eine verängstigte Truppe von Jüngern, die die Schotten dicht gemacht hatten, ziehen auf einmal raus und erzählen, was sie mit Jesus erlebt haben. Sie bekennen ihren Glauben, sie brennen für diesen Glauben. Nichts mehr von Angst. Frischer Wind in der Jüngertruppe – unsichtbar und doch wirksam, das ist der Heilige Geist – der frische Wind, der belebt, der verändert, der Neues möglich macht. Pfingsten war damals das Fest, dass uns einen frischen Wind brachte.

Aber gilt das nur für damals?! Muss Kirche, müssen Christen nicht auch heute noch durcheinander gewirbelt werden?

Musik: II

Heiliger Geist – wie frischer Wind? Wo ist denn dieser Geist heute? Wo der Geist der Veränderung, des Wirbelns? Herrscht nicht vielmehr Windstille vor, geistliche und geistige Flaute? Viele Menschen erleben unsere Zeit mit all ihren Veränderungen als einen Stillstand, gar als Rückschritt. Das vereinte Europa das war für die Politiker ein ersehntes Ziel. Jetzt droht manches durch wirtschaftliche Probleme zu zerbrechen. Und nicht nur Menschen unterschiedlicher Sprachen verstehen sich nicht, oft leben sie in einem Land zusammen und es gibt riesen Konflikte wie zum Beispiel in der Ukraine – oder auch in unserem Land, wo Menschen mit Migrationshintergrund geächtet werden. Der Ton in der internationalen Politik wird schärfer. Die Luft scheint raus zu sein, den einen Geist der Union in Europa zu beschwören – so er je richtig entfacht war. Von ermutigendem frischen lebensspendenden Wind ist da wenig zu spüren. Und was ich im Großpolitischen beobachte, das sehe ich auch in meinem persönlichen Umfeld im Bekannten- und Freundeskreis. Ich erlebe Menschen, denen ebenfalls die Luft ausgeht, die über immer mehr werdende Arbeit klagen, ausgelaugt sind und fast daran zerbrechen, weil um sie herum Stellen abgebaut werden. Von frischem Wind ist aus deren Sicht wenig zu spüren. Andere wiederum scheint alles egal zu sein, blenden die vielen Probleme um sie herum aus, lassen sich nicht mehr ansprechen für Hilfen an Nachbarn, Ausländern Alten und Kranken. Flaute, Windstille, da geht gar nichts mehr. Und umgekehrt so frage auch ich mich – wie viele andere Menschen: Wo war denn der Heilige Geist, der Mut machende Wind Gottes, als vor wenigen Wochen ein Pilot ein Flugzeug zum Absturz gebracht hat und 150 Menschen in den Tod riss… Wo war der Geist Gottes in Nepal, auf dem Mittelmeer oder in Syrien? Das alles schockt doch: Eiszeit, entsetzte Lähmung, Windstille und Flaute, nichts von Mut machender stärkender Brise, – nichts vom Heiligen Geist.

Was macht der Wind, wenn er nicht weht?

Musik III

Was macht der Heilige Geist – der pfingstliche Wind, wenn ich ihn nicht spüre. Treibe ich dahin wie ein Schiff in der Windstille? Lebe ich in einer Zeit der Geiststille, der geistlichen Flaute? Hat Gott sich mit seinem Geist vielleicht zurückgezogen? All das Leid in der Welt, alle Negativerfahrungen auch in meinem kleinen Umfeld machen mich nachdenklich. Mag es in der Natur auch eine Windstille geben, ich glaube fest daran, dass es aus christlicher Sicht keine Zeit der Geiststille gibt. Gottes Geist in der Welt wirkt nicht nur in den großen Momenten, wenn Frieden gestiftet wird, der Menschen begeistert, so dass sie ihr Leben verändern. Und Jesus hat seinen Geist auch nicht nur stundenweise verheißen. Sein Geist wirkt auch im leisen Säuseln des Windes – oft kaum wahrnehmbar aber doch da. Davon bin ich überzeugt. Aber wie kann ich das erfahren?

Luftdicht verpackt, steht manchmal auf Lebensmitteln. Wenn ich mich luftdicht verpacke, dann kann ich die Luft Gottes, den Heiligen Geist auch nicht verspüren. Und wer immer Angst vor einer Erkältung hat, der wird das Positive des Luftzuges und des Windes auch nicht wahrnehmen. Wenn wir Christen heute Pfingsten feiern, dann ist das für mich die Aufforderung, an meine luftdichten Gewohnheiten einmal ein wenig Luft dran zu lassen und mich dem erfrischenden Wind Jesu, dem Heiligen Geist zu öffnen. Dieser Geist ist da, spüren kann ich ihn aber nur, wenn ich ihn auch tatsächlich an mich heranlassen und sensibel für ihn werde.

Ich persönlich bin total davon überzeugt, dass Gottes Geist zu jeder Zeit weht und es keine Windstille des Geistes gibt. Ich vertraue auf diesen Geist! So ist mir eine Darstellung des Heiligen Geistes in meinem Büro im Generalvikariat in Paderborn ganz wichtig geworden. Es ist zwar eine klassisch barocke Darstellung, der Heilige Geist als Taube, die mit einem Strahlenkranz umgeben ist. Aber für mich strahlt sie eine unheimliche Dynamik aus. Vor allem erinnert mich diese Darstellung daran, dass da jemand ist, der mir zur Seite steht. Der mir in schwierigen Situationen Mut macht, die mir gestellte Aufgabe anzugehen. Ohne das Wissen um die Kraft von oben, ohne das Wissen um diesen Mut machenden Wind – ohne den Heiligen Geist hätte ich mich schon manches mal in mein Schneckenhaus zurück gezogen. So aber traue ich mir etwas zu, weil mir der Geist Gottes etwas zutraut.

Musik IV

Ich wurde einmal gefragt, an wen ich mich im Gebet am ehesten wende: an Gott den Vater, den Schöpfer der Welt, an Jesus Christus, der am Kreuz gestorben ist oder an den Heiligen Geist, den Mutmacher.

Ich musste nicht lange überlegen, um das zu beantworten: In vielen Situationen bitte ich um den Geist Gottes, um seine Kraft, um seine Stärke und Weisheit. Deshalb ist Pfingsten mein persönliches Fest, weil ich fest darauf vertraue, dass Gottes Geist mich in meinem Tun begleitet. Geiststillstand, Windstille des Geistes gibt es für mich nicht. Natürlich erlebe ich das Wirken des Geistes Gottes nicht immer so, dass es mich gleich aus den Socken haut, aber vielleicht muss ich mich mehr bemühen den Gotteswind in meinem Leben in den kleinen Dingen wahrzunehmen wenn er auch nur leise bei mir anklopft. Der Geist Gottes ist da, aber ich muss mich ihm öffnen, so wie ein Schiff seine Segel setzen muss, um vom Wind bewegt zu werden. Und genau darum geht es an Pfingsten: Segel setzen für den Windhauch Gottes. Dabei ist Pfingsten für mich nicht bloß ein verlängertes Ferienwochenende, wie bei einem kurzen Segelturn. Pfingsten hat was mit mir und meinem Leben zu tun. Pfingsten, das ist die ständige Aufforderung, aufmerksam zu werden für das Wirken des Geistes in meiner Welt und in meinem Leben.

Diese ständige Aufmerksamkeit, die gelingt mir nicht immer. Und gerade deswegen muss der Geist Gottes selbst noch meinen Geist erwecken, um auf ihn aufmerksam zu werden. Ein Gebet bringt genau das zum Ausdruck, das mich begleitet:

Sprecher:

Geist Gottes,

manchmal spüre ich dich

in den Menschen, die mir begegnen –

manchmal spüre ich dich nicht.

Geist Gottes,

manchmal spüre ich dich

in der Arbeit, die ich verrichte –

manchmal spüre ich dich nicht.

Geist Gottes,

manchmal spüre ich dich

an Plätzen und Häusern, die ich besuche

manchmal spüre ich dich nicht.

Geist Gottes,

manchmal spüre ich dich

in meinem Herzen, tief drin in mir –

manchmal spüre ich dich nicht.

Geist Gottes,

lass dich spüren.

Musik V

Den erfrischenden und ermutigenden Wind des ersten Pfingstfestes wünscht Ihnen in Ihrem Leben Ihr

Domkapitular Andreas Kurte aus Paderborn.

Copyright Vorschaubild: Moyan Brenn CCBY 2.0 flickr

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