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Kirche in WDR 5 | 05.02.2016 | 06:55 Uhr
Aus der Reihe tanzen
Guten Morgen oder Kölle Alaaf wie es hier dieser Tage heißt. Ausgelassen, fröhlich, laut und ekstatisch. Das ist Köln in diesen Karnevalstagen. Keine Kneipe ohne laute Musik, kein Lokal ohne Tanz. Dicht gedrängt stehen alle zusammen, feiern, singen und bewegen sich im Rhythmus der eingängigen Lieder und Melodien. Da steht der Clown neben der Hexe im Kostüm. Da lächelt das Gesicht mit Froschnase dem mit der pinkfarbenen Perücke zu. Da liegen sich Menschen im Arm, die sich nie vorher gesehen haben. An Karneval ist das egal, da tanzen alle irgendwie aus der Reihe, da sind Unterschiede aufgehoben.
Sprecher: ,,,und David zog mit dem ganzen Volk, das bei ihm war, nach Baal in Juda, um die Lade Gottes von dort zu holen. Und als sie ihn mit der Lade Gottes aus dem Hause holten, tanzten David und ganz Israel vor dem HERRN her mit aller Macht im Reigen, mit Liedern, mit Harfen und Psaltern und Pauken und Schellen und Zimbeln. (2. Samuel 6,2-5)
Autorin: So wird im 2. Buch Samuel, im ersten Teil der Bibel von König David erzählt. Die Lade, das ist ein anderer Begriff für Wohnung oder Thron Gottes.
Ursprünglich war es ein Kasten, den das Volk Israel immer mit sich trug. Es ist ein richtiges Volksfest, als David in Jerusalem ankommt. Viele Menschen begleiten ihn.
Es ist nicht alles glatt gegangen auf dem Weg. Mehrmals musste David um die Lade kämpfen. Und so kommt er mit zwiespältigen Gefühlen nach in Jerusalem. Doch die Menschen brechen in Freude aus. Tanz und Musik treiben sie voran. Und auch David ist plötzlich „außer sich vor Freude“. Fällt aus der königlich-würdigen Rolle, tanzt aus der Reihe. Jubel und Tanz begleiten sein Auftreten im Volk. So als seien plötzlich alle Unterschiede aufgehoben, zwischen ihm als König und den Menschen in der Stadt.
David tanzt aus der Reihe, weil er den Mut hat, vorgegebene Rollen zu sprengen.
Weil er auf dem Weg erfahren hat: „Meine Verantwortung für die Menschen liegt nicht allein bei mir als König, sondern auch in Gottes Hand.“ In seiner Unkontrolliertheit steckt er andere an und begeistert sie. Tanzend gibt er seinen Glauben weiter. Mitten auf der Straße, mitten im Volk schafft er seinen Gefühlen Raum. Ekstatisch, begeisternd und verrückt.
So wie Pfarrerin Gisela Matthiae. Sie arbeitet als Clownin. Mit roter Nase statt Talar tritt sie nicht nur in Gottesdiensten auf, sondern auch mitten im Alltag. Bei Tagungen oder in Seminaren zum Beispiel. Sie will die Menschen zum Lachen und auf ungewöhnliche Weise zum Nachdenken bringen. Clowns, so sagt sie, platzieren sich am Rand. Identifizieren sich mit Außenseitern, mit denen, die aus der Reihe tanzen, aus der Norm fallen. Clowns stellen Rollen und Machtverhältnisse in Frage. Tanzen selbst aus der Reihe. Um anderen die Augen zu öffnen und die Herzen. Für den Glauben an Gott, der auf schwierigen Wegen bewahrt und Mächtigen wie Machtlosen zur Seite steht.
Ich wünsche mir immer wieder Mut, wie David oder wie die Clownin, aus der Reihe zu tanzen und ungewöhnliche Wege zu beschreiten.
Sprecher: Ein Gruß dem Menschen, der aus der Reihe tanzt,
und nicht dem Trend der Mehrheitsmeinung folgt,
sondern täglich nach Gottes Willen fragt.
Ein Gruß dem Menschen, der den Widerspruch wagt,
und nicht längst verschlissene Phrasen wiederholt, sondern seine Ohren öffnet für neue Worte. Ein Gruß dem Menschen, der in guter Hoffnung lebt und nicht im Kreise müde grinsender Leute sitzt, sondern von Gott Überraschungen erwartet.
Er ist wie ein Baum am Bachufer, er wird unter grünen Blättern Frucht bringen und seine Spuren wird der Wind nicht verwehen. (In: Unendlich geborgen: Psalm - Impulse und Meditationen von Johannes Hansen Kawohl Verlag, 2010, S. 8)
Autorin: Es grüßt Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.