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Kirche in WDR 5 | 06.05.2016 | 06:55 Uhr
Für jeden genug
Guten Morgen!
Zwei Monate ist es her, da habe ich es endlich gemacht: Zum ersten Mal habe ich an einem Stadtlauf teilgenommen: 5 Km beim sog. „Venloop“ in dem holländischen Städtchen Venlo. Das war keine riesige Distanz, aber für mich eine Herausforderung. Ich bin auf Platz 1856 von 2107 Läufern gelandet, also eindeutig im hinteren Feld. Den Lauf habe ich trotzdem genossen, die geschmückten Häuser, den Jubelkorridor und die Blaskapellen an der Strecke; vor allem aber war ich stolz auf die Tatsache, dass ich es endlich mal wieder geschafft hatte, meine Laufschuhe zu schnüren und vorher ein paar Trainingseinheiten zu absolvieren . Dass ich hinten mitgelaufen bin, hat mir nicht wirklich was ausgemacht. Es ging mir ums dabei sein – da war der Ehrgeiz nicht so groß.
Im „echten Leben“ empfinde ich das allerdings weniger entspannt. Da kratzt es schon am eigenen Ego, wenn ich nicht vorne „mitlaufen“ kann und womöglich abgehängt werde. Wenn die Freundin die bessere Figur hat oder der Kollege befördert wird und nicht ich. Es gibt eben immer Menschen neben mir, die in irgendeinem Punkt besser dastehen als ich. Sie sind schöner, klüger, reicher, bevorzugter auf die Welt gekommen oder mit wertvolleren Erfahrungen beschenkt worden. Das nagt und macht das Herz eng.
Wie aber aus diesem elenden Vergleichskampf herauskommen? Was hilft?
Ich gebe mir dann schon mal einen Ruck und mache mir bewusst, dass das, was ich ins Leben mitbekommen habe – von innen und von außen - , letztendlich immer schon ausreicht zum Leben. Das ist genug! Und am Ende kommt es nicht darauf an, wie ich im Bezug zu anderen abschneide. Solange ich mich frage: bin ich besser oder schlechter als der andere? werde ich immer jemanden treffen, der geringer ist als ich, um ihn dann abzuwerten und einen, der besser ist als ich, sodass ich mich selbst abwerte. Schluss mit dieser Miesmacherei! Im Leben geht es doch um so viel mehr!
Der Schriftsteller Anthony de Mello erzählt einmal von einem Mann, der Christopher Columbus bei seiner Entdeckungsreise in die Neue Welt begleitet hat. Und auf dieser historischen Fahrt sorgt der sich die ganze Zeit nur darum, dass ihm jemand zu Hause womöglich den Job als Dorfschneider wegschnappen könnte. Und de Mello folgert: „ Um in dem Abenteuer, genannt Spiritualität, Erfolg zu haben, muss man fest entschlossen sein, aus dem Leben so viel wie möglich herauszuholen. Viele Menschen begnügen sich mit Nichtigkeiten wie Reichtum, Ruhm, Bequemlichkeit und menschlicher Geselligkeit.“
Das mit dem ewigen Vergleichen ist vielleicht wirklich eine Frage der Spiritualität, des Gottvertrauens. Gott gibt was immer schon ausreicht, jedem nach seiner Kraft. Und es geht ihm darum, dass wir den eigenen Reichtum sehen und ihn leben, so üppig wie möglich, so phantasievoll und großzügig, wie es nur geht. Dass wir wagemutig was riskieren!
Dass Sie heute weniger nach links und rechts schauen müssen, sondern auf das vertrauen und sich dran freuen, was in Ihnen ist, wünscht Ihnen
Irmgard Conin aus Köln