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Das Geistliche Wort | 18.12.2016 | 08:35 Uhr

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Aus der Not geboren

Musik 1: österreichische Hausmusik

Heiligabend 1818. Im kleinen österreichischen Städtchen Oberndorf bereiten sich die Leute auf den Besuch der Christmette vor. Die blankgeputzten Winterstiefel stehen bereit. Die Wege sind so weit vom Schnee befreit, dass man die kleine Kirche Sankt Nikola ohne Probleme erreichen kann. Einer wunderbaren, weißen Weihnacht scheint nichts mehr im Wege zu stehen.

In der Oberndorfer Kirche jedoch sehen die Dinge ganz anders aus. Der Pfarrer und der Kirchenmusiker stehen mit ratlosen Gesichtern vor der Orgel und spielen einen kurzen Moment lang mit dem Gedanken, den Weihnachtsgottesdienst abzusagen.

Die Orgel ist kaputt. Renovierungsbedürftig war sie schon seit langem gewesen, doch dass sie ausgerechnet vor dem wichtigsten Gottesdienst des Jahres mit einem letzten, leisen Pfeifen ihren Geist aufgeben würde, hätte man sich nicht vorstellen können.

Die Idee, die Christmette abzusagen, wird jedoch schnell wieder verworfen. Schließlich kann man die meisten Weihnachtslieder auch ohne Orgelbegleitung a capella singen. Ein musikalisches Schmankerl müsste man den musikbegeisterten Menschen im Salzburger Land aber schon bieten, meint der Organist Franz Gruber. Sonst würde die heilige Nacht doch arg still bleiben.

Da kommt dem Pfarrer, Joseph Mohr, ein weihnachtliches Gedicht in den Sinn, das er vor einiger Zeit geschrieben hatte.

Den Zettel mit den Versen, die tatsächlich von einer stillen Nacht erzählen, holt Pfarrer Mohr aus seinem Arbeitszimmer und präsentiert sie dem Organisten. Gruber gefällt dieser Text nicht nur. Er inspiriert ihn sogar zu einer kleinen Melodie.

Musik 2: Stille Nacht instrumental, Gitarre

Melodie und Worte passen so gut zueinander, dass Pfarrer und Kirchenmusiker beschließen, das Lied von der „Stillen Nacht“ in der Christmette aufzuführen. Die zarte Melodie verbreitet eine andächtige Stimmung in der vollen Kirche. Auf den letzten Ton folgt ein Moment der Stille, dann großer Beifall. Die Oberndorfer Bevölkerung ist begeistert von diesem neuen Weihnachtslied, das seine Entstehung einer kaputten Orgel verdankt.

Musik 3: Stille Nacht (vokal)

Sprecherin: ( Overvoice)

Stille Nacht, Heilige Nacht!

Alles schläft, einsam wacht

nur das traute hochheilige Paar,

holder Knabe im lockigen Haar,

Schlaf in himmlischer Ruh

schlaf in himmlischer Ruh.

(EG 46,1)

Stille Nacht, heilige Nacht. Dieses Lied wurde aus der Not heraus geboren. Nicht nur, weil die Orgel kaputt war. Pfarrer Joseph Mohr hatte den Text schon im Jahr 1816 geschrieben, noch ganz unter dem Eindruck der Napoleonischen Kriege, die große Not über ganz Europa gebracht hatten. Joseph Mohrs Heimatort war lange Zeit von feindlichen Truppen besetzt gewesen. Mitten hinein in diese unruhige Zeit der Kriegsnachwehen, in denen Europa sich neu ordnete, schrieb er dieses Gedicht, das ganz durchdrungen ist von der Sehnsucht nach Ruhe und nach Frieden. Etwas, was man besonders der nicht ganz so bekannten 4. Strophe anmerkt.

Sprecherin: „Stille Nacht! Heilige Nacht! Wo sich heut alle Macht väterlicher Liebe ergoss und als Bruder huldvoll umschloss Jesus die Völker der Welt, Jesus die Völker der Welt.“

In diesen Worten finde ich meine Sehnsucht nach Frieden wieder. Meine Sehnsucht nach Ruhe und nach Frieden in einer Zeit, in der es unruhig ist und in der Krieg, Gewalt und Terror die Nachrichten bestimmen.

Stille Nacht, heilige Nacht – das wäre doch was, wenn man diesen gewalttätigen Bildern und Erfahrungen wenigstens mal für eine friedliche Nacht entkommen könnte!

Sicher. Diese Sehnsucht ist der Grund, warum Weihnachten oft auch was von Weltflucht hat. Harmonisch soll es sein. Und so fliehe ich in eine heile Welt, wo ich wenigstens für ein paar Tage mal meine Ruhe habe. Vor ein paar Jahren hat da sogar die Bild-Zeitung mitgespielt und druckte am Heiligen Abend einmal nur gute Nachrichten ab. Vermutlich, damit man wenigstens an Weihnachten mal nicht von der bösen Welt da draußen gestört wird. Stille Nacht, heilige Nacht. Das alte Weihnachtslied, es macht nicht mit bei dieser Weltflucht. Es bleibt nicht einfach bei der Sehnsucht nach Frieden stehen, sondern es nimmt unsere Sehnsucht mit auf einen Weg und dieser Weg hat ein Ziel.

Musik 4: What child, Nowell

Das Kind in der Krippe. Auch dieses Kind wurde wie das Lied aus der Not heraus geboren. Aus der Not einer Welt, die der unsrigen ganz ähnlich war: Die vielen Menschen, die sich damals auf den Weg machen müssen, weil es ein Mächtiger so entschieden hat. Das junge Pärchen, das nur eine Notunterkunft als vorläufige Bleibe findet und dort sein Kind zur Welt bringen muss. Der kulturelle Hintergrund der Menschen, die da am Stall von Bethlehem zusammen kommen: Juden, Araber, Palästinenser, Afrikaner. Würde man sie alle von der Krippe entfernen, es würden nur Esel, Ochse und ein paar Schafe übrig bleiben. Das alte Weihnachtslied von der Stillen Nacht stiftet uns nicht zur frommen Weltflucht an, sondern führt uns mitten hinein in die Zeit um Jesu Geburt. In eine Welt voller Gewalt und Unterdrückung. Die das Paar mit dem Säugling besser hinter sich lässt. Auf der Flucht von Bethlehem nach Ägypten, auf der Suche nach einer sicheren Zukunft. „Schau auf das Kind!“ flüstert die Stille Nacht uns zu.

Schau auf das Kind, das aus der Not heraus geboren wurde. In diesem Kind wurde Gott in die Not unserer Welt hineingeboren.

Musik 5 = Musik 4: What child, Nowell

„Stille Nacht! Heilige Nacht! Wo sich heut alle Macht väterlicher Liebe ergoss und als Bruder huldvoll umschloss Jesus die Völker der Welt, Jesus die Völker der Welt.“ Bei aller Liebe zur Weihnachtsgeschichte. Ich frage mich trotzdem: Warum hat Gott nicht direkt auf den Tisch gehauen und Frieden in die Welt gebracht? Warum nimmt er den Umweg über ein Kind und wird Mensch?

Warum nimmt er seine göttliche Macht nicht einfach selbst in die Hand und macht Kriegen, Gewalt und Terror ein für alle Mal ein Ende, so dass kein Kind mehr leiden und kein Mensch mehr sterben muss? Warum muss es Jesus sein, der als Bruder die Völker die Welt in die Arme schließt? Und hat er das geschafft? Oder hat die Welt ihn geschafft, Jesus, den Gekreuzigten? Weihnachten, das Fest der Liebe und des Friedens. Die Stille Nacht. Die Heilige. Entweiht. Zerstört der Traum vom Gesalbten Gottes, der Frieden für alle Völker bringen sollte. Oder? Oder nicht?

Musik 6: Comfort and joy

Jesus Christus wurde in die Not unserer Welt hineingeboren. Gott schwebt nicht teilnahmslos über den Dingen. Dieser Gott liebt uns so sehr und so leidenschaftlich, dass er alles mit uns teilen will: Freude und Schmerz, Leben und Tod. Wahre Liebe kann nur da entstehen, wo Partner sich freiwillig und ohne Zwang begegnen und sich vielleicht so in einander verlieben.

Wenn ich jemanden treffe, der oder die mich liebt, kann ich selbst entscheiden, ob ich mich auf diese Liebesgeschichte einlasse oder nicht. So menschlich will auch der Göttliche geliebt werden.

Er will uns nicht als Marionetten, sondern als Geliebte. Freiheit ist die Voraussetzung auch dieser Liebe. Und so bin ich frei, Gott zu lieben oder nicht.

Mit dem Weihnachtsfest, dem Fest der wahren Liebe, wirbt Gott einmal mehr um uns. Er wirbt um unsere Zuneigung. Vielleicht kommt er deshalb als ein kleines Kind in die Welt – weil er weiß, wie schwer es ist, einem kleinen Kind zu widerstehen und es nicht zu lieben. Er kommt in seinen liebevollsten und romantischsten Liedern und hält an um meine und deine Hand. Und ich? Ich stehe einmal mehr vor Gott mit meiner Liebe. Und mit meinen Zweifeln. Mein Herz ist hin- und hergerissen. Ich würde gerne „Ja“ zu Gott sagen und in seine geöffneten Arme laufen. Und zugleich kenne ich mein Herz und weiß nur zu gut, wie klein meine Liebe und mein Glaube an manchen Tagen sein können. So liebst du mich Gott? So kleingeistig und so armselig, wie ich manchmal bin? Bist du dir da wirklich sicher?

Musik 7: Emmanuel

Das kenne ich. Da werde ich geliebt. Und was mache ich? Stelle die Geliebte auf die Probe. Mal sehen, ob sie es ernst meint mit ihrer Liebe. Ob sie das aushält, wenn sie mein wahres Gesicht kennt. Gott gegenüber verhalte ich mich manchmal genauso. Er nimmt´s gelassen. Und sagt mit einem Schmunzeln: „Lass die Größe deiner Liebe mal meine Sorge sein. Du weißt doch, dass selbst aus dem kleinsten Anfang etwas Großes entstehen kann.

Denk mal an das Lied von der Stillen Nacht, das sich einer kaputten Orgel verdankt und das nun die ganze Welt kennt. Denk an die vier Musiker, die in einem heruntergekommenen Keller auf Sankt Pauli namens `Star Club` zuerst mal nur für ein paar zwielichtige Nachtgestalten spielten, bevor sie dann nach den Sternen griffen und als Beatles weltberühmt wurden.

Lieber Mensch, hab‘ keine Angst vor deinen Zweifeln und vor der Kleinheit deines Herzens. Das Kleine groß machen und das Schwache stark: das war schon immer meine Spezialität. So wie damals in Bethlehem, als mein Sohn in einem schäbigen Stall zur Welt kam. Jesus von Nazareth, aus der Not geboren, um die Not dieser Welt zu verwandeln.“

Musik 8: Stille Nacht, Tori Amos

Wie Gott es immer wieder schafft, mein Herz für sich zu gewinnen, denke ich und lasse mich in seine Arme fallen. Ja, flüstere ich. Ja, ich will. Trotz meiner Zweifel und Ängste. Glauben und Lieben heißt auch wollen und den Schritt wagen, ohne Netz und doppelten Boden. Und Gott? Der weitet mein Herz und auf einmal merke ich, dass meine Sehnsucht nach Frieden nicht unbegründet ist: auf einmal spüre ich, dass die alten Friedensworte Jesajas eines Tages wahr werden:

Sprecherin: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

Gott, Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. …

Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians.

Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.

(Jesaja 9,1-5)

Und auf einmal durchfährt mich der Gedanke, dass vielleicht in diesen Nächten in einem der chaotischen Flüchtlingscamps irgendwo auf der Welt das Kind geboren wird, das mit seinen Worten und Taten den Frieden in dieser Welt voranbringen wird. Hoffnung, aus der Not heraus geboren. Die stille, heilige Nacht, sie steht schon vor der Tür.

Musik 9 = Musik 8: Stille Nacht, Tori Amos

Einen guten Start in die letzte Adventswoche und eine gesegnete Weihnachtszeit wünscht Ihnen Peter Krogull von der Sankt Petri Kirche in Kopenhagen.

Musik bis Schluss.

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