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Kirche in WDR 5 | 27.01.2017 | 06:55 Uhr

Holocaustgedenktag

Guten Morgen.

Heute ist Holocaustgedenktag. Das passt auch nach über 70 Jahren noch nicht, dieses „Guten Morgen“ in Verbindung mit so einem Gedenken. An jenem Morgen, heute vor 72 Jahren, ahnten die Gefangenen des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau sicherlich nicht, dass sie am Abend frei sein würden. Dieser 27. Januar 1945 jedenfalls ging in die Geschichtsbücher ein als der Tag ihrer Befreiung. Seit 2005 ist er offiziell Gedenktag für die Opfer des Holocausts.

Etwa 1,1 Millionen Menschen wurden allein in Aschwitz-Birkenau ermordet.

Ich sehe die Bilder, ich lese die Zahlen, ich spüre die Narben, die der Holocaust hinterlassen hat. Hierzulande, aber auch in Polen, nicht zuletzt in Israel. Mir verschlägt das nach wie vor die Worte.

Auf der Suche nach den Richtigen lande ich in jenem Buch, das der Welt anvertraut wurde von dieser Religion, die damals fast ausgelöscht wurde. Ich rede von der Bibel, näher, von den Psalmen. Hier habe ich Worte gesucht. König David sagt man, sei der Autor der Psalmen. Von ihm sagt die Dichterin Nelly Sachs: „Er baute der Psalmen Nachtherbergen für die Wegwunden."

Was für ein treffendes Bild an so einem Tag, an dem mir die Worte im Gedenken schwer fallen, auch 72 Jahre danach. Das ist vielleicht die ureigene Eigenschaft der Worte in so einer Situation: Worte die trösten sollen, sind so etwas wie Nachtherbergen für alle, die das Leben aufreibt, die sich wund gerieben haben auf dem Weg.

Und selbst, wenn die Wunden heilen. Narben bleiben. So auch dieser Tag. Wer immer erfahren wird, was heute geschah im Jahr 1945, wer wie die Soldaten einst die Tore in Gedanken durchschreitet und in den Abgrund menschlicher Niedertracht schaut, der wird sehen: das wird nie ganz weg gehen. Dieser Tag ist ein Narben-Tag.

Die uralten Pslamen helfen mir, das Unaussprechliche in Worte zu fassen „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen, bist fern meinem Schreien, den Worten meiner Klage?“, heißt es im 23. Psalm. Das hat Wucht. Das sprach sogar Jesus am Kreuz. Die Psalmen des König David, eine Nachtherberge für Wegwunde. Ja, selbst für ihn.

Der Niederrhein kennt auch einen Psalmdichter. Keinen König David. Aber er nannte einige seiner Texte genau so. Hanns Dieter Hüschs Worte sind mir auch in manchen Stunden eine Nachtherberge. Und ein Text passt zu diesem Tag. Er bekommt eine besondere Kraft, wenn er an diesem Narben-Tag Gehör findet.

Ich wünsche mir, dass sich diese Zeilen als „Geschäftsordnung“ in die Stammbücher der Verantwortlichen in der Welt schreiben:

Sprecher (Hüsch-Zitat)

Ich setze auf die Liebe! Das ist das Thema:

Hass aus der Welt zu entfernen. Bis wir bereit sind zu lernen

Dass Macht Gewalt Rache und Sieg. Nichts anderes bedeuten als ewiger Krieg

(…)

Das ist das Thema. Den Hass aus der Welt zu vertreiben.

Ihn immer neu zu beschreiben. Die einen sagen es läge am Geld.

Die andern sagen es wäre die Welt. Sie läg in den falschen Händen

Jeder weiß besser woran es liegt

Doch es hat noch niemand den Hass besiegt. Ohne ihn selbst zu beenden

Er kann mir sagen was er will. Er kann mir singen wie er's meint

Und mir erklären was er muss. Und mir begründen wie er's braucht

Ich setze auf die Liebe!

Schluss!

GOTT schütze euch.

Das wünscht Ihnen, Ihr Bastian Rütten aus Lobberich.

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