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Kirche in WDR 5 | 25.02.2014 | 06:55 Uhr
Herzlichen Glückwunsch, Maximilian!
Guten Morgen!
Und: Herzlichen Glückwunsch, Maximilian!
Bitte verzeihen Sie mir, liebe Hörerinnen und Hörer, aber diese Chance ist zu verlockend: Da bin ich heute im Radio zu hören und mein Sohn wird 18, volljährig, flügge. Da musste ich einfach hier gratulieren.
Ich denke jeder, der Kinder hat, kennt vielleicht das Gefühl. Das macht etwas mit uns Eltern, wenn die eigenen Kinder nicht mehr Kinder sind, sondern volljährig, mündig – erwachsen?
Ganz ehrlich: ein bisschen komisch ist es schon, wenn man erleben darf, wie sie groß werden.
Gerade erst Laufen gelernt – wie schnell war die Zeit im Kindergarten vorbei - und jetzt wirklich schon Abitur und Studienpläne?
Zugleich die Ahnung, dass die 18 Jahre auch nicht spurlos an einem selbst vorübergegangen sind.
Und dann hin und wieder der Gedanke, ob man alles richtig gemacht hat in der Erziehung und Begleitung der eigenen Kinder.
Und hier fällt mir ein Gedanke ein, den ich vor langer Zeit einmal in einem Gedicht des arabischen Dichters Khalil Gibran gelesen habe:
Sprecher:
„Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selber.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,
Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, aber nicht eure Gedanken,
Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.
Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.
Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,
und Er spannt euch mit Seiner Macht, damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.
Lasst euren Bogen von der Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;
Denn so wie Er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.“ 2
Was für ein wunderbares Bild: Kinder als geliebte Pfeile - gelenkt vom göttlichen Schützen und durch den elterlichen Bogen ins Leben geschossen.
Und sogleich fallen mir die eigenen Erfahrungen mit dem Bogenschießen ein.
Es ist eine Leidenschaft von mir, das sogenannte intuitive Bogenschiessen.
In Ruhe versuche ich, meinen Standpunkt zu finden, den Bogen in der Hand zu fühlen, alles um mich herum zu vergessen und mich nur auf das Ziel zu konzentrieren.
Eine wahrhaft begeisternde und auch zutiefst meditative Erfahrung.
Bogen, Pfeil, Ziel und Ich verschlingen sich ineinander, sodass uns nichts mehr trennen kann.
Nicht Ich, sondern eine Kraft schießt und trifft. Und hierzu bedarf es des Loslassens. Es bedarf des Geschehen Lassens.
Es geht nicht um mich, sondern darum, sich als Teil eines Ganzen zu spüren. Christlich gewendet geht es um so etwas wie Gottvertrauen. Und da ist der Gedanke, der einsichtig ist und zugleich schmerzt: Die eigenen Kinder gehören den Eltern nicht, sie müssen wie Pfeile ins Leben losgelassen werden!
Und so wünsche ich allen Heranwachsenden:
dass Ihr den Mut habt, Eure eigenen Gedanken zu fassen und zu leben,
dass Ihr erfahren dürft, vom göttlichen Schützen geliebt zu sein,
dass Ihr erleben dürft, dass Euch Raum gelassen wird für Eure Sehnsüchte und dass man Euch geliebt loslässt.
Das wünscht Peter Krawczack, ein stolzer Papa aus Düsseldorf
2 http://www.gedichte-lyrik-poesie.de/Khalil_Gibran_Von_den_Kindern/index.html