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Das Geistliche Wort | 19.03.2017 | 08:35 Uhr

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Das leere Kreuz

Autor: Mossul vor wenigen Wochen: An einer Straße haben sie einen Mann gekreuzigt. Unten an das Kreuz gelehnt liest ein IS-Terrorist inbrünstig im Koran, die Maschinenpistole umgehängt. Eine Mutter kommt mit ihrer kleinen Tochter vorbei. Das Mädchen sieht hinauf und sagt: „Mama, der lebt ja noch. Er hat eben gerade seine Augen bewegt.“ Die Mutter ergreift eine Hand ihrer Tochter und zieht sie mit sich fort.

Eine Momentaufnahme des Grauens in dieser geschundenen Region im Irak. Die Terror-Miliz „Islamischer Staat“ versucht ihre wankende Herrschaft durch solche Gräueltaten aufrecht zu erhalten. Die große Mehrheit der Muslime ist darüber genauso entsetzt wie ich. Wer so handelt, missbraucht ihre Religion.

Auch Jesus ist auf diese Weise hingerichtet worden. Sein Kreuz ist zum Symbol und Erkennungszeichen des christlichen Glaubens geworden. Schlicht oder kunstvoll gestaltet, oft auch als Kruzifix mit daran hängender Christus-Figur mit schmerzverzerrtem Gesicht und viel Blut. Insbesondere Kinder reagieren immer wieder verstört auf solche Darstellungen.

Die christlichen Kirchen haben gelehrt, das Geschehen auf Golgatha sei zu unserer Erlösung notwendig gewesen: Jesus habe, so hieß es, mit seinem Kreuzestod die Strafe für die Sünden der Menschheit auf sich genommen und stellvertretend für sie gebüßt, um uns vor Strafe und Verdammnis zu bewahren. Diese Deutung findet sich schon an einigen Stellen des Neuen Testaments. In den christlichen Kirchen ist sie dann im Laufe der Jahrhunderte zur vorherrschenden Deutung geworden. Sie hat sich auch in vielen Kirchenliedern zur Passionszeit niedergeschlagen.

Musik 1 – Choral: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ (EG 83)

WDR-Archiv-Nr. 5078109 1 08 - forum vocale köln

0:00-0:21

1. Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld

der Welt und ihrer Kinder;

es geht und büßet in Geduld

die Sünden aller Sünder;

Autor: Nicht nur Kritiker und Gegner des christlichen Glaubens fragen: „Was ist das eigentlich für eine Religion, deren zentrales Symbol ein solches Folterinstrument ist? Die Schriftstellerin Johanna Mosbach hat in Worte gefasst, was viele denken und empfinden:

Sprecherin:

„Ein beleidigter Gott, der nur durch das Blutopfer seines Sohnes mit der Menschheit versöhnt werden kann, und ein Gottessohn, der ihm unsere Erlösung mit Martyrium und Tod ’abkaufen‘ muß: das sind Gottesvorstellungen, in denen sich älteste Machtverhältnisse und Lebensformen spiegeln, denen ich fremd und einigermaßen hilflos gegenüberstehe.“

Autor: Worin, so fährt sie fort, soll diese Erlösung überhaupt bestanden haben? Inneren Frieden fänden Menschen seit je her in religiöser Versenkung, in Gebet und Hingabe an ihren Gott; dazu hätte es dieses schrecklichen Opferdramas nicht bedurft. Und die Sünden des gegenseitigen Sich-Abschlachtens in heiligen und unheiligen Kriegen, des Unterdrückens und Ausbeutens der Schwachen, des Ausrottens Andersgläubiger und so weiter?

Sprecherin:

„Nachfolge in der Liebe Jesu, die Erfüllung seines radikalen Liebesgebotes, hätte die Welt vielleicht von solchen Sündenlasten erlösen können, kaum aber doch sein qualvolles Verrecken am Marterkreuz, dieses Elend ohnegleichen, das seine Anhänger als Schmach und Fluch empfanden.“

Musik 2: Choral: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ (EG 83)

Instrumntal

WDR-Archiv-Nr. 5136937 1 03 - La Chapelle Rhénane

0:00-0:35

Autor: Die Vorstellung vom stellvertretenden Sühnetod Jesu geht auf den Opferkult im Jerusalemer Tempel zurück. Bei den Sündopfern konnte man sich von Sünden reinigen, indem man ein Opfertier von den Priestern nach einem genau vorgeschriebenen Ritual schlachten ließ. Das Tier erlitt damit stellvertretend die Strafe, die sonst einen selbst hätte treffen müssen. Die ersten Christen waren Juden und mit diesen Vorstellungen von klein auf vertraut. Sie kannten auch die Lieder des Propheten Jesaja vom leidenden Gottesknecht:

Sprecherin:

„Fürwahr, er trug unsere Krankheit und unsere Schmerzen. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden hätten. Wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird, tat er seinen Mund nicht auf.“

Autor: Wen der Prophet damit zu seiner Zeit gemeint hat, wissen wir nicht. Die ersten Christen haben seine Worte auf Jesus bezogen und darin eine Erklärung für seinen Tod gefunden: er sei das Opferlamm gewesen, das die Sünden der Menschheit getragen und für sie gebüßt habe.

Andere Propheten hatten den Opferkult schon Jahrhunderte zuvor sehr kritisch gesehen. So der Prophet Amos: „Gott mag Eure Versammlungen nicht riechen und Eure fetten Opfer nicht ansehen. Sorgt lieber für Recht und Gerechtigkeit.“ Und Jesus hat den Propheten Hosea zitiert: „Gott hat Gefallen an Liebe und Einsicht, nicht an Brandopfern.“

Für den mittelalterlichen Theologen Anselm von Canterbury ging es um die Ehre, die Gott als dem Herrn der Welt zustehe und die die sündige Menschheit ihm verweigere. Bei Ehrverletzungen ging es im Mittelalter nicht um persönliche Kränkungen, sondern um Rang und Macht. Um seinen Rang im damaligen Machtgefüge zu behaupten, konnte der Entehrte nicht einfach verzeihen, sondern musste Sühne und Genugtuung fordern. Gott aber können die Menschen zur Sühne nichts bieten, was sie ihm nicht sowieso schuldeten. Darum sei er in Jesus Mensch geworden, um die nötige Sühne selbst zu leisten. Anselms Gedanken haben auch weit in die evangelische Kirche hineingewirkt. „Gott selber ist erschienen zur Sühne für sein Recht,“ so hat der evangelische Liederdichter Jochen Klepper geschrieben.

Musik 3: Choral „Die Nacht ist vorgedrungen“ EG 16,2

Text: Jochen Klepper

Melodie: Johannes Petzold

Interpretin: Pamela Natterer

CD: Feiert Jesus! Christmas - Gott wohnt bei uns / Track 4/12

Label: SCM Hänssler - LC: 07224

1:05-1:49

2. Dem alle Engel dienen,

wird nun ein Kind und Knecht.

Gott selber ist erschienen

zur Sühne für sein Recht.

Wer schuldig ist auf Erden,

verhüll nicht mehr sein Haupt.

Er soll errettet werden,

wenn er dem Kinde glaubt.

Autor: Die mittelalterlichen Auffassungen von Ehre und Sühne sind menschliche Deutungen und genauso zeitbedingt wie der Opferkult im alten Israel. Was aber den Menschen damals geholfen hat, ihren Glauben zu verstehen, befremdet heute um so mehr. Schuld ist nicht übertragbar. Materielle, finanzielle Schulden können zwar durch andere beglichen werden, aber moralische Schuld, das Böse, das ich jemandem angetan habe, ist nicht aus der Welt, wenn andere dafür büßen müssen. Im Gegenteil: es wiegt dann um so schwerer.

Erst recht gilt das für das, was die Bibel „Sünde“ nennt. Sünde heißt nicht: sich moralisch falsch verhalten. Sünde heißt: sich von Gott abwenden, seine Liebe missachten oder zurückweisen. Unter uns Menschen kann enttäuschte Liebe in ihr Gegenteil umschlagen. Geschiedene Ehepartner, die einander doch einmal geliebt haben, führen manchmal einen regelrechten Krieg gegeneinander . Niemand kann mich so verletzen wie jemand, den ich liebe. Aber solange ich ihn bzw. sie dafür büßen lassen will, ist jede Versöhnung und ist jeder Neubeginn unmöglich. Nicht die Liebe, sondern Schmerz und Bitterkeit beherrschen mich dann. Ich fordere Genugtuung, nicht um Frieden zu schließen oder der Liebe eine neue Chance zu geben, sondern um zu vergelten und mit dem anderen fertig zu werden.

Aber Gott will nicht mit mir fertig werden. Er will nicht Schuld aufrechnen, sondern sucht einen Neubeginn. Er sucht, was niemand erzwingen kann: meine Liebe und mein Vertrauen. Jesus hat Gott seinen und unseren himmlischen Vater genannt. Wie sollte der Blut sehen wollen? Wie könnte Gott beim Anblick der grausamen Hinrichtung Jesu irgendeine Genugtuung empfinden? Mörderische menschliche Phantasie hat das Kreuz als Hinrichtungsinstrument ersonnen. Nicht Gott, sondern gottlose Menschen haben Jesus daran zu Tode gefoltert. Das Kreuz ist das Nein einer unmenschlichen Welt zu dem menschenfreundlichen Gott, von dem Jesus gesprochen und in dessen Namen er gewirkt hat.

Erlöst bin ich nicht durch ein grausames Blutopfer. Erlöst bin ich, weil seine Liebe größer und stärker ist als alle Schuld. Weil er auch dann noch an mir festhält, wenn ich mich schuldig gemacht oder versagt habe. Weil er mich auch bei schlimmen Verfehlungen nicht von sich stößt, sondern verzeiht und mir hilft, meinerseits zu verzeihen. Anderen - und auch, was manchmal viel schwerer ist, mir selbst.

Erlöst bin ich, weil Gott mich mit all meinen Stärken und Schwächen bejaht, so wie ich bin. Das hilft mir, auch mit mir selbst ins Reine zu kommen. Und damit zugleich von mir selbst abzusehen: ich muß nicht mehr ständig um Bestätigung und Anerkennung ringen, sondern kann ganz und ungeteilt für andere da sein. Im Glauben an Gott finde ich die Kraft, aus Leid und aus Lebenskrisen gestärkt hervorzugehen. Und ich glaube, Gottes Liebe ist am Ende sogar stärker als der Tod: In ihr liegt der Keim eines neuen, unvergänglichen Lebens. So bin ich erlöst.

Musik 4: Wer nur den lieben Gott lässt walten (EG 368) - instrumental

Text und Melodie: Georg Neumark

Interpret: Dieter Falk / Falk & Sons

CD: Celebrate Bach, Track 6/13

Label: Boutique - LC: 10651

1:30-2:17 oder 0:40-1:42

Autor: Wer der Liebe und dem Leben dient, ist denen ein Dorn im Auge, die ihre Herrschaft auf Hass und Gewalt stützen. Die ihre vermeintliche Größe darauf gründen, dass sie andere klein machen. Denen, die kein Erbarmen kennen, die andere Menschen nur als Nummern betrachten und sie irgendwelchen Sachzwängen oder ihren eigenen Interessen opfern. Sie haben sich auch durch Jesus gestört, provoziert und bedroht gefühlt. Er ist nicht vor ihnen zurückgewichen, hat sich nicht mundtot machen lassen und hat dafür mit seinem Leben bezahlt.

Die Wochen, in denen wir uns zur Zeit befinden, die Passionszeit, erinnern an sein Leiden und Sterben. In unseren Kirchen ist es eine ernste, nachdenkliche Zeit, traditionell auch eine Fastenzeit. Eine Zeit, die zusammen mit dem Leidensweg Jesu menschliches Leid überhaupt in den Blick nimmt.

Dabei wäre seine Kreuzigung, für sich genommen, um nichts bedeutsamer als das Schicksal Millionen anderer Gewaltopfer. Sie wäre nicht nur sein Ende, sondern auch das Ende seiner Sache und aller Hoffnungen gewesen, die seine Anhänger in ihn gesetzt hatten. Erst von Ostern her, erst im Licht seiner Auferstehung, kann das Kreuz als Symbol des christlichen Glaubens gelten. Nicht das Kruzifix mit dem qualvoll sterbenden Jesus daran, sondern das leere Kreuz, an dem er nicht mehr hängt. Nicht als Symbol des Todes, sondern des überwundenen Todes. Als Zeichen des Lebens.

Damit sind Leid und Elend nicht aus der Welt. Und auch mir werden schmerzliche, belastende Erfahrungen von Zeit zu Zeit nicht erspart bleiben. Aber ich bin ihnen nicht schutzlos ausgeliefert. Das leere Kreuz steht für eine Hoffnung, die ich dagegensetzen kann - manchmal gegen allen Augenschein. Für eine Liebe, die mich trägt und bewahrt. Für die Kraft, zu widerstehen, mich für das Leben einzusetzen, andere und mich selbst nicht aufzugeben. Und das leere Kreuz steht dafür, dass selbst der Tod nicht das Letzte ist.

Einen guten Sonntag und eine gute Woche mit Einsichten und Erfahrungen, die Mut machen, wünscht Ihnen Pfarrer Johannes Doering von der Evangelischen Kirchengemeinde Unna.

Musik 5: Angel

Text/Komponist: Sarah McLachlan

Interpretin: Viktoria Tolstoy

CD: Meet Me at the Movies (feat. Iiro Rantala) / Track 9/11

Label: Act (Edel) - LC: 01666 (Edel Records - ?)

Musikangaben

Musik 1 – Choral: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ (EG 83)

WDR-Archiv-Nr. 5078109 1 08 - forum vocale köln

Musik 2: Choral: „Ein Lämmlein geht und trägt die Schuld“ (EG 83)

Instrumntal

WDR-Archiv-Nr. 5136937 1 03 - La Chapelle Rhénane

Musik 3: Choral „Die Nacht ist vorgedrungen“ EG 16,2

Text: Jochen Klepper

Melodie: Johannes Petzold

Interpretin: Pamela Natterer

CD: Feiert Jesus! Christmas - Gott wohnt bei uns / Track 4/12

Label: SCM Hänssler - LC: 07224

Musik 4: Wer nur den lieben Gott lässt walten (EG 368) - instrumental

Text und Melodie: Georg Neumark

Interpret: Dieter Falk / Falk & Sons

CD: Celebrate Bach, Track 6/13

Label: Boutique - LC: 10651

Musik 5: Angel

Text/Komponist: Sarah McLachlan

Interpretin: Viktoria Tolstoy

CD: Meet Me at the Movies (feat. Iiro Rantala) / Track 9/11

Label: Act (Edel) - LC: 01666 (Edel Records - ?)

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