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Kirche in WDR 5 | 06.04.2017 | 06:55 Uhr
Lange Löffel
Ein weiser Mensch wurde gefragt, wie er sich den Himmel und die Hölle vorstelle.
Er antwortete: "Ich sehe einen großen Festsaal. Eine Tafel ist üppig gedeckt
mit den herrlichsten Speisen - doch um diesen Tisch sitzen stumm und reglos
lauter verhungerte Gestalten.
Man hat ihnen nämlich Löffel mit langen Stielen an die Handgelenke gebunden.
So erreichen sie zwar alle Speisen, können sie aber nicht zu ihrem Mund führen.
Sie verhungern am gedeckten Tisch - das ist die Hölle!"
„Dann sehe ich einen zweiten Raum," sprach der Weise "genau wie der erste:
die gedeckte Tafel, die köstlichen Speisen und die Leute mit den langen Löffeln an den Handgelenken, doch hier sind alle wohlgenährt und es herrscht eine fröhliche Stimmung. Diese Leute haben nämlich eine Lösung für ihr Problem gefunden:
Sie reichen sich mit den langen Löffeln gegenseitig von dem Essen und alle werden satt!"
Soweit der Weise: Wie ähnlich Himmel und Hölle sich da sind!
Der gleiche Raum, die selben Bedingungen nur ein ganz anderer Umgang damit.
Wo Menschen nur an sich denken und für sich haben wollen,
bekommt niemand, was er braucht.
Wo sie aber achtsam sind und einander die Lebensmittel reichen,
die sich niemand nehmen kann, da reicht es für alle.
Heute in einer Woche ist Gründonnerstag.
Dieser Tag in der Karwoche erinnert an das letzte Mahl Jesu mit seinen Freunden.
Auch da wollte einer nicht selbst satt werden, sondern hat den anderen gegeben, was sie brauchten: Gemeinschaft und Vergebung, Hoffnung und Frieden.
"Tut das zu meinem Gedächtnis!" hat er dabei gesagt:
Lernt von mir und gebt weiter, was ihr empfangen habt.
Denn die langen Löffel der Liebe können bis heute
jede Hölle in ein Stück Himmel verwandeln.
Einen guten Tag wünscht aus Köln: Pfr. Jürgen Martin.