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Das Geistliche Wort | 23.07.2017 | 08:35 Uhr

Geehrt mit dem Apostelamt – Maria Magdalena

Guten Morgen!

Papst Franziskus ist ja immer für Überraschungen gut. Manchmal sind das richtige Paukenschläge: zum Beispiel vor zwei Wochen. Da wurde der Arbeitsvertrag für den einflussreichen Chef der obersten Glaubensbehörde nicht verlängert. Und auf einmal steht der Kardinal Müller auf der Straße. Fast könnte er einem leidtun.

Viel weniger spektakulär ist eine Maßnahme, die den gestrigen 22. Juli betrifft: Da steht im Heiligenkalender der römisch-katholischen Kirche Maria Magdalena auf dem Programm. Und seit dem vorigen Jahr – man höre und staune – ist das kein „gebotener Gedenktag“ mehr, sondern ein „Fest“.

Kein Grund zum Jubeln? Ich gebe gerne zu: Das hört sich sehr nach katholischem Kuriositätenkabinett an: „Fest“ oder „Gedenktag“ – wen juckt das? Mich! Da steckt mehr hinter als man denkt. Und ich finde sogar: Das ist eine sehr pfiffige Maßnahme. Mir hat sie zumindest ein leichtes Schmunzeln abgenötigt. Und auch den Gedanken: Dieser Papst mal wieder! Ganz schön raffiniert. Gut, es gibt sicher etwas zu erklären. Das will ich gerne tun.

Musik I

Maria Magdalena ist ja durchaus eine prominente und für die Frömmigkeit bedeutende Heilige, ausgesprochen beliebt in Literatur und Kunst, was sicher nicht nur fromme Gründe hat. Eine schöne Frau als bekehrte Sünderin zu malen: das war reizvoll für die Maler. Und ihre Auftraggeber werden sich nicht nur an Buße und Reue ergötzt haben. Davon abgesehen gibt es aber auch gute Gründe, dem „Bild“ zu misstrauen, das von Maria von Magdala im Laufe der Kirchengeschichte gezeichnet wurde. Und ebenso den entsprechenden Moralpredigten. Denn es hat mit der Frau, von der die Bibel erzählt, herzlich wenig zu tun. Reichlich willkürlich wurden verschiedene biblische Frauengestalten in einen Topf geworfen und zu einer Gestalt verknüpft. Und dann gibt es Legenden über Legenden; mal amüsant, mal interessant, aber meilenweit vom biblischen Ausgangspunkt entfernt. Dieser Ausgangspunkt: Das ist eine Geschichte. Nur eine. Aber eine, die es in sich hat. Sie bietet jede Menge Stoff. Zum Nachdenken. Zum Umdenken. Und sie ist auch der Grund und Hintergrund für das Upgrade, die Aufwertung, die Papst Franziskus der Verehrung der heiligen Maria von Magdala verpasst hat. Und natürlich ist diese Geschichte aus dem Johannesevangelium auch das Evangelium ihres gestrigen Festtages.

Am frühen Morgen des Ostertages kommt Maria von Magdala zum Grab Jesu, um den Toten zu salben. „Als es noch finster war“, sagt die Bibel ausdrücklich. Trauer und Todesdunkel bestimmen die Szenerie. Die Frau weint unaufhörlich. Und dann – sozusagen mit dem anbrechenden Tag, der aufgehenden Sonne, die Wende: Maria begegnet dem Auferstandenen selbst. Der Evangelist schildert diese Begegnung als eine Erfahrung der ganz anderen Art, zwischen Erkennen und Nichterkennen, dichter Nähe und kühler Distanz. „Halte mich nicht fest“ - oder in einer anderen Übersetzung „Rühre mich nicht an!“: So zieht der auferstandene Jesus die Grenze zwischen der Welt, in der Maria Magdalena lebt, und seinem neuen, ganz anderen Leben. Da-Sein und Weg-Sein fallen in eins, Erscheinen und Verschwinden sind zu einem Augenblick verschmolzen. Das ist unbeschreiblich – und könnte einem die Sprache verschlagen. Aber am Ende heißt es: „Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen“. Das ist der Clou der Geschichte: Maria versteht ihre Erfahrung als Auftrag, als Sendung. Und sie wird zur „Apostelin der Apostel“. Übrigens: So wird Maria von Magdala schon im dritten Jahrhundert genannt: apostola apostolorum – Apostolin der Apostel! Und damit sind wir bei dem Grund für die Aufwertung ihres Gedenktages. Er soll im Rang genauso hoch stehen wie bei den übrigen Aposteln. Damit ist Maria von Magdala neben der Gottesmutter Maria eine der wenigen Frauen, deren Tag im Heiligenkalender als „Fest“ markiert ist. Das wird sonst fast nur Männern zugestanden: den Aposteln, den Evangelisten, dem ersten Märtyrer Stephanus und dem heiligen Josef. Und jetzt endlich: Wieder eine Frau. Bravo, Papst Franziskus! Ich glaube: Du willst ein Zeichen setzen! Insbesondere für die Frauen in der Kirche. Und ich hoffe sehr, dass es bei den Frauen ankommt. Nicht nur da, aber ganz besonders da. Ein Zeichen für ein neues Selbstbewusstsein. Mit einer Langzeitwirkung hoffentlich, deren Zielpunkt jetzt noch gar nicht abzusehen ist.

Musik II

Maria von Magdala – Apostelin der Apostel! Ob die Botschaft ankommt? Alles braucht ja seine Zeit. Aber die Katholische Frauengemeinschaft – kurz kfd - in meinem Bistum Essen hat den Ball prompt aufgenommen. Der Diözesanvorstand hat im Mai die Frauen zu einer Wallfahrt eingeladen unter der Überschrift „Ich habe den Herrn gesehen! In den Spuren der Apostelin Maria Magdalena“. Ziel war die Kirche St. Maria Magdalena in Geldern, einer kleinen Stadt am linken Niederrhein.

Ich habe Ulrike Fendrich gefragt, die Geistliche Leiterin im kfd-Diözesanvorstand:

Welche Absichten habt ihr denn in der Hauptsache mit dieser Wallfahrt verbunden?

O-Ton: Ulrike Fendrich:

Uns war es zum einen wichtig, den Ball des Papstes aufzunehmen. Diese Veränderung im Heiligenkalender: Das ist ja schon ein kirchenpolitisches Signal. Es geht ja nicht nur um eine liturgische Aufwertung, wenn Maria von Magdala ein Fest bekommt wie die übrigen Apostel. Die Botschaft dahinter lautet doch: Frauen, ihr seid wer! Ihr habt Erfahrungen gemacht, also macht den Mund auf. Ihr glaubt, also könnt und dürft und sollt ihr diesen Glauben auch bezeugen.

Ihr habt also sehr den Akzent auf diese kirchenpolitische Dimension gelegt, auf die Rolle der Frau in der Kirche?

O-Ton: Ulrike Fendrich:

Ne, das wäre uns zu wenig gewesen. Wir wollten uns nicht nur auf diese Sichtweise beschränken. Die Ostergeschichte aus dem Johannesevangelium enthält ja viele Anregungen.

Zum Beispiel hat uns dieses eine Wort Jesu an Maria sehr fasziniert, dieses ‚Halte mich nicht fest‘. Festhalten wollen und loslassen müssen: Das sind doch grundlegende Erfahrungen. Die mache ich in meinem Leben, mit meiner Familie, in meinem Beruf. Die mache ich auch in der Kirche. Und dann kann ich in dieser Geschichte entdecken: Das muss ich doch nicht nur negativ verstehen. Nach dem Jesus wieder weg ist, ist doch nicht Schluss! Es ist doch nicht Enttäuschung und Ratlosigkeit, von der da erzählt wird. Sondern gesprochen wird von einer Energie, die freigesetzt wird. Ins Leben zurückkehren, eine Aufgabe erfüllen, eine Sprache finden.

Musik III

Ich habe den Herrn gesehen! In den Spuren der Apostelin Maria Magdalena“, so lautete das Wallfahrtsmotto der kfd im Bistum Essen. Ich habe darüber mit Frau Ulrike Fendrich, der Geistlichen Leiterin gesprochen.

Ulrike, kannst du auch was darüber sagen, wie euer Thema bei den Frauen angekommen ist?

O-Ton: Ulrike Fendrich:

Ich war schon erstaunt und überrascht über das, was mir insbesondere ältere Frauen im Gespräch immer wieder gesagt haben. Die waren dankbar für ein anderes Bild von Maria Magdalena. Die haben gesagt: Wir haben doch immer nur die Sünderin vorgeführt bekommen. Und damit verbunden natürlich ein ganz bestimmtes, ein sehr negatives Frauenbild. Die Frau als Verführerin. Und jetzt haben wir gelernt: Das stimmt so gar nicht. Das ist gar nicht das biblische Bild. Maria Magdalena ist eine Frau, die Vorbild sein kann. Die uns Mut macht.

Die Wallfahrt nach Geldern hat offenbar vieles freigesetzt bei den Teilnehmerinnen. Warum habt ihr eigentlich diese Kirche als Ziel ausgewählt?

O-Ton: Ulrike Fendrich:

Die Diözesanwallfahrt wird sehr gut angenommen. Deswegen brauchen wir eine Kirche, die groß genug ist für fast 500 Frauen. Aber St. Maria Magdalena ist nicht nur groß. Nach einer Renovierung vor einigen Jahren ist das eine Kirche geworden, die ich total schön und ansprechend finde. Sehr hell und weit und großzügig. Wenn man so will: Eine richtige Osterkirche. Voller Licht und Klarheit.

Boh, das hört sich ja einladend an.

O-Ton: Ulrike Fendrich:

Es gibt noch einen ganz besonderen Clou in der Kirche. Und das ist der im letzten Jahr dort hineingesetzt worden ist. Ein Wortfries von Piotr Zamojski. Rundum in der Kirche hat er die Worte in einer sehr schönen Schrift in Großbuchstaben aufgeschrieben, die in der Maria-Magdalena-Ostererzählung gesprochen werden. Sie werden dadurch sehr eindringlich, fast so, als würde diese Geschichte noch einmal neu erzählt. Und über dem Hauptportal – sozusagen zum Rausgehen – steht der letzte Satz aus dem Evangelium: Ich habe den Herrn gesehen. Mit einem solchen Satz, mit einer solchen Botschaft, aus der Kirche rauszugehen, zurück in mein ganz alltägliches Leben: Das ist toll, das finde ich ermutigend! Und herausfordernd zugleich.

Vielen Dank, Ulrike!

Vielleicht haben Sie ja Lust bekommen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, einmal diese schöne Kirche in Geldern zu besuchen. Aber über die Apostelin Maria Magdalena nachzudenken, das lohnt sich überall.

Aus Essen verabschiedet sich Herbert Fendrich. Ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.

Musik IV

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