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Kirche in WDR 5 | 08.05.2018 | 06:55 Uhr
Unperfekt sein
Guten Morgen, die Damen werden wissen, was ein Cacheur ist. Das ist ein neumodisches Kleidungsstück. Ein sogenannter Hüftschmeichler. Ein Tuch, das man sich umbindet oder ein Schlauch, den man überzieht, um die Problemzone Bauch, Beine, Po zu verdecken. Zu kaschieren eben. Deutschen Frauen wird nachgesagt, dass sie sich aus demselben Grund gerne in sackähnliche Kleider stecken, während Französinnen oder Italienerinnen eher Figur zeigen. Was die Herrn da so machen zum Kaschieren, weiß ich jetzt nicht so. Früher gab es mal die Bauchbinde. Manchmal versuchen wir auch, Unarten zu verstecken, die uns immer wieder an uns auffallen und worüber wir uns maßlos ärgern. Entweder sind wir zu still und stellen später fest, da hätte ich den Mund aufmachen müssen. Oder wir reden immer wieder, bevor wir zu Ende gedacht haben. Oder wir sagen schon mal frei raus, was wir denken und bereuen es hinterher. Ach, da fällt uns allen bestimmt vieles ein, was uns an uns stört. Vor ein paar Wochen, in der Fastenzeit, gab es die Aktion: „Zeig dich - 7 Wochen ohne Kneifen“, das sollte heißen: Zeig deine Fehlerhaftigkeit. Zeig deine Grenzen. Steh dazu, wenn du eine Schwäche hast oder wenn du einen Fehler gemacht hast. Viele haben in der Zeit mal bewusst darauf geachtet. Denn das Verstecken unserer Fehler ist weit verbreitet. Davon ist schon bei Adam und Eva die Rede, vom Anbeginn der Menschheit. Wo bist du? Fragt Gott Adam. Warum versteckst du dich und schämst dich vor mir? Und dann kommt´s, alles Verstecken ist umsonst: Gott hat gesehen, dass sich Adam seinem Verbot wiedersetzt hat und von den Früchten des Baumes der Erkenntnis gegessen hat. Nackt und bloß steht er vor Gott und alles ist rausgekommen. Warum meint Adam, er müsse perfekt sein, so perfekt wie Gott? Warum steht er nicht dazu, dass er zwar wenig niedriger als Gott selbst gemacht wurde, aber eben doch nur Mensch ist? Perfekt ist nur Gott. Allmächtig, gerecht, barmherzig in Reinkultur ist nur Gott. Menschlich ist, Fehler zu haben, nicht perfekt, sondern unperfekt zu sein. Deshalb können wir getrost dazu stehen. Das heißt nicht, dass man nicht an seinen Fehlern arbeiten kann oder dass man manches Mal wieder etwas ausbügeln muss. Das meint, du musst nicht ständig versuchen, deine Fehler zu kaschieren, zu verbergen. Du bist Mensch, nicht Gott. Nur wenig, aber eben wenig niedriger als Gott gemacht. Zugegeben, ich fühle mich auch wohler, wenn ich vorteilhaft gekleidet bin. Dann steht man weniger nackt da. Seine Fehler und Schwächen nicht vor sich herzutragen, schützt natürlich auch und es ist sicherlich auch okay, sich nicht klein zu machen. Nur: Schämen müssen wir uns nicht. Unser Selbstwertgefühl müssen wir nicht an der Garderobe abgeben. Wir sind alle nur Menschen, zwar Herren und Herrinnen der Schöpfung, aber wenig niedriger gemacht als Gott. Ich jedenfalls nehme mir vor, in nächster Zeit bewusst zu meinen Fehlern zu stehen. Schließlich macht das auch sympathisch und menschlich. Wer will schon mit jemandem befreundet sein, der oder die perfekt ist? Das hat mal jemand so formuliert: „Zeig mir eine leere Stelle doch in deinem Sein. Sonst kann meines Herzens Welle nicht in dich hinein.“1
Dazu macht Ihnen Mut Pfarrerin Barbara Schwahn aus Düsseldorf
1 Elisabeth Josephson-Mercator, in: edition chrismon, Fastenkalender „Zeig dich-7 Wochen ohne Kneifen“, Leipzig 2017, zum 13. März