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Das Geistliche Wort | 24.06.2018 | 08:35 Uhr

Schräge Typen – so einer wie Johannes

Er ist ein gemütlicher Einzelgänger, isst gern fettig und verbummelt die Tage, ohne auch nur eine verträumte Minute zu bereuen. Seltsam also, dass er sich in Anna verliebt, eine frühere Triathletin, die ihren Ehrgeiz jetzt in ihr Unternehmen setzt und nichts anderes futtert als Salat. Noch seltsamer, dass Anna sich auch zu ihm hingezogen fühlt. Und es hat Witz, wie Tom Hanks die Beziehung der beiden schildert, zu denen sich ein Bär gesellt, der auch noch von beiden umerzogen wird – echt schräg das Ganze. Kein Wunder, dass Tom Hanks sein Buch auch so nennt: „Schräge Typen“. Guten Morgen!

Musik I

"Schräge Typen" So nennt der Hollywood-Star Tom Hanks seine Sammlung von Kurzgeschichten, mit der er in diesem Jahr seinen Einstand als Schriftsteller gegeben hat. Ich habe das Buch gelesen – und es sind echt schräge Typen, die hier beschrieben werden. Schrullige Figuren, die alle jenseits der Norm leben und doch Durchschnittsmenschen sind. Sie arbeiten als Pfleger oder Immobilienmakler, sind verheiratet oder geschieden, aber dann bauen sie im Hof hinter dem Haus einfach eine Rakete zum Fortträumen. Oder verlieben sich in den freundlichen Nachbarn, der gar nichts Besonderes an sich hat. Typen, die authentisch sprechen und Unerwartetes tun. Schräge Typen, deren Lebensläufe außerhalb der Norm liegen.

Die „Helden“ des Buches werden mit Etiketten versehen die oft etwas Ambivalentes haben: Bewunderung und Verachtung, Anziehung und Abstoßung, Mitleid und Neid. Oft werden sie als Ausgeflippte bezeichnet, als Einzelgänger, Individualisten, Originale oder Sonderlinge. Sie wollen Sand und nicht Öl im Getriebe sein. Sie wollen bewusst gegen den Strom schwimmen, sie sind keine Herdentiere, aber sie brauchen die Auseinandersetzung mit den Menschen und der Gesellschaft, sie wollen nicht bloß ein Rädchen sein in der großen Maschinerie, sie sind Salz in der Suppe, sie bereichern die Gruppe mit neuen Impulsen. Und sie sind oft unbequem, diese schrägen Typen. Und deshalb gefallen sie mir!

Schräge Typen – von denen erzählt auch die Bibel. Und einen dieser schrägen Typen möchte ich Ihnen heute vorstellen. Es ist Johannes der Täufer.

Musik II

Heute ist der 24. Juni. Heute, sechs Monate vor Weihnachten feiert die Kirche den Johannistag, womit auch schon klar wird: Hier geht es um jemanden, der eng mit Jesus von Nazareth zu tun hat. Es ist Johannes der Täufer, der als Prophet durch Judäa zieht und unermüdlich zum Umdenken und zur Umkehr, zu Besinnung und zu Neubeginn aufruft, der auf diesen Jesus hinweist und der zu seiner Zeit aus dem Rahmen fällt.

Ein seltsamer, ein schräger Typ!

Seltsames geschieht schon bei seiner Geburt: Aus gutem Hause stammt er. Sein Vater Zacharias ist Priester am Tempel von Jerusalem und gehört damit zur Oberschicht. Der lebt zusammen mit seiner Frau Elisabeth. Sie haben keine Kinder. Und wegen ihres hohen Alters haben sie inzwischen jede Hoffnung auf Nachwuchs aufgegeben. Zacharias steht am Höhepunkt seiner Laufbahn als Priester. Ihm kommt es zu, das Rauchopfer im Tempel darzubringen. Das war damals ein einmaliges Ereignis im Leben eines Priesters. Im Tempel erscheint ihm der Engel Gabriel. Er verheißt seiner Frau die Geburt eines Sohnes. Für Zacharias unvorstellbar und nicht zu glauben. In Ihrem Alter? Das kann doch nicht sein! Die Reaktion des Engels auf seinen Zweifel lässt nicht auf sich warten: „Das sei Dir ein Zeichen: Du wirst stumm sein, weil Du mir nicht geglaubt hast.“ Das unvorstellbare passiert. Elisabeth wird schwanger. Nach der Geburt des Kindes sind die Verwandten natürlich zu Zacharias und Elisabeth geeilt. Der Tag der Beschneidung des Jungen naht, der Tag der Namensgebung. Wie soll der Junge heißen? Für die meisten ist das ganz klar: Er soll heißen wie sein Vater: Zacharias! Zacharias, das heißt: "Gott gedenkt, Gott denkt an uns." Aber Elisabeth wehrt sich heftig: "Nein, sein Name soll Johannes sein.” "Johannes? Niemand in Eurer Verwandtschaft heißt so”, so die empörten Reaktionen. "Wie kommst Du ausgerechnet auf einen solchen Namen? Lass seinen Vater entscheiden!” Man gibt Zacharias ein Schreibtäfelchen, denn er ist ja stumm. Und Zacharias schreibt: "Sein Name sei Johannes. Das heißt übersetzt: Gott ist es, der Erbarmen übt.” Gott ist gnädig. Alles etwas schräg, so ganz außerhalb der Norm und der Regeln der damaligen Zeit.

Musik III

Johannes – ein schräger Typ. Über das Leben des Johannes bis zu seinem 30. Lebensjahr ist wenig bekannt. Mit Anfang 30 macht er sich auf, um am Ufer des Jordan und in der Wüste Umkehr und Buße zu predigen: Ändert euer Leben! So geht’s nicht weiter!

Johannes der Täufer – ein kantiger Mann, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Heute würde man ihn einen echten 68er nennen. Einer, der aus dem gesellschaftlichen Rahmen fällt, ein Sonderling, ein schräger Typ: Er ernährt sich von Heuschrecken und wildem Honig; er kleidet sich mit einem Gewandt aus Kamelhaar. Das erzeugt die Aufmerksamkeit der Menschen. In Scharen strömen sie zu ihm, um sich einen Rat zu holen. Er hat etwas zu sagen: deutliche Worte. Er fordert die Leute auf, ihr Leben zu ändern, sich selbst nicht in den Mittelpunkt zu stellen. So will Johannes das Kommen des Messias, des Retters Israels vorbereiten. Auf den wartet das Volk der Juden nämlich schon lange. Als Zeichen der Umkehr tauft Johannes die Menschen im Jordan. Und auch hierher kommen sie in Scharen. Eines Tages befindet sich Jesus unter den Taufbewerbern und Johannes erkennt in ihm den Messias, den Gesandten Gottes, dessen Kommen er ja vorbereiten will: „Seht das Lamm Gottes! Du bist es, den Gott uns schicken will.“

Musik IV

Schräge Typen wie Johannes ernten aber nicht nur Bewunderung. Sie machen sich auch Feinde. Johannes hinterfragt die Lebensführung von Menschen, er ist ein lästiger Mahner, auch für die Herrscher der damaligen Zeit. Er greift König Herodes Antipas an. Der hat nämlich seine Frau verlassen und seine Schwägerin, die Frau seines Bruders geheiratet. Für Johannes ein Unding! Der König reagiert, er will den lästigen Mahner loswerden. Er wirft Johannes ins Gefängnis. Schließlich wird Johannes für seine kompromisslose Haltung enthauptet. Das Ende eines schrägen Typen.

Musik V

Johannes der Täufer, ein schräger Typ. Er ist radikal – in seinem Tun, seinem Reden, seinem ganzen Leben. Das Wort radikal kommt vom lateinischen „radix“ und heißt übersetzt: „Wurzel“. Johannes geht an die Wurzeln, weg vom oberflächlichen Leben. Er bringts auf den Punkt. Johannes fragt: Wie und wo bist du eigentlich verwurzelt? Was trägt und hält dich, wenn es darauf ankommt? Was ist deine Haltung?

Ich habe mich oft gefragt: Wie würde ich wohl reagieren, wenn zum Beispiel in der Fußgängerzone meiner Heimatstadt Paderborn so jemand auftreten würde und mich zur Umkehr auffordert, der meinen ganzen bisherigen Lebensalltag hinterfragen würde? Das wäre ganz schön unbequem, denn Umkehr bedeutet Veränderung. Damit tue ich mich häufig sehr schwer, wo ich mich doch so schön eingerichtet habe in meinem Leben.

Dennoch glaube ich: Es braucht schräge Typen wie Johannes – gerade noch heute. Es braucht schräge Typen, die etwas bewegen wollen, die mir den Spiegel vorhalten und mir verdeutlichen, worauf es im Leben ankommt.

Johannes hat das gemacht, indem er schließlich auf Jesus gezeigt hat: Und auch Jesus war ein schräger Typ. Der war sich nicht zu schade, sich klein zu machen und anderen die Füße zu waschen. Der hat auch den Reichen und Großen ins Gewissen geredet. Und der hat sogar sein eigenes Leben aus Liebe weggeschenkt und damit alle Weltordnung auf den Kopf gestellt. Schräg eben.

Schräge Typen gibt es übrigens immer wieder, nicht nur in der Bibel. Mir fällt da eine ganze Reihe von Leuten ein:

- Mahatma Gandhi mit seinem gewaltlosen Kampf und passiven Widerstand gegen die britischen Kolonialherren in Indien.

- Nikolaus von Flüe, ein angesehener Schweizer Bürger, der von Visionen geleitet, sich in die Einsamkeit zurückzieht und ein wichtiger Berater für sein Land wird.

- Franz von Assisi, der der Kirche den Spiegel vorhält und selbst in strenger Armut lebt.

- Maria Montessori, die die italienische Gesellschaft schockierte als sie 1896 als erste weibliche Studentin Italiens ihr Studium mit dem Doktor der Medizin abschließt.

- Nelson Mandela der es durch hartnäckigen Kampf gegen die weiße Vorherrschaft in Südafrika zum ersten schwarzen Präsidenten seines Landes bringt.

Sie alle haben unsere Gesellschafft ein wenig verändert, wachgerüttelt und nach vorne entwickelt. Ich bin überzeugt: Wir brauchen solche schrägen Typen in unserer Gesellschaft und auch in der Kirche, damit sich heute noch etwas zum Besseren bewegt – auch wenn es unbequem ist.

Musik VI

Einen guten Sonntag wünscht Ihnen Ihr Domkapitular Andreas Kurte aus Paderborn

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