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Das Geistliche Wort | 12.05.2019 | 08:40 Uhr

"Priester werden: Hilft da nur noch beten?"


Guten Morgen!

Mein Name ist Michael Menke-Peitzmeyer, ich bin Leiter des Priesterseminars im Erzbistum Paderborn. Heute ist der Welttag der geistlichen Berufe und deshalb möchte ich etwas erzählen über den Weg zum Priesterberuf. Ich mache das nicht alleine, sondern habe einen unserer Studenten gebeten, auch etwas dazu zu sagen, quasi aus seinem Leben als Priesterkandidat. Sein Name: Sören Becker

Guten Morgen!

Heutzutage über Priesterberufungen in der katholischen Kirche zu reden ist nicht leicht. Nicht nur der Missbrauchsskandal hat das deutlich gemacht, auch der seit Jahren anhaltende Rückgang der Gottesdienstbesucher und Kirchenmitglieder aber auch die Schließung vieler Kirchengebäude zeigt, wie tief die Kirche in der Krise ist. Eine Zahl aus der katholischen Kirche mag das verdeutlichen: Gab es im Jahr 2000 noch 154 Priesterweihen in Deutschland, so waren es 2018 gerade einmal noch 61. Und der Trend nach unten setzt sich fort. Niemand darf sich täuschen: Es geht steil bergab.

Andererseits stelle ich fest: Priester, Ordensschwestern, Seelsorgerinnen und Seelsorger sind nach wie vor gefragt, wenn es etwa um Beerdigungen geht, um Hochzeiten und Taufen, wenn Menschen um Rat fragen oder in Not sind.

Allein: Wie viele Menschen aus den verschiedenen Lebenssituationen kommen regelmäßig in die Sprechzimmer der Klöster, um ihre Lebensfragen auszusprechen. Für die Ordensleute an Klosterpforten ist es selbstverständlich, dass täglich Menschen auf sie zukommen mit der Bitte: „Beten sie für mich!“ oder einfach nur um eine Mahlzeit bitten.

Was wäre, wenn es dann niemanden mehr gäbe, der sich Zeit für die Menschen nimmt? Ich bin davon überzeugt: Unsere Kultur und unsre Gesellschaft wäre ärmer! Es braucht Menschen, die sich für andere Einsetzen und zwar im Namen Gottes – und auch ganz ausdrücklich.

Natürlich weiß ich auch, dass gleichzeitig hierzulande – nicht erst in der gegenwärtigen Krise – die Lebensweise von Priestern, Ordensschwestern und -brüder als überholt oder anormal angesehen wird, weil sie sich mit ihrem ganzen Leben der Nachfolge Jesu im Dienst an den Menschen verschreiben. Oft verzichten sie auf die Nähe und Geborgenheit von Ehe und Familie, um im Namen Gottes bewusst für andere Menschen da zu sein. Oft widersprechen sie den gängigen Mechanismen von Macht, Geld und Karriere in der Gesellschaft, indem sie darauf freiwillig verzichten und damit gängige Lebensentwürfe in Frage stellen. Oft stellen sie sich unspektakulär zur Verfügung und helfen dort, wo es Not tut in täglicher Treue und mit hoher Verbindlichkeit. Und ich weiß: Viele leiden darunter, dass das Ideal der Kirche angesichts von Missständen und Schuld in dieser Institution verschattet ist, auch durch eigene Fehler und Schwächen. Aber deswegen das Ideal aufgeben, Nachfolge ausschließen?

Übrigens haben nicht Menschen diese Lebensweise der Nachfolge erfunden: Jesus von Nazareth selbst hat so gelebt, dass er sich ganz und gar in den Dienst Gottes und an den Menschen gestellt hat. Mit Leib und Seele war er für die Verkündigung der frohen Botschaft da: So machte er deutlich, dass das Leben einen Sinn hat, dass es Gerechtigkeit und Frieden gibt und dass die Liebe stärker ist als Hass, Gewalt und Tod. Auch wenn Jesus selbst nicht verheiratet war, hat er die Ehe wert geschätzt. Er ist in einer Familie groß geworden. Und er hat in einer besonderen Beziehung zu Gott, seinem Vater, gelebt. Schließlich hat er Menschen zu Gott geführt und sie sogar berufen, ihm nachzufolgen. Seitdem gehen Frauen und Männern diesen Weg der Nachfolge mit dem Ziel, dass sie selbst und auch andere Menschen ein erfülltes Leben führen können. Erfülltes Leben bedeutet für mich so viel wie: im Einklang mit sich selbst zu leben – vor Gott. Jesus hat niemanden gezwungen, ihm nur auf eine ganz bestimmte Weise nachzufolgen. Wichtig war ihm nur: Wer ihm nachfolgt, soll dies ungeteilt tun, will heißen: der muss mit sich selbst einigermaßen im Reinen sein. Erst dann können er und sie auch für andere da sein und so bezeugen, dass Gott ein Herz für alle Menschen hat.

Jesu nachzufolgen ist eine Herausforderung – ob als Christin oder Christ mit einer allgemeinen Berufung oder als Ordensfrau, Ordensmann oder Priester. Ich persönlich bin als Priester und Verantwortlicher für die Ausbildung künftiger Priester dankbar, dass es immer wieder Menschen gibt, die sich auf diesen besonderen Weg machen und der Spur Jesu folgen. Gewiss: Es sind nur wenige, aber ich bin überzeugt: In ihnen wirkt Gott auch heute noch. Sein Geist macht ihr Leben „geistlich“. So können sie als Geistliche leben und wirken: für andere und mit anderen. Die Menschen, die so zu leben versuchen, bleiben Menschen mit Fehlern, Schwächen und Grenzen. Allein Gott weiß, was er durch sie heute und morgen wirken will. Darauf kommt es an. In einem geistlichen Beruf leben – das ist heute mehr denn je ein Wagnis der Liebe, ein regelrechtes Abenteuer.

Einer von ihnen, Sören Becker aus dem Sauerland, hat sich 2013 in Paderborn auf den Weg gemacht, um Priester zu werden. Bald steht nach seinem Studienabschluss die endgütige Lebensentscheidung an. Ich finde interessant, was er heute am Tag der geistlichen Berufe selbst zu sagen hat und was er aus seinem Leben erzählt:

Sören Becker: "Ich bin in recht einfachen Verhältnissen groß geworden. Probleme unterschiedlichster Art prägten mein Elternhaus. Nach dem Abitur habe ich mich zunächst entschieden, Jura zu studieren. Dabei habe ich Gott völlig aus den Augen verloren. Trotz meines Erfolgs im Studium bin ich in eine Lebenskrise geraten. In einem Moment der Hoffnungslosigkeit bin ich dann Jesus Christus neu begegnet. Er, der meine große Jugendliebe war, ohne den eigentlich nichts lief – er ist mir treu geblieben und hat mich aus dieser schwierigen Situation herausgeführt. Mir wurde auf einmal klar: Das, was ich damals als Jugendlicher schon insgeheim gespürt hatte, ist kein Fake – er meint es wirklich ernst mit mir und lässt nicht locker. Und so bin ich schließlich ins Priesterseminar eingetreten…

Fast sechs Jahre Theologiestudium liegen jetzt hinter mir. Mit Höhen und Tiefen. Und klar, natürlich habe ich mich in dieser Zeit auch mal verliebt. Aber da war etwas anderes stärker, was mich auf diesem Weg zum Priestertum weitergehen ließ. Es ist das Gebet. Oft sagt man ja so salopp: „Da hilft nur noch beten!“ Aber dahinter steckt für mich eine tiefe Wahrheit: Das Gebet ist für mich eine Art Klammer um das Priester-Werden. Es geht ja um die Beziehung zu Jesus Christus, die im Gebet gepflegt wird. Ich kann es nur so sagen: Ich erfahre Freude darin und die gibt mir die Kraft, Hindernisse zu überwinden. Besonders im stillen Gebet am Morgen und Abend sind es Momente, wo ich einfach Ich sein darf. Wo ich einfach vor IHM, vor Gott da sein darf, ohne irgendetwas leisten zu müssen. Wo ich spüre, dass er es wirklich gut mit mir meint und ich auf dem richtigen Weg bin. Auf dem Weg, von dem ich überzeugt bin, dass Er mich weiterführt.

Wenn jemand bereit ist, sich auf die Nachfolge Jesu einzulassen, gilt er oder sie schnell als Exot, vor allem wenn es ausdrücklich geschieht als Ordensfrau, Ordensmann, Priester, Seelsorgerin und Seelsorger: nicht nur unter Gleichaltrigen, sondern auch in der eigenen Familie, oft auch mitten in der katholischen Kirche. Unabhängig davon, in welcher Lebensform ich dabei unterwegs bin, stellt sich doch die Frage: Warum lohnt es sich für mich heute, diesen Weg einzuschlagen?

Sören Becker hat den Weg eingeschlagen, Priester zu werden. Für ihn ist dabei wichtig:

"Ich kann mit anderen Menschen gemeinsam auf dem Weg des Glaubens sein, um dabei das Wirken Gottes im Leben jedes einzelnen zu entdecken. Für mich gibt es nichts Schöneres. Gott ist immer schon da, auch wenn wir manchmal blind sind für ihn. Ich möchte als Priester ähnlich wie ein Optiker Menschen dabei helfen, wieder „besser“ sehen zu können und zwar Gott besser sehen zu können in ihrem Leben als einen treuen und barmherzigen Gott, bei dem sie immer wieder neu anfangen dürfen, so wie auch ich es durfte. Einen liebenden Gott, der sie aus der Dunkelheit ins Licht führen will, so wie er es bei mir getan hat. Ja, ein Gott, der nicht nur meine, sondern unser aller Freude ist."

In die Nachfolge Jesu treten, ob als einfacher Christ oder als Ordensfrau, Ordensmann, als Seelsorgerin, Seelsorger als Priester; neben dem Zeugnis des jungen Theologiestudenten Sören Becker kann ich als Priester und Ausbilder von Priestern sagen:

Ohne die stille Kraft des Gebets wird es wohl kaum gelingen, das Bewusstsein für die Tiefenschichten dieses wichtigen Dienstes für die Menschen wachzuhalten. Darüber hinaus steht für mich fest: Das Beten um geistliche Berufe lebt von der Gewissheit: Nicht wir Menschen berufen Menschen in die besondere Nachfolge, und nicht wir sind es, die die Kirche und unsere Welt retten. Das kann allein Gott bewirken. Aber er braucht und will unsere tätige Mithilfe: auch mein und auch ihr Interesse und Wohlwollen und – ich sage es aus voller Überzeugung: Es braucht mein und ihr Gebet.

Ich vertraue auf die sanfte Macht des Gebets, damit heute und morgen noch Menschen den Ruf Gottes hören und ihm folgen. Einen gesegneten Sonntag wünschen Ihnen aus Paderborn

Michael Menke-Peitzmeyer und Sören Becker


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