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Kirche in WDR 5 | 16.04.2019 | 06:55 Uhr
Petrus
„Petrus“
Petrus aus Kapharnaum am See Genezareth. Verheiratet, wahrscheinlich Familienvater, von Beruf Fischer. Jesus trifft ihn beinahe zufällig, ruft ihn in seine Nachfolge, macht ihn zum Jünger. Gemeinsam mit dessen Bruder Andreas und zehn anderen Männern.
Sofort lässt Petrus alles hinter sich liegen und folgt Jesus. Er zieht mit ihm durchs Land, hört ihm aufmerksam zu, fragt nach, diskutiert. Petrus ist schnell zu begeistern, gehört gemeinsam mit Jakobus und Johannes zu den drei wichtigsten Jüngern, die Jesus überall hin mitnimmt. Menschenfischer soll er werden. Und Jesus traut ihm allerhand zu: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen“, verheißt er ihm. Als erster erkennt Petrus, dass Jesus der Messias ist, bekennt sich nicht nur vollmundig, sondern immer auch ein bisschen voreilig. Petrus schießt in manchen Momenten übers Ziel hinaus, in manchen bleibt er wohl hinter dem zurück, was Jesus in ihm gesehen hat. Ob Petrus selber wusste, was für ein lavierender Fels er war?
Besonders nahe gehen mir die Szenen in den Passionsgeschichten. Auch hier begegne ich einem Petrus, der hin- und hergerissen ist zwischen Begeisterung und Versagen, Mut und Angst. Im Garten Gethsemane, nach dem Letzten Abendmahl, wird Petrus müde und schläft ein, seine Kollegen sind auch nicht besser. Sie lassen ihren besten Freund in seiner Angst allein, was für Versager. Doch als Jesus verhaftet wird, greift Petrus zum Schwert und schlägt dem Diener des Hohepriesters das rechte Ohr ab. Später aber, im Hof des Hohepriesters, verleugnet Petrus seinen Messias, und zwar gleich dreimal. „Auch du warst mit diesem Jesus zusammen“, behauptet jemand. Und wieder: „Der war auch mit Jesus von Nazareth!“ Und noch einmal: „Wirklich, auch du gehörst zu ihnen!“ Jedes Mal leugnet Petrus. Und verstrickt sich sogar weiter in seine Lügen, legt noch einen drauf, beginnt zu fluchen. Dann kräht der Hahn. Und Petrus denkt an das Wort Jesu: „Ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ Petrus geht hinaus und weint bitterlich.
„Ehe der Hahn kräht“, sagt Jesus. Ich denke da an das Sprichwort: „Nach dem kräht kein Hahn mehr.“ Damit ist nicht Petrus gemeint, sondern Judas. Der verrät Jesus, aber als er begreift, was er da angerichtet hat, tut es ihm leid und er begeht Selbstmord. Nach Judas kräht kein Hahn mehr, nach dem Verrat ist endgültig Schluss. Aber nach Petrus kräht ein Hahn, die Verleugnung ist nicht das Ende. Als später der Auferstandene seinen Jüngern erscheint, fragt er seinen Chefapostel Petrus dreimal: „Liebst du mich?“ Damit will er ihn sicher nicht beleidigen. Aber, dass Jesus den Petrus damit an das dreimalige Verleugnen erinnert, das liegt nahe. Bei Jesus ist keine Sünde zu groß, die Freundschaft mit ihm hält fast alles aus, er lässt seinen Petrus nicht fallen.
„Der war auch mit Jesus aus Nazareth“, sagt die Magd im Hof des Hohepriesters, bevor der Hahn dem Petrus nachkräht. Ich wünsche mir, dass man das auch von mir sagen kann. Ich möchte gerne ein zuverlässiger Jünger sein, gegenwärtig und wach, aber ich bin es nicht. Denn ich bin ein Mensch mit Macken und Kanten. Mal weiß ich, was ich will, mal nicht. Mal bin ich begeistert, mal nicht. Meistens kann man sich auf mich verlassen, aber ich habe auch schon so manchen enttäuscht. Ich bin kein Heißsporn wie Petrus, aber manchmal laviere auch ich hin und her. In meiner Gemeinde fällt es mir leicht, mich zu Jesus zu bekennen, aber oft weiche ich auch aus. „Der war auch mit Jesus aus Nazareth“, das kann man getrost auf meinen Grabstein schreiben. Denn ich bin wie Petrus. Ich weiß nicht, ob ich am Ende meines Lebens mit mir selber zufrieden sein werde. Wahrscheinlich eher nicht. Aber ich hoffe, dass Gott dann mit mir zufrieden sein wird. Und alles ergänzt, was schiefgelaufen ist. Ich habe zwar nicht verraten. Aber habe ich verleugnet?
Dass eines neuen Ostermorgens wenigstens ein Hahn nach ihm kräht, hofft Pfarrer Stefan Jürgens aus Münster.