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Kirche in WDR 5 | 14.05.2019 | 06:55 Uhr

Europa - getragen vom Geist der Versöhnung


Europa wählt. Was das mit „Kirche im WDR“ zu tun hat? Möchte ich Ihnen gerne erzählen…

Denn nach ziemlich genau 30 Jahren war ich jetzt wieder in Breslau. Beim ersten Mal, damals, 1988, war ich entsetzt. Alles grau. Von den Häusern platzte der Putz. Die Kirchen waren kalt und dunkel. Der gelb-braune Rauch aus den Kaminen ließ die Stadt nach Schwefel riechen. Und die wenigen Menschen auf den Straßen bewegten sich schnell und hielten die Köpfe gesenkt. Heute aber ist Breslau bunt. Hell. Lebendig. Statt Schwefelgeruch kann ich Bratwurst riechen und wenige Schritte weiter dann frisch gebackene Waffeln. Ich sehe in lachende, in fröhliche Gesichter. Und ich bin überwältigt von der Schönheit der farbenfrohen Fassaden und prächtigen Kirchen.

Als ich aus der Sandkirche herauskomme und ein paar Schritte gehe, stehe ich plötzlich vor einer mehr als 4 Meter hohen Statue. Bischof Komenik, wie ich den halbkreisartig angelegten Steintafeln am Fuß der Statue entnehmen kann. Und ich lese den Satz, mit dem dieser Bischof in die Geschichte eingegangen ist, der mich zu Schulzeiten schon gerührt hat – und der mich auch jetzt wieder berührt: „Wir vergeben und bitten um Vergebung.“

Ich muss schlucken. Denn: dieser Satz gilt uns Deutschen! Wenige Wochen zuvor bin ich noch mit einer Gruppe junger Menschen etwas weiter nördlich gewesen, in Oswiecim, also in Auschwitz. Und vor ein paar Tagen erst habe ich mit einem Freund jenen Ort besucht, von dem er zum Ende des Zweiten Weltkrieges vertrieben worden war. Ich frage mich, welche Größe die polnischen Bischöfe damals, 1965, gehabt haben mussten, als sie diese Worte an ihre deutschen Amtsbrüder richteten. Der Brief der polnischen Bischöfe an die Deutschen – das war und ist ein Zeugnis des lebendigen Europas, unter dem Eindruck des Kalten Krieges, 20 Jahren nach Ende des 2. Weltkriegs: Wie weit musste das Herz dieser Bischöfe gewesen, um jene Gräuel vergeben können, unter denen Millionen Polen gelitten hatten. Und wieviel Demut muss es erfordert haben, gleichzeitig um Vergebung bitten zu können für das, was umgekehrt den Deutschen angetan worden war? Welche Weitsicht mussten diese Bischöfe gehabt haben – nicht nach Ursache und Wirkung zu fragen, nicht nach Schuld zu suchen, sondern nur Vergebung zu wollen? Welches Vertrauen müssen diese Männer gehabt haben, dass der Geist der Versöhnung stärker ist als die Geister der Vergangenheit?

Ich schaue mich um. Wie lebendig Breslau heute doch ist. So jung. So frisch. So lebensfroh. Ich blicke auf die Statue. Und ich weiß: Europa ist nicht jung. Europa ist nicht strahlend schön. Sondern Europa ist alt. Es ist verbraucht. Verletzt. Und unsere Geschichte schmerzt. Sie hat Narben hinterlassen – die auch heute noch sichtbar sind. Vergessen wird da nicht möglich sein. Vielleicht darf es das auch gar nicht. Aber dann sehe ich auf die Taube, die der Künstler auf die rechte Hand der Bischofs-Statue gesetzt hat. Und ich bin dankbar, dass es offenbar immer wieder Menschen gibt, die den Kern der christlichen Botschaft ernst nehmen: Dass wir anderen ihre Schwächen und Fehler nicht vorhalten – weil wir uns unserer eigenen Unzulänglichkeiten bewusst bleiben. Dass wir vergeben können – weil auch wir immer wieder um Vergebung bitten dürfen.

Mir ist bewusst, dass viele damals kein Verständnis für die Geste der polnischen Bischöfe hatten. Aber mir scheinen es Gesten wie diese zu sein, die die Fundamente vergegenwärtigen, auf denen Europa gebaut ist. Und ich bin überzeugt: Der Geist, die Haltung, die die polnischen Bischöfe damals vor mehr als 50 Jahren zum Ausdruck gebracht haben – die ist eine der tragenden Säulen für unsere gemeinsame Zukunft in Europa.

Dass auch Sie immer wieder Menschen mit dieser Haltung begegnen – das wünsche ich Ihnen. Ihr Diakon Claudius Rosenthal aus Altenwenden.

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