Beiträge auf: wdr5
Das Geistliche Wort | 20.06.2019 | 08:40 Uhr
DIESER BEITRAG ENTHÄLT MUSIK, DAHER FINDEN SIE HIER AUS RECHTLICHEN GRÜNDEN KEIN AUDIO.
Jeremias Vertrauen
Musik:
Weihnachtsoratorium, Am 1. Weihnachtsfeiertag, Chor, Jauchzet frohlocket,
BWV 248, CD: Bach: Weihnachtsoratorium, Track: 01, Musik: Bach, Johann
Sebastian, Text: Henrici, Christian Friedrich, Label: HARMONIA MUNDI FRANCE
(07045), EAN: 794881399727
Autor:
Guten Morgen! Nein, Sie haben sich nicht verhört. Sie hören den Anfang des
Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach.
Bis Weihnachten ist noch ein halbes Jahr Zeit.
Zum Glück.
Aber trotzdem begeistert Bachs Weihnachtsoratorium
zu jeder Zeit. Auch heute. Hunderttausende Menschen, gläubige Christen und Fans
klassischer Musik kommen Jahr für Jahr in Kirchen und Konzertsäle. Die Musik
von Solisten, Chor und Orchester fasziniert auch mich immer wieder. Die
Botschaft von Weihnachten – dass Gott Mensch wird – ist selbst für Theologen
nicht leicht zu verstehen. Die Musik aber gibt diesem Thema Glanz, Majestät und
Leichtigkeit.
In einem Oratorium wird eine Geschichte in
Musik gegossen. Schon seit der Antike gibt es Oratorien. Ihren Höhepunkt hatten
sie im 17. und 18. Jahrhundert. Damals sind es meist christliche Erzählungen,
die musikalisch bearbeitet werden. Am bekanntesten sind sicher die
Weihnachtsoratorien. Aber auch Passionsoratorien, die die Geschichte vom Leiden
Jesu erzählen, sind in der Zeit beliebt. Immer mal wieder gibt es auch moderne
Oratorien. Zum Beispiel 2017, das Poporatorium von Dieter Falk über das Leben
Martin Luthers.
Musik: Wer ist Martin Luther?, CD: Pop-Oratorium Luther, Track: 01, Musik: Falk, Dieter, Text: Kunze, Michael, Label: PANORAMA (30351), Bestellnummer: 4796318
Autor: Pfarrer Manuel Schilling aus Minden ist begeistert von der Möglichkeit, die ein Oratorium bietet. Er sieht die Chance, eine seiner Lieblingsgeschichten aus der Bibel ganz neu erlebbar zu machen.
O-Ton Schilling: Ich habe schon als Kind die Geschichten des Jeremia geliebt. Die Jeremia-Geschichte selber ist eine der eindrucksvollsten in der Bibel und zu Unrecht völlig unbekannt. Das war für uns die große Chance, denn kein Mensch hat das bis jetzt künstlerisch bearbeitet. Und ja ein Oratorium oder ein Theaterstück gab es noch gar nicht. Wir haben das dann gemeinsam beschlossen, dass wir ein Oratorium als Szenisches Oratorium entwickeln. Das heißt wo wir eine dramatische Geschichte, auch als reduziertes Theater auf die Bühne bringen, verbunden mit einer Musik oratorischen Ausmaßes, wie man das in der Klassik eben auch kennt.
Autor:
Schon vor zwei Jahren hatte Pfarrer Schilling
Erfahrungen mit einem solchen Projekt gesammelt. Damals war das Thema die
Reformation, ganz ähnlich wie im Pop-Oratorium von Dieter Falk über Martin
Luther. Allerdings eine Nummer kleiner. In einem Reformationsspiel, wie
Schilling es selbst nennt, haben Konfirmanden und ein Singkreis aus Minden die
lokale Reformationsgeschichte der Stadt aufgenommen.
Und dieses Jahr soll es Jeremia sein. Jeremia?
Wer war das noch gleich? Das hat sich auch der sechzehnjährige Lukas Laden
gefragt.
O-Ton Lukas Laden: Ich musste da dann auch erstmal nachgucken, wer ist das. Man überblättert das ja meistens so. Also im Alten Testament fünf Bücher Mose liest man immer ganz gerne. Stehen schöne Geschichten drin, dann blättert immer eigentlich weiter vor zu den Evangelien. Das überschlägt man so und von daher, ja, es war schon eine Umgewöhnung, das jetzt dann zu lesen.
Autor: Lukas Laden ist Jugendmitarbeiter der evangelischen St. Marien-Kirchengemeinde in Minden. Pfarrer Manuel Schilling überrascht die Jugendlichen vor gut einem Jahr mit der Idee ein Oratorium aufzuführen. Die kennen die immer neuen Ideen ihres Pfarrers und lassen sich darauf ein. Bei einem Stück Pizza wird damals der erste Entwurf des Pfarrers genau unter die Lupe genommen, wie Lukas erzählt. Was nicht passt wird geändert. Von der Idee sind aber alle begeistert.
Musik: The heart asks pleasure first, CD: Mystic spirits Vol 5, Track: 02: Musik: Nyman, Michael, Label: Zyx-Records (06350), Bestellnummer: 81402-2
Autor: Jeremia ist ein Prophet. Er soll im siebten Jahrhundert vor Christus gelebt haben. In der Bibel gibt es ein Buch, das seinen Namen trägt. Die Texte in diesem Buch soll er selbst verfasst haben. Sehr genau beschreibt Jeremia seine Zeit. Politik, Gesellschaft und Religion sind seine zentralen Themen. Als Prophet sieht er seine Aufgabe darin, die Menschen zum Glauben und zu Gott zurückzuführen. Er deckt Missstände auf und klagt sein Volk an. Jemand der die Wahrheit direkt ausspricht; der nicht schönredet – das war Jeremia. Natürlich macht man sich so nicht nur Freunde. Aber gerade das fasziniert Lukas Laden, der im Stück in die Rolle Jeremias schlüpft.
O-Ton Lukas: Das Spannende an Jeremia ist eigentlich, dass er ganz schön viele Sachen zu Leuten sagt, die nicht so schön sind. Er macht zwar das, was Gott will, aber die Leute, die wollen das nicht und die drohen ihm sogar mit dem Tod. Und das finde ich sehr spannend, dass er sich gegen alle Widerstände trotzdem zu Gott bekennt und darauf vertraut. Ich kann schon vorwegnehmen, am Anfang knallt’s richtig zwischen den beiden, aber er sagt dann: Okay, ich mache dann halt wie du willst. Und dann ist das zum Ende hin dann doch eine ganz vertrauensvolle und nette Beziehung.
Autor: Ein Mensch mit starkem Gottvertrauen muss dieser Jeremia gewesen sein. Ihm ist es egal was die anderen über ihn denken. Sogar als sie ihn töten wollen, vertraut er weiter auf Gott. Als Prophet ist es seine Aufgabe den Menschen den Spiegel vorzuhalten und den Willen Gottes zu verkünden. Dieses Vertrauen ist es, dass Lukas Laden und Pfarrer Manuel Schilling so an Jeremia begeistert.
Musik: The heart asks pleasure first, CD: Mystic spirits Vol 5, Track: 02: Musik: Nyman, Michael, Label: Zyx-Records (06350), Bestellnummer: 81402-2
Autor:
Jeremia passt in unsere Zeit, hier und heute. Und er passt zum Evangelischen
Kirchentag nach Dortmund, der in diesen Tagen stattfindet. Unsere Gesellschaft
braucht Menschen, die Probleme ansprechen. Die mit Gottvertrauen gegen
Missstände und Widerstände antreten. Für Pfarrer Schilling war klar, die Geschichte
von Jeremia muss erzählt werden. Oder noch besser: gesungen werden.
So hat Manuel Schilling Mitstreiter gesucht.
In seiner Gemeinde kann er neben den Jugendmitarbeitern, auch die Kinder und
Jugendlichen des Jugendchors und Kirchenmusikerin Anna Somogyi begeistern. Die Hochschule
für Kirchenmusik der Evangelischen Kirche von Westfalen in Herford unterstützt
das Projekt: Professor Hildebrand Haake übernimmt die musikalische
Gesamtleitung und leitet den Hochschulchor. Für die Komposition können Dennis
Meyer und Martin Brenner aus Köln gewonnen werden. Sogar eine Gruppe Kinder,
die aus Krisengebieten nach Deutschland geflohen sind, beteiligen sich. So verschieden
wie sie sind – alle wachsen in dem Projekt nach und nach zusammen. Irgendwann
steht der Text, ist die Musik komponiert. Die unterschiedlichen Gruppen üben
ihre Stücke. Zuerst noch jede für sich. Dann kommt es zu einem ersten Treffen
aller Beteiligten in Herford.
Atmo: Chorprobe
Autor:
Studenten treffen Kinder. Professioneller klassischer Chorklang trifft den Jugendchor
der Gemeinde. Theater trifft Musik. Hochkultur trifft Popkultur. Alle verbindet
die Leidenschaft zur Musik.
Johanna, Helene und Tim singen im Jugendchor
der Gemeinde Minden. Musik ist für sie ein ganz wichtiger Teil von Kirche und
Gottesdienst.
O-Ton-Collage Johanna, Helene, Tim: (Johanna) Ich finde es schön, wenn man sich beim Singen einfach öffnen kann. (Helene) Ich finde das eigentlich ganz schön, dass man sich dann auch mal was Anderes außer sitzen und immer so die Predigten und so anhören sollen. Und auch mal selber was zu singen oder sowas. Und das befreit dann auch finde ich ein bisschen. (Tim) Ich finde, dass die Lieder im Gottesdienst die Geschichte in der Bibel erklären indem man es singt. Nicht indem jemand es stumpf vorliest, sondern auch mit anderen Tönen oder sowas.
Autor:
Die drei sind sich einig: Musik und Gottesdienst gehören einfach zusammen.
Kirchenmusik ist eine andere Art die biblischen Geschichten zu erzählen und zu
verstehen.
Sie geht ins Ohr, vibriert,
geht unter die Haut, setzt Gefühle frei. Musik ist gewissermaßen Gottesdienst
für die Ohren, wie Kirchenmusikerin Anna Somogyi sagt:
O-Ton Somogyi: Ich würde das so formulieren, Musik ist ein Mittel der Verkündigung. Und zwar ein sehr wichtiges Mittel und sehr gutes Mittel für Leute, die das Wort anders aufnehmen würden. Also mit Musik erreicht man manchmal bei Leuten viel mehr also ohne, als mit dem Wort. Ganz einfach und ich denke, ich habe schon viele Leute in der Gemeinde ansprechen können dadurch, dass ich Musik mache.
Musik: Hallelujah, CD: Grace, Track: 06, Musik/Text: Cohen, Leonard, Interpret: Buckley, Jeff, Label: CHRYSALIS (01626), Verlag: Stranger Music, EAN: 5099747592829
Autor: Begeistert in einem großen Team die Geschichte von Jeremia unter die Leute bringen. Zu Hause und auf dem Kirchentag in Dortmund. Das ist für die meisten sicher unvergesslich. Auch wenn bei der ersten Probe noch nicht jeder Ton sitzt und das Zusammenspiel der einzelnen Gruppen noch etwas holprig ist, wird am Ende etwas Tolles entstehen. Darauf vertrauen alle. Diese Botschaft des Jeremia, für eine gute Sache auch mal gegen den Strom zu schwimmen, und sein Gottvertrauen will Pfarrer Manuel Schilling weitergeben.
O-Ton Schilling: Das Vertrauen auf Gott zu behalten und gleichzeitig die Probleme unserer Zeit nüchtern zu benennen. Dafür auch Widerstand und Misserfolg einzukalkulieren und auf sich zu nehmen. Das alles mit der Hoffnung, dass Gott letztlich die Geschichte zum Guten wendet. Auch mit Gott zu streiten. In den eigenen Widerstand zu präsentieren, in der Hoffnung, dass er hört. Das ist für mich Vertrauen und davon redet ja auch das Motto des evangelischen Kirchentages.
Autor: Und deshalb passt das Jeremia-Oratorium perfekt auf den Kirchentag nach Dortmund. Heute Abend wir es um 20:00 Uhr in den Stiftskirche St. Clara in Dortmund-Hörde aufgeführt.
Einen gesegneten Feiertag und einen schönen Kirchentag wünscht ihnen Rundfunkpfarrer Oliver Mahn aus Köln.
Musik: Gottes Kinder, CD: Pop-Oratorium Luther, Track: 10, Musik: Falk, Dieter, Text: Kunze, Michael, Label: PANORAMA (30351), Bestellnummer: 4796318