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Kirche in WDR 5 | 19.06.2019 | 06:55 Uhr
Weiter Raum – Manfred Schwarz
Autorin: Guten Morgen! Eine besondere Liebe seines Lebens hat für Pfarrer Manfred Schwarz in Dortmund begonnen. 1963.
O-Ton Manfred Schwarz: Das war mein erster Kirchentag, den ich miterlebt habe. Ich gehörte zur jungen Gemeinde Ottweiler. (…) Ich war Internatsschüler und für uns war die Kirchengemeinde der Zufluchtsort. Da durften wir abends aus dem Internat raus, um dort zu arbeiten.
Autorin: Und diese junge Gemeinde Ottweiler im Saarland hatte sich vorgenommen…
O-Ton Manfred Schwarz: …einen Jugendgottesdienst beim Kirchentag zu gestalten. Wir waren in der Petrikirche. …und das Ganze war voll besetzt und als der Gottesdienst zu Ende war, musste er sofort wiederholt werden, weil eine große Menge vor der Tür stand,…
Autorin: …und diesen Gottesdienst auch erleben wollte. Eine Podiumsdiskussion – noch ein wenig gestellt mit vorbereiteten Texten. Und mit auf dem Podium der Internatsschüler Manfred Schwarz. Anschließend geht es mit dem Gottesdienst auf Tournee in verschiedene Gemeinden. Beim Wegfahren sagen sie sich:
O-Ton Manfred Schwarz: Jetzt haben wir hier wieder ein Bäumchen gepflanzt und das wird wachsen und irgendwann ist es was ganz Schönes.
Autorin: Und noch etwas nimmt der Schüler Manfred Schwarz mit. Am Ende des Kirchentages vor fast 60 Jahren erhalten alle Teilnehmenden…
O-Ton Manfred Schwarz: …so ein kleines Säckchen mit Kohle. Und das war so die Erinnerung an das Ruhrgebiet und dieses kleine Säckchen mit Kohle ist mit mir durch mein Studium gewandert und bis hierhin wieder nach Dortmund zurückgekommen,…
Autorin: Bei dem Schlussgottesdienst 1963 auf der Rennbahn in Dortmund-Wambel sind 350.000 Kirchentagsbesucher dabei.
O-Ton Manfred Schwarz: Ich weiß auch noch, wo ich stand.
Autorin: Das zeigt Manfred Schwarz mir auf einem großen schwarz-weißen Panoramabild. Es hängt in seinem Büro, dem so genannten Kirchentagszimmer. Dieser Kirchentag…
O-Ton Manfred Schwarz: Das war der Beginn einer wunderbaren Reise, ich habe danach nur noch einen einzigen Kirchentag, den in Nürnberg 79, verpasst und alle anderen mitgemacht in unterschiedlichen Funktionen.
Autorin: ...die ihn bis ins Präsidium des Kirchentags geführt haben. Mehrere Jahrzehnte hat der Pfarrer im Ruhestand viele Kirchentage mit vorbreitet, auch den, der heute in Dortmund beginnt. Was ihm wichtig ist, wenn er auf diese Zeit zurückblickt:
O-Ton Manfred Schwarz: Ich habe in Frankfurt eine wunderbare Bibelarbeit gehört zu dem Bibelvers „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“. Das war als wenn mir jemand dieses Motto sozusagen in mein Lebenstagebuch geschrieben hat. (…) „Du stellst meine Füße auf weiten Raum“. So erlebe ich meinen Alltag in der Kirche (...), dass das aus einer Engführung hinausgeht ins Weite und dass da Platz ist für vieles, was im Leben geschieht.
Autorin: Und deshalb engagiert sich Pfarrer Manfred Schwarz für benachteiligte Kinder und Geflüchtete. Vor allem bei Amnesty International ist er seit 1991 tätig. Und hat beim damaligen Ruhrgebietskirchentag in Dortmund mit Margot Käßmann zum ersten Mal ein politisches Nachtgebet moderiert.
O-Ton Manfred Schwarz: Das war immer ein Ort, an dem wir darüber nachdenken konnten, dass neben unserer geordneten Welt im Großen und Ganzen es eine andere Welt gibt, in der eben kaum etwas in Ordnung ist. In der Menschen leiden, in der Menschen unterdrückt sind, in der Menschen hungern und dass wir einen kleinen Beitrag dazu leisten können, dass das anders wird. Auch indem wir unser Bewusstsein verändern.
Autorin: Diese politischen Nachtgebete haben das Bewusstsein derer, die dabei waren, erweitert und ihren Alltag verändert. Die evangelischen Kirchentage sind wie eine große Liebe: Packen sie einen einmal, dann prägen sie das gesamte Leben. Bis zum nächsten Kirchentag. Heute beginnt einer. In Dortmund.
Es grüßt Sie, Petra Schulze, Rundfunkpfarrerin in Düsseldorf.