Beiträge auf: wdr5
Kirche in WDR 5 | 12.10.2019 | 06:55 Uhr
Nie wieder!
„Nie wieder!“ haben die Deutschen geschworen, als 1945 ihr Land in
Trümmern lag. Nie wieder sollten Jüdinnen und Juden hier in Angst leben
müssen.
„Nicht schon wieder“, stöhnten wir, als wir in der Schule schon wieder über den Nationalsozialismus sprachen.
Einen „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte nannte unlängst ein Politiker diese Zeit.
„Nie
wieder!“ schwören nach den Morden von Halle viele Menschen in diesem
Land, in dem es gefährlich ist, mit einer Kippa auf dem Kopf vor die Tür
zu gehen.
„Kol nidrei…“ haben Jüdinnen und Juden am Jom
Kippur, am Tag des Anschlags gebetet. „Nideranah la Nidrej. Uschvu’atana
la schevuot.“
„Unsere Schwüre seien keine Schwüre, unsere Gelübde keine Gelübde.“
Eine
Absage an alle Versprechen, alle Schwüre, alle Gelöbnisse und Gelübde,
die in den nächsten zwölf Monaten unbedacht und folgenlos daher gesagt
werden.
Ein Echo der Worte aus der Hebräischen Bibel:
„Wenn du
dem HERRN, deinem Gott, ein Gelübde ablegst, so sollst du es ohne Verzug
erfüllen, denn der HERR, dein Gott, wird es sonst von dir einfordern,
und es trifft dich Strafe.“
„Ihr sollt überhaupt nicht schwören“, sagt Jesus.
Auch heute nicht.
Wer ein Land will, in dem Synagogen nicht zu Orten des Terrors werden, soll nicht schwören. Sondern etwas dafür tun.
Zum Beispiel:
Widersprechen,
wenn alte Stammtischparolen über „die Juden“ hervorgeholt werden –
egal, ob auf der Geburtstagsfeier des Onkels, in dem
Lieblings-Restaurant, der altlinken Stammkneipe oder auf der Arbeit.
Einschreiten,
wenn auf offener Straße Menschen angefeindet werden. Ihnen einen
Sitzplatz anbieten oder eine Kippe oder einen Kaffee.
Politiker
abwählen, deren Spitzenvertreter das Holocaust-Mahnmal als „Denkmal der
Schande“ bezeichnen und die den so genannten "Einzeltätern" das Gefühl
geben, mit ihren Taten eine Mehrheit hinter sich zu haben.
Wer ein Land will, in dem Synagogen nie wieder zu Orten des Terrors werden, soll nicht schwören. Sondern etwas dafür tun. Jetzt.
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius