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Kirche in WDR 5 | 11.11.2019 | 06:55 Uhr
Mantelteilung
Musik: Bläck Fööss, Refrain von „Drink doch eine met“:
Drink doch eine met, stell dich nit esu aan!
Du steis he de janze Zick eröm.
Häs de och kei Jeld, dat es janz ejal.
Drink doch met un kümmer dich nit dröm.[1]
Heute, am 11.11., ist Karnevalsbeginn, und dazu ein Schlager der Kölner Band Bläck Fööss.
Sorry, liebe Rheinländer, aber da müssen Sie jetzt durch, dass gerade ich als Ostwestfale ein aufbauendes Wort sage. Dabei sind auch wir Westfalen gesellig und gerne dabei, wenn es darum geht, einen trinken zu gehen – nicht nur in der Karnevalssaison. Das ist ja der Clou dieses Karnevalslieds: Es gilt eigentlich das ganze Jahr, denn es geht um das kleine Wörtchen „mit“. Auch der soll mit-trinken, der kein Geld hat! Das spricht doch für eine ausgesprochen generöse Haltung des Gebens und Schenkens.
Und damit bin ich in gewisser Weise mitten in der Tradition des heutigen Tagesheiligen, des heiligen Martin von Tour. Denn wenn es einen gibt, der exemplarisch für das Teilen steht, dann ist er das zweifellos: jener römische Offizier, der von seinem hohen Ross heruntersteigt, um einem frierenden Bettler die Hälfte seines Mantels zu geben. In der darauffolgenden Nacht, so erzählt die Legende, sei Martin im Traum Christus erschienen, bekleidet mit der hergeschenkten Mantelhälfte. Eine eindrucksvolle Erzählung, die an Jesu Gebot erinnert (Mt 25,40): „Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“.
Diese Szene der Mantelteilung wirkt bis heute nach, nicht nur als Theaterstück für Kinder, wenn viele von ihnen am Abend mit ihren selbstgebastelten Laternen hinter Martin und seinem Pferd durch die Straßen ziehen. Denn dabei verinnerlichen sie gewissermaßen en passant eine der wichtigsten Grundregeln christlicher Sozialethik: Wer hat, der soll auch geben. Was in dieser schlichten Beispielhandlung der Mantelteilung so selbstverständlich rüberkommt: dass man teilen soll, wenn man einen Armen sieht, ist eine bleibende Herausforderung für jeden Christenmenschen. Denn im Armen zeigt sich Christus.
Der heilige Martin kann auch heute noch für uns ein Vorbild sein. Denn in seiner spontanen Tat, sich von der Not des anderen anrühren zu lassen und ihm auf Augenhöhe zu begegnen – dazu musste er nun einmal von seinem hohen Ross heruntersteigen –, lässt sich gewissermaßen ein Dreiklang sozial-caritativer Spielregeln lernen:
·
Martin nimmt
seine Umgebung wahr und schaut nicht weg, wo ihm der andere in seiner
Bedürftigkeit begegnet;
·
Martin
erklärt sich für zuständig und legt selbst Hand an, und wartet nicht erst bis
professionelle Hilfe kommt und das Problem grundsätzlich angegangen wird;
·
Martin gibt
nicht im Überschwang der Gefühle alles weg, so dass er am Ende selbst halbnackt
dasteht und zum Versorgungsfall wird. Er teilt, was er hat, nicht mehr, aber
auch nicht weniger. Und, o Wunder: es reicht für beide.
So kann das Beispiel der Mantelteilung unbemerkt zum Lebensprogramm werden. Und wem die Martinsregel doch etwas zu wenig vom Karneval inspiriert erscheint, der höre einfach noch mal auf die Philosophie der Bläck Fööss, die mit ihrer schlichten Großzügigkeit den Nagel auf den Kopf getroffen haben.
Ich bin Peter Klasvogt aus der westfälischen Kommende in Dortmund.
Musik: Bläck Fööss, Refrain von „Drink doch eine met“: Drink doch eine met, stell dich nit esu aan! …
[1] Bläck Fööss, zitiert nach: https://www.blaeckfoeoess.de/page-23/page-38/index.html.