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Kirche in WDR 5 | 26.02.2020 | 06:55 Uhr
Aschenkreuz un rude Nas
Autorin: Guten Morgen!
Wir stehen zusammen am Altar.
Zwischen uns haben wir zwei Schalen abgestellt:
Eine kleine. Darin glänzt Asche, von Weihwasser getränkt.
Und eine große. Mit vielen kleinen Clownsnasen aus rotem Schaumstoff.
Es ist Aschermittwoch-Morgen.
Schulgottesdienst.
Ökumenisch.
Sprecher:
„Ändert euer Leben und glaubt dieser guten Nachricht!“ (1)
Autorin: Das sagen wir den Kindern vor uns,
wenn mein katholischer Kollege ihnen ein Aschenkreuz auf die Stirn zeichnet
und wenn ich ihnen eine rote Nase aufsetze.
Vorher habe ich von dem Kölner Clown Karl Küpper erzählt.
Und davon, dass ich Clowns sehr mag und selbst gern einer wäre.
Weil sie vor allen Leuten echte Kummertränen weinen,
in zu großen Schuhen durchs Leben stolpern,
die Wahrheit sagen, auch wenn’s weh tut,
und von Gottes Welt erzählen,
die nicht braun, sondern
bunt ist.
Ich erzähle den Kindern,
dass der Kölner Clown Karl Küpper 1939 Berufsverbot bekommen hat.
Er durfte kein Clown mehr sein. Nicht mehr öffentlich seine Meinung sagen.
Er hat die Politik der Nationalsozialisten lächerlich gemacht, die damals an der Macht waren.
Und jeder wusste: Er hat recht.
Karl Küpper hat den Hitlergruß lächerlich gemacht.
Mit erhobenem rechten Arm hat er so Sachen gesagt wie:
„Nä, nä, su huh litt bei uns dä Dreck em Keller!“
Nee, nee, so hoch liegt bei uns der Dreck im Keller. (2)
Und dann hat er die Hand zur Faust geballt.
Karl Küpper hat die Traurigen fröhlich gemacht und den Mutlosen Zuversicht zurückgegeben.
Das kam nicht bei allen gut an. Aber er hat sich nicht einschüchtern lassen.
Für mich ist er ein besonderer Clown.
Ein Vorbild dafür,
dass ich meine Meinung frei sagen kann
und dass Haltung zeigen möglich ist.
Die Kinder finden es auch richtig,
dass Menschen, wie Karl Küpper ihre Meinung gesagt haben.
Aber heute, da ist doch wieder alles gut, oder?
„Nein!“, muss ich dann sagen.
Karl Küpper hat noch ein zweites Mal einen Maulkorb bekommen: 1952.
Nach dem Krieg hat er wieder genau hingeguckt und gesehen:
Es gibt immer noch Menschen, die Gottes bunte Welt
irgendwie lieber braun sehen würden.
Und das hat er dann auch gesagt.
Ob er heute auch Redeverbot bekommen würde, frage ich mich.
Weiß ich nicht. Könnte aber sein.
Was ich hoffe ist:
Dass er mutig Haltung zeigen würde. –
Der Kölner Clown.
Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit.
Unsere Grundschulkinder wissen: Mit Süßkram war’s das jetzt.
Und eigentlich auch mit Karneval und Clowns und roten Nasen.
Staunend stehen sie in Zweierreihen vor uns.
Der katholische Kollege hält die Schale mit der Asche.
Zeichnet den Kindern Kreuze auf die Stirn.
Ich stehe daneben. Lächle. Setze jedem Kind noch eine rote Nase auf.
Dann sagen wir zusammen:
Sprecher:
„Ändert euer Leben und glaubt dieser guten Nachricht!“
Autorin:
Das Aschenkreuz auf der Stirn zeigt:
Selbst der Tod ist nur ein Anfang.
Der Anfang eines ewigen Lebens bei Gott.
Heitere Aussichten auch in dunklen Zeiten.
Eine gute Nachricht.
Die rote Nase zeigt:
Ich darf anecken; ja ich soll sogar anecken.
Meinung sagen und Haltung zeigen sind wichtig.
Und: Das Leben in Gottes Welt ist bunt.
Heitere Aussichten auch in dunklen Zeiten.
Eine gute Nachricht.
Autorin: Einen gesegneten Aschermittwoch in Gottes bunter Welt zwischen Aschenkreuz und roter Clownsnase wünscht Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.
Anmerkungen:
(1) Die Bibel: Die gute Nachricht für Dich, Markus 1, 15b.
(2) Zitiert nach: https://die-linke-koeln.de/karl-kuepper/
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze