Beiträge auf: wdr5
Kirche in WDR 5 | 16.09.2020 | 06:55 Uhr
Anständig mit Abstand
„Bleib anständig!“ - Nein, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, damit meine ich natürlich nicht Sie! - Ihnen wünsche ich erst einmal einen guten Morgen!
„Bleib anständig!“ so hieß es bei uns
zuhause oft etwas augenzwinkernd wenn man sich verabschiedete. Mir sagte
das immer so viel wie: „Benimmt dich,bleib ordentlich, tu nichts Verbotenes!“
Wie Eltern halt damals oft redeten.
Inzwischen weiß ich, das Wort „Anstand“ kommt von „anstehen, stehen bleiben und warten“. Anständig ist also wer nicht drängelt, wer sich nicht vordrängt oder aufdrängt und schon gar nicht jemanden bedrängt oder verdrängt.
Heute bedeutet Anstand darum auch: „Abstand halten und Maske tragen“:den gesundheitlichen Mindest- und Sicherheitsabstand zum anderen wahren und gewähren, selbst wenn man von dieser Notwendigkeit nicht unbedingt überzeugt ist.
Auch darin wird deutlich, dass die Würde einer Person unantastbar ist bis in ganz alltägliche Verhaltensweisen hinein. Wer diesen Abstand jedoch verweigert, der ist schlicht unanständig.„Bleib anständig!“ hieß es in meiner Familie, „damit keine Klagen kommen und niemand etwas zu beanstanden hat!“
Heute mag man in den Familien vielleicht auch andere Ratschläge erteilen. Bescheidenheit gilt gemäß dem Sprichwort zwar immer noch als eine Zier, doch weiter kommt man nach Lebenserfahrung oft „ohne ihr“ und, wer Rücksicht nimmt, hat mitunter nur das Nachsehen.Der Apostel Paulus hat den Christen eine andere Anstandsregel ins Stammbuch geschrieben. „Bleibt niemandem etwas schuldig. Nur die Liebe schuldet ihr einander immer!“ - schreibt er in seinem Römerbrief (13,8.10) und die zeigt sich nicht nur in Nähe,sondern mitunter auch in einem anständigen Abstand.
Ich glaube, daran ist nichts zu beanstanden. So kommen wir ganz ohne Drängeln und Bedrängen auch durch diesen Tag und sogar durch das ganze Leben. –
In diesem Sinne: Bleiben Sie anständig auf Abstand und gesund! Ihr Pfr. Jürgen Martin aus Köln.