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Kirche in WDR 5 | 02.10.2020 | 06:55 Uhr

Emmaus - Kraft für den Alltag

Guten Morgen!

Jedes Jahr am Ostermontag macht sich die deutsche Gemeinde in Jerusalem zu Fuß auf den Weg in den 14 Kilometer entfernten Ort Emmaus-Qubeibeh. Der Ort ist einer von denen, die mit der biblischen Geschichte von den Emmaus-Jüngern verbunden wird. Wo der biblische Ort Emmaus gelegen hat, weiß man nämlich nicht.

Die Wanderung findet bewusst am Ostermontag statt, weil an diesem Tag die Emmausgeschichte in allen katholischen Gottesdiensten vorgelesen wird. Die Wanderung beginnt am Jaffator; zunächst geht es durch das moderne West-Jerusalem, dann weiter auf Wanderwegen. In Lifta, einem 1948 zerstörten Dorf, liest man den ersten Teil der Geschichte. Zu Mittag rastet die Gruppe dann auf freiem Feld im Schatten von Olivenbäumen. Am Nachmittag passiert sie einen eigens geöffneten Checkpoint in der israelischen Sperranlage und kommt in das palästinensische Gebiet. In den Dörfern wundert man sich über die vielen Wanderer, die am Spätnachmittag endlich Emmaus-Qubeibeh erreichen. Dort hat der Deutsche Verein vom Heiligen Lande, für den ich seit gut vier Jahren in Jerusalem arbeite, ein Alten- und Pflegeheim mit Krankenpflegeschule. Im weitläufigen Garten stärkt und erholt sich die Gruppe, feiert schließlich – wenn die Sonne gerade untergeht – Gottesdienst und beginnt mit dem Lied, dessen Text aus der Emmausgeschichte genommen ist: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden…“

Für mich ist sie eine der schönsten Gottesdienst-Geschichten überhaupt: Zwei enttäuschte Jünger sind nach dem Tod Jesu unterwegs. Unerkannt kommt der Auferstandene dazu, heißt es. Er fragt, und sie können erzählen über ihre zerstörten Hoffnungen. Mit Hilfe der Schrift, heißt es weiter, erschließt er ihnen allerdings einen Sinn in all dem, so dass sie sich schließlich fragen: „Musste nicht all das geschehen?“

Ach, denke ich, wenn die Auslegung der Bibel doch öfter so wäre, dass wir mit ihrer Hilfe Sinn erkennen, in unserem Leben, in der Geschichte…

Und dann kommen die Jünger nach Emmaus, halten Mahl miteinander, und für einen Augenblick gehen ihnen die Augen auf, erkennen sie den Auferstandenen, als er das Brot bricht. Denn, so sagt die Bibel: Dann sahen sie ihn nicht mehr. Und ich denke: Ja, es gibt solche Augenblicke – für eine Sekunde blitzt etwas auf, eine Gewissheit, aber festhalten kann ich sie nicht. Und im Licht dieses Moments entdecke ich rückblickend, dass ich auf meinem Weg nicht allein war: „Brannte uns nicht das Herz in der Brust“, sagen die Jünger, „als er unterwegs mit uns redete…?“

„Noch in derselben Stunde brachen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück“, heißt es dann. Offenbar haben die Jünger eine solche Erfahrung gemacht, dass sie Kraft und Mut haben, dorthin zurückzukehren, wo sie hergekommen sind – und das, obwohl es ja schon dunkle Nacht war.

Ich verbinde das gerne mit den Fußpilgern am Ostermontag oder auch mit den vielen Besucher*innen im Heiligen Land, wenn sie wieder nach Hause fahren.

Oft erinnern sie sich erst im Nachhinein – angesichts der Fülle von Eindrücken im Lauf einer Heiligland-Reise –, wo ihr Herz gebrannt hat. Vielleicht war es nur ein einziger, winziger Moment, den man Außenstehenden nicht mal schildern kann, wo etwas aufblitzte, eine Erkenntnis, die aber doch ganz wirklich war. Und die kann Kraft geben, zurückzugehen dahin, woher man gekommen ist – nicht selten in die Dunkelheit.

Ja mehr noch: Wie gut wäre es darüber hinaus zu wissen: Auch wenn ich enttäuscht und traurig unterwegs bin, geht unsichtbar einer mit. Und die Momente, wo mir das Herz brannte, wo für einen winzigen Moment die Welt in einem anderen Licht erschien, sind die, auf die es ankommt, die enthüllen, was hinter den Dingen auf mich wartet…

Und deshalb finde ich es gar nicht schlimm, dass wir nicht wissen, wo das biblische Emmaus lag – im Gegenteil: Emmauswege kann man überall gehen. Und nicht selten dauert es länger als ein paar Stunden, bis ich meine Ent-Täuschungen verarbeitet habe und mein Leben mit neuen Augen anschauen kann: Musste nicht all das geschehen…?

Aus Jerusalem grüßt Sie Georg Röwekamp.

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