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Kirche in WDR 5 | 10.12.2020 | 06:55 Uhr
Mehr Respekt bitte!
Guten Morgen!
Heute ist der Tag der internationalen Menschenrechte. 1948 haben die Vereinten Nationen diese Rechte in einer Erklärung festgelegt. Sie beschreiben Lebensgrundlagen, die hier bei uns selbstverständlich sind oder sein sollten. In dreißig Artikeln geht es da unter anderem um das Recht auf Leben und Freiheit, um Berufs- und Religionsfreiheit und um Schutz vor Diskriminierung. Auch um den Schutz vor Beeinträchtigung von Ehre und Ruf der Person.
Auch wenn in der Bundesrepublik die Menschenrechte im Großen und Ganzen umgesetzt sind: Mit Blick auf Diskriminierung und Ehre und Ruf der Person liegt einiges im Argen. Jedenfalls aus meiner Perspektive als Polizeiseelsorger. Ich höre immer wieder, dass Beamte und Beamtinnen behindert, beleidigt und auch angegriffen werden. Sie erleben, dass ihnen von Teilen der Bevölkerung keinerlei Respekt entgegengebracht wird. Gleiches gilt für Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiensten, Busfahrerinnen und Busfahrer, und auch für die Kassiererin im Supermarkt. Auch ihnen gegenüber verhalten sich Mitbürger und Mitbürgerinnen respektlos.
Aus der Polizeiarbeit weiß ich, dass manche Beamtinnen und Beamte durch ihre Einsätze zermürbt sind. Sie verlieren ihre Motivation, sind frustriert und fühlen sich in ihrer Würde als Menschen verletzt, obwohl sie für diese Würde doch einstehen. Dabei fangen die meisten von ihnen hochmotiviert ihre Ausbildung an. An der Hochschule für Polizei und Verwaltung erlebe ich kompetente und engagierte junge Leute, die anderen helfen möchten, indem sie Ordnung und Sicherheit garantieren. Als Ausführende des staatlichen Gewaltmonopols wollen sie unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung schützen. Und sie schützen im Zweifel sogar – gegen ihre eigene Überzeugung – Menschen, die gegen diese Grundordnung demonstrieren.
Dabei ist mir klar, dass es auch bei der Polizei Einzelne gibt, die nicht zu jeder Zeit rechtmäßig handeln. Respektvollen Umgang erwarte ich auch von Polizistinnen und Polizisten.
Ich denke allerdings, sich für die Menschenrechte und konkret für den Respekt vor anderen einzusetzen, also gegen Diskriminierung und Intoleranz aufzustehen, das ist nicht bloß Aufgabe der Polizei und anderer Einsatzkräfte. Das muss eigentlich jeden Menschen angehen. Und so finde ich das auch in ganz einfachen Worten in einer kurzen, altbekannten Redensart: „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem Andern zu.“ Etwas anders formuliert heißt es im Neuen Testament so: „Behandelt die Menschen so, wie ihr selbst von ihnen behandelt werden wollt.“ (Mt 7,12. Gute Nachricht Bibel)
Das klingt so leicht und fällt doch so schwer. Mir hilft dann folgendes: Wenn ich mit dieser Haltung Probleme habe, versuche ich, mich in die andere Person hineinzuversetzen, ihr Denken und Fühlen zu verstehen. Am besten geht das, indem ich mit ihr rede. Und wenn ich dann trotzdem immer noch keinerlei Mitgefühl entwickeln kann, sage ich mir: Okay. Ich kann diese Person nicht als Nächsten lieben, aber Gott kann es und er tut es.
Aus Hattingen grüßt Sie Pastoralreferent Martin Dautzenberg.