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Kirche in WDR 5 | 11.03.2021 | 06:55 Uhr
Alles gebacken kriegen?
Autorin: Guten Morgen!
Sprecher:
„Backe,
backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen.
Wer will guten Kuchen backen, der muß haben sieben Sachen...“
(Text eines Kinderliedes aus dem 19. Jhd.)
Autorin: Ein Kinderlied aus früheren Tagen. Je mehr Zutaten und Zeit der Teig bekommt desto besser und gehaltvoller schmeckt der Kuchen.
So wie der von Luisa. Sie hat einmal im Wohnheim der Evangelischen Studierendengemeinde gewohnt und konnte sehr gut backen. Immer, wenn es für sie stressig wurde, hat sie angefangen, zu backen. Und wir konnten von ihren köstlichen Kuchen, Gebäck und Plätzchen profitieren. Backen als Stressabbau.
Ich kann das nachvollziehen. Mixen, rühren, kneten lenken ab. Gerade an den langen Tagen zu Hause während der Coronazeit. Erst ist es ein Teig, später dann ein Kuchen, Brot, oder Pizza. Und die ganze Wohnung duftet. Am liebsten rieche ich frischen Hefeteig. Und kann dabei zusehen, wie er größer wird, sehe, was ich geschafft habe.
Aber da gibt es natürlich auch Tage, da bekomme ich nicht immer alles gebacken.
Manchmal fühle ich mich dann, als würde mir gar nichts gelingen. Momente, in denen ich denke: Ich mache alles falsch. Bin einfach nicht in der Lage, eine Sache zu Ende zu bringen. Und manchmal weiß ich vor lauter Anforderungen, Aufgaben und Ansprüchen von allen Seiten kaum mehr, wer ich bin und wo ich anfangen soll.
Alles leisten wollen und müssen, aber nichts gebacken kriegen.
Besonders Studierende berichten mir oft davon.
Da lobe ich mir so einen Hefeteig. Der einfach von selber größer wird.
Ich brauche nur die Grundzutaten an(zu)legen, genügend Mehl und Wärme dazu und schon quillt der Teig, wird von selber größer und geht auf.
Sprecher: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war. (Matthäus 13,33, Die Bibel Luther 2017)
Autorin: …heißt es in der Bibel, im Matthäusevangelium. Jesus erzählt dort eine Geschichte, ein Gleichnis.
Seine Bilder entstammen oft dem landwirtschaftlichen Alltag der damaligen Bevölkerung. Bauern, Fischer, Hausfrauen… Ganz oft erzählt Jesus von kleinen Anfängen. Wie etwas wächst, vom Sich-Zeit-Nehmen und vom Geschehen-Lassen. Von Früchten und Ernte. Oder eben vom Sauerteig, von dem nur wenig genügt, um eine ganze Menge an Mehl zu durchdringen und zu vera?ndern.
Sprecher: „Sauerteig wird als Triebmittel zur Lockerung von Backwerk zugefügt und macht Roggenteige überhaupt erst backfähig. Sauerteige verbessern Verdaulichkeit, Aroma, Geschmack, Haltbarkeit und Schnitt der Backwaren.“ (1)
Autorin: Sauerteig wirkt also Wunder so wie Hefe. Eine nur kleine Menge breitet sich beim Backen aus und erzielt eine große Wirkung. Und das geschieht vor allem ganz „von allein“.
Ob mir das Bild hilft, wenn mein Alltag mal wieder stressig ist?
Zumindest kann ich getrost und gelassener den Dingen ihre Zeit geben.
Vielleicht regelt sich Manches sogar von selbst. Anderem muss ich sicher nachhelfen,
aber auch nicht alles zur gleichen Zeit erledigen. Weniger ist bekanntlich mehr.
Das Gleichnis Jesu vom Sauerteig rückt mich zurecht, schraubt meine Ansprüche runter und lässt mich getrost meine vielfältigen Aufgaben angehen. Ich weiß, der Teig wird schon von selber aufgehen.
Gutes Gelingen wünscht Ihnen Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.
(1) Wikipedia „Sauerteig“ – letzter Abruf 17.01.2021.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze