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Kirche in WDR 5 | 12.03.2021 | 06:55 Uhr
Unverhofft kommt oft!
Unverhofft kommt oft – sagt das Sprichwort und war Realität im Coronajahr.
Vertraute Routine wurde durcheinandergewirbelt.
Noch nie hatte ich einen Jahreskalender mit so vielen durchgestrichenen Terminen
und darüber geschriebenen neuen Verabredungen.
Flexibilität war gefragt, jeden Tag neu. Nichts ließ sich längerfristig planen.
Der Rhythmus kam aus dem Takt, ständig musste ich mit anderen neu überlegen,
manchmal mussten wir improvisieren. Unverhofft kommt eben oft.
In der klassischen Lehre des Zeitmanagements geht es immer auch um Zeit für das Unvorhergesehene. Zeitpuffer wird das genannt.
Das, was wir nicht planen können. Der spontane Besuch, die Schlange an der Kasse, wenn es eigentlich schnell gehen soll, ein unerwarteter Anruf.
Wenn Studierende mir von ihren Wochenplänen berichten, bleibt oft kaum mehr eine Lücke. Die Tage sind gefüllt mit Uni, Vorlesungen, Praktika, Seminaren, Hausarbeiten und Klausuren. Dazu kommt ein Job, um Geld zu verdienen,
vielleicht noch Freizeitaktivitäten, Sport und Familie. So viele Tage hat die Woche gar nicht wie es Aufgaben, Verpflichtungen und Termine gibt.
Wie soll da Puffer noch reinpassen und Platz haben?
Aber unverhofft kommt nun mal oft und nimmt nicht immer Rücksicht auf unseren Lebensplan.
Sprecher: »Siehe! Ich sende meinen Boten, damit er mir den Weg ebnet.
Dann wird [Gott], der Herr, den ihr sucht, unverhofft in seinen Tempel kommen.
Der Bote des Bundes, auf den ihr so sehnsüchtig wartet, kommt«, spricht der Herr,
der Allmächtige. (Maleachi 3,1, Die Bibel Luther 2017)
Autorin: …so schreibt Maleachi, der letzte der Propheten des Alten Testaments der Bibel. Damals warten die Jüdinnen und Juden schon lange und sehnsüchtig auf den Messias. Auf einen Boten also, der inmitten von Verunsicherung und Wirren Gottes guter Nachricht den Weg bereiten soll.
Aber er kündigt sich nicht an,
kommt unverhofft, die Menschen sollen innerlich bereit sein, ihn zu empfangen.
„Siehe, er kommt!“, so lautet Maleachis Weissagung.
Was, wenn in meinem durchgetakteten Alltag plötzlich Besuch vor der Tür steht?
Unerwartet, unvorhergesehen? Wenn ich mich unterbrechen lassen muss in meiner Routine und den Plänen? Vielleicht auch, weil sich plötzlich Anderes in den Vordergrund schiebt. Menschen, die ein Gespräch suchen, eine Nachricht, die mich nicht in Ruhe lässt, ein Einsatz, bei dem ich gebraucht werde.
Nicht zuletzt Corona hat mir neu vor Augen geführt, dass mein Leben nicht planbar ist in allen Details. Ich weiß heute noch nicht, was der morgige Tag wirklich bringt.
Natürlich hilft gutes
Vorausschauen und Planen, meine Woche zu strukturieren und weniger unter Druck
zu geraten.
Aber ich möchte mir auch vornehmen, in meinem persönlichen Tagesablauf eine Lücke zu lassen, damit ich bereit bin, wenn jemand unverhofft an meine Tür klopft.
Das meint Pfarrerin Christiane Neufang aus Köln.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze