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Kirche in WDR 5 | 27.08.2021 | 06:55 Uhr
Schabbat
Autorin: „Boker tov“ – das ist Hebräisch und heißt: Guten Morgen.
Meine Mutter macht mich wahnsinnig. Immer wenn meine Schwester und ich ihr eine Freude machen wollen, zum Beispiel mit einem schönen Parfüm oder ihren Lieblingspralinen, dann sagt sie: „Das halte ich mir für gut, Kinder.“
Meine Schwester und ich finden, sie könnte auch einfach gleich mal testen, ob ihr der Duft steht und den Karton Pralinen mitten im Hausflur öffnen und in zwei oder drei reinbeißen. Aber nein: „Das halte ich mir für gut, Kinder.“
Daran musste ich denken, als ich mit Matvey Kreymerman – Familienbeauftragter der jüdischen Synagogengemeinde Düsseldorf – über Schabbat gesprochen habe, also über den Beginn des Wochenendes. Und der sagte sowas ähnliches wie meine Mutter:
O-Ton: „… wenn ich jetzt beispielsweise in den Supermarkt gehe und dann sag ich ach, da ist irgendwie eine ganz neue tolle Frucht, die Saison hat dafür angefangen, ich habe jetzt super Lust darauf; das erste, was man sich dann denkt oder denken sollte, als religiöser Jude wäre: Okay, ich kaufe das jetzt für Schabbat. Ich will, dass es was Besonderes bleibt und ich heb‘ das für einen besonderen Tag auf.“
Autorin: Matvey Kreymerman gönnt sich und seiner Familien also am Schabbat, dem jüdischen Ruhetag, gerne etwas Besonderes, hebt Sachen für gut auf.
Die ersten Erdbeeren im Jahr zum Beispiel. Die würde Matvey Kreymerman am Schabbat essen. Meine Mutter übrigens auch. Sie würde bis Sonntag warten, bis zum christlichen Ruhetag. Sie würde Pudding dazu kochen oder eine Erdbeertorte machen, uns einladen und sich über das schöne Rot der Beeren freuen. Meine Schwester und ich, wir würden ja die Erdbeeren direkt auf dem Feld oder vor dem Laden aufessen.
Ein schöner Gedanke. Schabbat. Ein besonderer Tag. Der höchste Feiertag im Judentum. 52 mal im Jahr. Wie unser Sonntag, der hier seine Wurzeln hat. Ein Tag, um die Seele baumeln zu lassen. Klingt irgendwie gut! Und damit das auch gelingt, gibt’s ein paar Regeln, erzählt Matvey Kreymerman:
O-Ton: „Ich erinnere mich, als wir angefangen haben, Schabbat zu halten, war das enormst schwierig. Gar nicht dieses aufs Handy verzichten oder jetzt kein Fußballspiel gucken, sondern einfach mit deinen Gedanken alleine zu sein.“
Autorin: Mit den Gedanken allein sein. Klar. Am Schabbat wird nicht gearbeitet. Er dauert von Sonnenuntergang am Freitag bis zum Eintritt der Dunkelheit am folgenden Samstag – so ist es Tradition. Das Essen wird vorgekocht. Der Fernseher bleibt aus. Bücher und Gespräche sind eine gute Beschäftigung für den Schabbat. Oder einfach mal darüber nachdenken, wo mein Platz in der Welt ist.
Matvey Kreymerman sagt:
O-Ton: „Das war etwas, was ich mein Leben nicht kannte; mit seinen Gedanken allein zu sein –das war wirklich was enormst Schwieriges und das ist etwas, was man halt dabei lernt oder lernen sollte und ich finde, das verändert einen auch ein Stück weit. Und dann freut man sich auch irgendwann auf den Schabbat und auf die Tatsache, dass man auf Technik verzichtet zum Beispiel.“
Autorin: Schabbat ist runterfahren und mal abschalten. Dass das richtig schwierig ist, das weiß ich. Weil’s für mich immer was zu tun gibt. Einen Rat kann ich in dieser Sache von meiner Mutter kriegen: Halt dir Sachen für gut. Gönn dir besondere Tage – Auszeiten, das braucht deine Seele und das braucht dein Hirn. Und außerdem: Das kommt von Gott. Den Schabbat – den Ruhetag – den hat er sich immerhin ausgedacht.
Dass Sie gut auf sich achten, das wünscht Ihnen Ihre Pfarrerin Julia-Rebecca Riedel aus Odenthal.
Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze