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Kirche in WDR 5 | 19.11.2021 | 06:55 Uhr

Gnade vor Recht

Guten Morgen!

Strafe muss sein…

358 Paragraphen umfasst nach aktuellem Stand das Strafgesetzbuch Deutschlands.

Weil Strafe nun einmal sein muss, sind Tat und Strafmaß für jedes erdenkliche Vergehen festgelegt.

Und etwa 15.000 Richterinnen und Richter sorgen an Deutschlands Gerichten tagaus, tagein dafür, dass die nötige Strafe Schuldige und Täter auch tatsächlich trifft.

Strafe muss sein.

Und wehe, man lässt die Übeltäter laufen. Kaum etwas erregt der Menschen Seele so sehr wie ungesühnte Verbrechen. Der schwache Staat, der rechtsfreie Raum, die Justiz als zahnloser Tiger, all das wird oft und gern beschworen – und heftig hagelt’s Kritik.

Strafe muss sein. Zur Zeit meiner Kindheit war das ein eherner Grundsatz auch im Alltag der Schule. In der Ecke stehen. Nachsitzen. Strafarbeit. Das waren gängige Maßnahmen. Mein Englischlehrer hatte einen Lieblingstext, den manche sicher hundertmal zu schreiben hatten: „Tit for tat“ hieß das Stück aus dem Lehrbuch. Wie du mir, so ich dir. So viel Ironie musste sein. Ein paar Jahre vorher durfte noch geprügelt werden.

Strafe muss sein. Das war so ein Spruch. Wie auch dieser: „Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Die großen kommen später.“ Das sagt man oft augenzwinkernd und mit erhobenem Zeigefinger, wenn etwa einer sich bei irgendeinem Schabernack polternd auf die Nase legt.

„Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort. Die großen kommen später.“ Kommen sie?

Wie ist das am Ende mit Gott und den Strafen? Nun, in Zeiten vermeintlich zahnloser Justiz und straffreier Schule scheint auch das Jüngste Gericht seinen Schrecken gänzlich verloren zu haben. Gut so! Das Jüngste Gericht am Ende der Zeiten, der Tag, wenn Gott mit uns abrechnen wird, er hat viel zu lange Menschen in höllische Ängste versetzt. „Ich kannte Christus nicht anders als einen strengen Richter, vor dem ich fliehen wollte und doch nicht entfliehen konnte.“ (1) Schreibt Martin Luther über seine Zeit als Mönch. Bevor er Vertrauen fand in Gottes Gnade und Barmherzigkeit.

Luther entdeckte in der Bibel neu: Bei Gott gilt: Strafe muss nicht sein. Um Gottes und um Himmels Willen nicht.

Das ist der Kern des Evangeliums, der befreienden Botschaft des christlichen Glaubens: Gott will nicht strafen – barmherzig will er sein. Er wird ein Mensch wie ich, legt sich als Kind in eine Krippe. Kommt am Kreuz mit mir in den Tod, nimmt den Weg, den jeder am Ende gehen muss. Und seine himmlische Liebe trägt er durch den Tod hindurch.

Nicht Tod und Verdammnis, sondern neues Leben – das hat Gott im Sinn. Für mich, für alle. So heillos die Menschen oft sind.

Strafgesetzbuch und Strafvollzug haben dieser Tage übrigens vom lieben Gott womöglich mehr gelernt, als man so denkt. Es geht am Ende ums Leben. Leben, das durch die Strafe geschützt wird. Und Leben, das dem Täter trotz aller Schuld neu eröffnet wird. Resozialisierung nennt man das. Zurück in die Gemeinschaft und ins Leben. So ist das bei uns. Und bei Gott ohnehin.


Ihr

Ulf Schlüter, Bielefeld.


Quellen:

(1) Nach Martin Brecht: Martin Luther, Band 1, Stuttgart 1983, S. 219.



Redaktion: Landespfarrerin Petra Schulze




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