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Kirche in WDR 5 | 27.04.2022 | 07:50 Uhr

Stille statt Lärm

Jetzt lebe ich schon seit über 36 Jahren im Kloster, davon die meiste Zeit in Duisburg-Hamborn, im Ruhrgebiet. Und man verbindet mit Klöstern ja eigentlich immer die Vorstellung: Hier ist ein Ort der Ruhe, der Einkehr, der Stille. Das war wohl auch so, als mein Kloster zum ersten Mal im Jahr 1136 gegründet wurde. Da war Hamborn eine Bauernschaft, ganz ländlich, wie man das heute noch am linken Niederrhein sehen kann: vereinzelte Bauernhöfe und dazwischen viel freie Fläche. Nach der Aufhebung des Klosters vor über 200 Jahren setze mit der Industrialisierung eine totale Veränderung ein: Schwerindustrie und eine ausgeprägte Infrastruktur machten Hamborn schon bald zu einer pulsierenden Großstadt. Als mein Kloster im Jahr 1959 wiederbelebt wurde, „war nichts mehr“ mit klösterlicher Ruhe, Einkehr und Stille. Stattdessen gab und gibt es eine permanente Geräuschkulisse durch Industrielärm und Straßenverkehr. Das ist zwar aktuell alles abgemildert, aber dafür macht sich seit einigen Jahren hier eine Poserszene breit, die mit getunten Autos und vor allem mit lauten Motoren auf sich aufmerksam macht. Eine neue Lärmquelle, die mir ziemlich auf die Nerven geht.

Warum ich das erzähle? Heute, am letzten Mittwoch im April, wird in Deutschland zum 25. Mal des weltweiten „Tages gegen den Lärm“ gedacht. Und Lärm kennt viele Ursachen: Neben dem Industrie- und Verkehrslärm sind das Baustellenlärm, Freizeitlärm, Nachbarschaftslärm – ja sogar das Glockengeläut ist für einige Menschen eine Lärmbelästigung.

Neben der objektiven Lautstärke hat das Gefühl von Lärmbelästigung sicherlich auch immer etwas mit der eigenen subjektiven Wahrnehmung zu tun. Schwierig wird es, wenn der Lärm Gesundheitsschäden hervorruft. Ich habe gelesen, dass in Europa jeder fünfte Einwohner einer Lärmbelastung ausgesetzt ist, die gesundheitsschädlich ist. Dabei trifft der Lärm nicht nur das Ohr, so dass man schwerhörig werden kann, sondern löst auch Stress aus, der sogar zum Herzinfarkt führen kann. Umso wichtiger scheint es zu sein, dass es Oasen der Stille – zumindest der Ruhe – gibt. Und damit bin ich wieder beim Kloster: nicht als Wohnstätte für Mönche wie bei mir in Duisburg-Hamborn. Es geht viel allgemeiner darum, einen Ort zu haben, wohin ich mich zurückziehen kann, wo ich nicht nur den äußeren Alltagslärm hinter mir lassen kann, sondern wo ich auch Ruhe und Stille finde vor dem inneren Lärm meiner Seele. Denn was beschäftigt mich nicht alles in meinem Innern: berufliche Verpflichtungen, Erwartungen von Familie und Freunden, Ansprüche, die ich selbst an mich stelle und die mich überfordern? An manchen Tagen frage ich mich schon frühmorgens: Wie soll ich den laut schreienden Anforderungen – ob äußerlich oder innerlich – überhaupt gerecht werden? Es braucht einen Rückzugsort äußerer Stille, um zur inneren Ruhe zu finden.

Noch ein letzter Gedanke: Kein Lärm, sondern äußere Stille zu erfahren, bedeutet auch, dass ich selbst schweigen muss. Stille und Schweigen machen es mir erst möglich, sensibler zu werden, wenn es ums Hören geht, äußerlich wie innerlich. Schon der antike Philosoph Plotin (205-270) wusste: In Stille und Schweigen liegt die Quelle und der Grund allen Denkens und aller Werke. Und die christliche und jüdische Tradition sehen in Stille und Schweigen überhaupt die Voraussetzung dafür, Gott zu begegnen. So wird zum Beispiel vom Propheten Elija in der Bibel erzählt, dass er Gott weder im lauten Sturm noch im Erdbeben erfahren hat, sondern in einem sanften leisen Säuseln (vgl. 1Kg 19,11f).

Ich wünsche Ihnen einen Ort, wo Sie Stille und Ruhe finden, um besser hören zu können, nach außen wie nach innen – und das nicht nur am heutigen Gedenktag gegen den Lärm, sondern immer wieder.

Ihr Pater Philipp Reichling aus Duisburg

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