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Kirche in WDR 5 | 13.05.2022 | 07:50 Uhr

"Landschaft" unbeschwerter Fröhlichkeit

Was um alles in der Welt mache ich an einem Sonntagmorgen in einer U-Bahn auf dem Weg zum Düsseldorfer Hauptbahnhof?

Eine liebe Freundin hat mich eingeladen zu einem Rezitationskonzert im Rahmen der lit-COLOGNE.

„Landschaften“ mit Texten von Roger Willemsen.

Gelesen von Maria Schrader und musikalisch umrahmt von Violine und Klavier.

Ich also am Sonntagmorgen auf dem Weg von Düsseldorf nach Köln.

Ich hänge in der U-Bahn meinen Gedanken nach; da höre ich plötzlich ein Klacken.

Ich meine zumindest, dass dieses Geräusch ein Klacken ist. Da klackt es schon wieder.

Ich drehe mich um und sehe einen Mann im Rollstuhl neben mir.

Verschmitzt lachend hat er seine linke Hand auf seinen Oberschenkel gelegt und schnippt mit seinen Fingern.

Er schnippt so laut, dass es so wie ein Klacken klingt.

Und dann höre ich nach dem Klacken ein Glucksen und Kichern.

Diese Glücks-Geräusche kommen von einem kleinen Jungen, der mit seiner Mutter auch in der U-Bahn unterwegs ist.

Das Gesicht des Jungen schaut gebannt auf die Hände des Mannes im Rollstuhl.

Und wieder ertönt das Klacken und der Mann lacht und der Kleine strahlt.

Die beiden sind im intensiven spielerischen Dialog miteinander.

Das Klacken, das Lachen des Kindes und hin und wieder erzählt der Kleine etwas in Richtung des Mannes in der U-Bahn.

Die beiden sind froh und vergnügt in ihr Spiel vertieft und ich lasse mich von den beiden anstecken und betrachte ihr Spiel versonnen.

Eine Art spielerische Landschaft in der U 75 an einem Sonntagmorgen.

Am Düsseldorfer Hauptbahnhof steigen der Mann und ich gemeinsam aus.

Beim Aussteigen winkt er dem Jungen zum Abschied zu.

Eine kurze Weile sind wir beide nebeneinander auf dem Bahnsteig unterwegs.

Dann schaut er mich von der Seite an und fragt mich: „Wie geht’s? Alles klar?“

Und ich antworte nicht, sondern schnippe mit den Fingern meiner rechten Hand.

Und er lacht und schnippt zurück.

Danke für diesen Moment der unbeschwerten Fröhlichkeit, denke ich.

Herbert Grönemeyer hat so etwas einmal „Sekundenglück“ genannt.

Roger Willemsen würde es vielleicht Anders nennen. Aber das erwartet mich ja kurz darauf, bei der Lesung.

Das Rezitationskonzert im Kölner Funkhaus mit seinen Texten ist gewichtiger und gedankenschwerer als der Morgen in der U-Bahn.

Landschaften ist das letzte Programm, was Willemsen vor seinem Tod geschrieben hat.

Die beschriebenen Landschaften befinden sich in Rumänien, an einem Berliner Bahnsteig und an einem Sonntag auf der schwäbischen Alb.

Ich genieße die Abfolge aus intellektuell-heiteren Beobachtungen und Sonaten und Improvisationen.

Und da ist in der letzten Landschaftsepisode ein Gedanke von Willemsen, der mich an meinen kurzen Glücksmoment in der Düsseldorfer U-Bahn erinnert.

(Sprecher) „Was gute Laune schaffen will, muss klein sein.“ (Roger Willemsen, Landschaften, Kapitel „Heimkehr“).

So klein und unscheinbar, wie ein Schnippen von Fingern, ein flüchtiges Klacken und kindliches Glucksen in der U-Bahn, denke ich.

Ein kurzer Gruß und Blick auf dem Bahnsteig.

Sich anstecken lassen von kleinen Dingen, auf die ich aufmerksam werde.

Und je öfter ich es nachempfinde, passt auch der Schlussakkord von Roger Willemsen.

Er zitiert den römischen Dichter Seneca:

(Sprecher) „Nun sind entfernt die Grenzen der Dinge.

Manch neue Stadt entsteht auf der Erde.

Nichts, an der alten Stelle lässt ruhen,

die wandernde Welt.“ (Roger Willemsen, Landschaften, Kapitel „Heimkehr“)


Ich wünsche ich Ihnen heute einen Moment der unbeschwerten Fröhlichkeit.

Geben Sie darauf Acht in Ihrer wandernden Welt!

Das wünscht Ihnen Peter Krawczack aus Düsseldorf


Quellenangabe

Roger Willemsen, Landschaften. Eine Hommage (Hörbuch). Gelesen von Maria Schrader; Franziska Hölscher, Violine; Marianna Shirinyan, Klavier,

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