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Kirche in WDR 5 | 05.08.2022 | 06:55 Uhr

Böser Blick

Nach sehr schwierigen Tagen einer humanitären Mission im Shengalgebirge im Nordirak bekamen wir von unseren wunderbaren ezidischen Gastgebern auch noch Abschiedsgeschenke mit auf den Weg. Das hat mich schon ein wenig beschämt, denn ich weiß, dass sie in den Tagen unseres Aufenthalts vieles aufgetischt haben, auf das sie in den Wochen darauf verzichten mussten. Diese Gastfreundschaft ist nicht nur ein heiliges Gebot der ezidischen Kultur, sondern etwas, das wirklich von Herzen kommt und zu Herzen geht.

Eines dieser Geschenke war ein blau-weißes Amulett in Form eines Auges. Es ist der Tradition nach dazu bestimmt ist, den Besitzer vor „dem bösen Blick“ anderer zu beschützen. Dieser Gedanke war mir früher fremd, ich konnte damit nicht wirklich etwas anfangen. Aber je mehr ich den Ursachen von Hass und auch religiös motivierter Gewalt auf den Grund gehe, umso einleuchtender wird mir der dahinterstehende Gedanke.

Sowohl das Gute als auch das Böse, zu dem wir Menschen manchmal in unfassbarer Weise fähig sind, beginnt nicht mit dem, was wir tun – es beginnt vielmehr viel früher, mit unserem Blick. Immer wenn ich im Irak an den so jungen Massengräbern stehe, frage ich mich, wie die Terroristen des Islamistischen Staates - die doch auch Menschen sind - überhaupt fähig gewesen sind, einen so furchtbaren Völkermord an den ezidischen Menschen des Shengalgebirges zu begehen. Wie waren sie in der Lage, ganze Dörfer, wie z. B. das der Nobelpreisträgerin Nadja Murat, auszulöschen? Einen Hinweis darauf gibt uns das Amulett. Jahre - teilweise jahrhundertalte Propaganda ließ sie nicht Mütter und Väter sehen, Brüder und Schwestern, Töchter und Söhne, sondern „Ungläubige“. Und nach ihrer Ideologie mussten die ausgemerzt werden. Der Hass machte sie blind – sie haben den Menschen vor sich nicht mehr als Menschen erkannt.
Sie hatten sich einen Blick angeeignet, der nicht nur töten konnte, sondern der wirklich tödlich war und es bis heute an viel zu vielen Stellen auch weiter ist.

Diese Erfahrung lehrt mich, dass es nicht nur darum geht, mich vor den bösen Blicken anderer zu schützen. Genauso wichtig ist es, dass ich sorgsam darauf achte, was meinen Blick auf andere Menschen prägt.

Wo macht mich Hass, Verachtung, ein Vorurteil oder auch Geringschätzung und Unachtsamkeit blind dafür, dass der andere ein Mensch ist, der sich genau wie ich nach Zuneigung und Mitgefühl sehnt, wie ich es tue?

Menschen spüren oft sehr genau, wie wir sie anblicken und was wir in ihnen sehen oder auch nicht.

Aber genauso kann umgekehrt Wunderbares und Heilsames geschehen, wo wir es schaffen, unseren Blick offenzuhalten durch ein offenes und zugewandtes Herz. Wenn wir in unserem Gegenüber nicht allein die Nervensäge, den Depressiven, den Geflüchteten oder den Gehandicapten sehen sondern den ganzen Menschen, mit all seinen Facetten, Ressourcen und seiner reichhaltigen Lebensgeschichte.

Genau ein solcher heilsamer Blick begegnet mir nicht allein in den großen Gestalten der Geschichte unseres Glaubens wie Mutter Theresa, er begegnet mir ganz viel auch bei Menschen in meiner Umgebung. Er begegnet mir in den Frauen und Männern, die sich in der Tafel engagieren. Sie sprechen ganz bewusst von ihren „Kunden“, weil sie die Menschen, die dort einkaufen, nicht nur nach ihrer finanziellen oder sozialen Notlage beurteilen, sondern viel mehr in ihnen sehen. Sie sehen nicht selten Frauen und Männer, denen das Leben harte Schläge versetzt hat und die trotzdem nicht aufgegeben haben und für sich und ihre Familie weiterkämpfen. Und dann werden aus „Sozialfällen“ auf einmal bewundernswerte Menschen, an denen ich mir selbst ein Beispiel nehmen möchte.

Vielleicht gelingt es Ihnen und mir ja, diesen Tag zu einem Tag des offenen Blickes zu machen, der nicht töten könnte, sondern aufrichtet, ermutigt und heilt.

Aus Steinfurt grüßt Sie herzlich

Ihr

Jochen Reidegeld

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